Kristin Gierisch ist Hallen-Vize-Weltmeisterin! Die Dreispringerin aus Chemnitz hat am Samstag in Portland (USA) einen starken Wettkampf absolviert und sich mit einem Satz auf 14,30 Meter den Traum von einer internationalen Medaille erfüllt. Gold ging mit nur einem gültigen Versuch an Yulimar Rojas (Venezuela; 14,41 m).
Was für ein spannender und emotionaler Dreisprung-Wettbewerb! Es lag schon früh eine Medaille für Kristin Gierisch in der Luft, und die 26-Jährige konnte diese Atmosphäre zu Höchstleistungen nutzen. Mit dem zweiten Versuch auf 14,07 Meter war die Endkampf-Teilnahme perfekt. Mit dem vierten Versuch auf 14,16 Meter lag die Chemnitzerin auf einmal auf dem Silberrang.
Ab diesem Zeitpunkt stand die Frage im Raum: Wird das für eine Medaille reichen? Aber anstelle abzuwarten, packte die WM-Achte von Peking (China) einfach selbst noch mal einen drauf: Mit 14,30 Metern sicherte sie sich in Runde fünf endgültig das Edelmetall. Hätte es einen Preis für die beste Serie gegeben – Kristin Gierisch hätte Gold verdient, denn auch den letzten Sprung (14,08 m) platzierte sie hinter der 14-Meter-Marke.
Die weiteren Medaillen gingen an Athletinnen, die jeweils nur einen gültigen Sprung in die Grube brachten. Die erst 20 Jahre junge Venezolanerin Yulimar Rojas, die sich neben dem Dreisprung auch erfolgreich im Volleyball und Hochsprung betätigt, legte gleich im zweiten Versuch 14,41 Meter vor. Das sollte für Gold reichen. Ebenfalls in Runde zwei gelang der Griechin Paraskevi Papahristou mit 14,15 Metern die Bronze-Weite.
Freudentränen und Umarmung für den Coach
Kristin Gierisch erlebte in Portland den emotionalsten Moment in ihrer Karriere, den sie mit ihrem Heimtrainer Harry Marusch teilen durfte. Seit 13 Jahren arbeiten die Zwei bereits zusammen, haben gemeinsam Höhen und Tiefen durchlebt. Noch wenige Tage vor den Titelkämpfen hatte der Coach Sorge, ob sein Schützling im Wettkampf sein Potenzial abrufen kann. „Ich wusste, dass wir gut trainiert haben und dass Kristin in Form ist“, sagte er, „aber sie hatte viel Pech mit Erkältungen und hat selbst an sich gezweifelt.“ Gar nicht so leicht, da als Trainer die Stimmung hochzuhalten.
Ein Telefonat mit Psychologin Tanja Damaske brachte schließlich den entscheidenden Aufschwung. "Ich habe heulend bei ihr angerufen“, erklärte Kristin Gierisch. „Sie hat mir gesagt, dass ich den Gedanken an eine Medaille ausblenden soll, und hat mich wieder aufgebaut.“ Das Gespräch tat gut: „Heute habe ich mich vor dem Wettkampf super gefühlt!“
Das Ergebnis: die erste deutsche Dreisprung-Medaille für Frauen bei Hallen-Weltmeisterschaften überhaupt. Das beste Resultat einer DLV-Athletin vor diesem Wettbewerb: Platz fünf 1997 für Petra Lobinger und 1993 für Helga Radtke.
STIMME ZUM WETTBEWERB
Kristin Gierisch (LAC Erdgas Chemnitz; 14,30 m)
Das war einfach unglaublich! Der vierte Platz letztes Jahr in Prag war hart. Dieses Mal habe ich vorher zu meinem Trainer gesagt: Wir wollen jetzt die Medaille! Ich arbeite seit 13 Jahren mit Harry Marusch zusammen – er ist der wichtigste Bezugspunkt für mich, wie ein zweiter Vater. Nach dem vierten Versuch war ich direkt wieder so fokussiert auf den nächsten Sprung, dass ich die Weite fast gar nicht wahrgenommen habe. Ich habe ein gutes Körpergefühl und weiß immer genau, ob ein Sprung gut war oder nicht – und da hat eigentlich gar nichts gepasst. Daher war ich umso mehr überrascht, dass er 14,16 Meter weit war. Und habe es gar nicht so richtig mitbekommen, dass ich auf einmal Zweite war. Die Silbermedaille gibt Rückenwind für den Rest den Jahres, für Zeiten, in denen es mal nicht so gut läuft. Ich weiß, dass ich an mich glauben kann. Denn wenn ich zurück denke an die letzten Wochen, auch an Leipzig: Da hat wirklich gar nichts funktioniert, ich war krank, bin es eigentlich immer noch. Aber jetzt kann ich mich leichter aus so einer Situation rausziehen. „Denk daran, wie es in Portland war, da hast du es auch geschafft!“
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