Amanal Petros hätte gern den deutschen Marathon-Rekord zurück. Das hat er vor dem London-Marathon am Sonntag als Ziel ausgerufen. Nach Veränderungen im Trainingsumfeld ist seine Form nun wieder exzellent, das zeigte zuletzt der deutsche Halbmarathon-Rekord in Berlin.
Amanal Petros (Hannover 96) wird am Sonntag zum ersten Mal den London-Marathon laufen. Der Deutsche Rekordler über die 10-Kilometer- und die Halbmarathon-Distanz will sich an der Themse in dem hochkarätigen Rennen die nationale Bestzeit zurückholen. Im vergangenen Dezember hatte Samuel Fitwi (Silvesterlauf Trier) in Valencia mit einer Zeit von 2:04:56 Stunden überraschend den Rekord von Petros um zwei Sekunden verbessert.
„Für mich geht es in London in erster Linie um die Zeit, ich möchte versuchen in Richtung 2:04:00 zu laufen. Wenn es wie geplant eine entsprechende Gruppe mit Tempomacher gibt, ist eine Durchgangszeit von 62:00 Minuten absolut möglich“, sagte Amanal Petros, bevor er aus dem kenianischen Höhentrainingslager in Iten nach London reiste. „Ich möchte mir gerne den deutschen Rekord zurückholen. Ich werde aber auch auf Abdi Nageeye und Yemaneberhan Crippa schauen und gegebenenfalls reagieren.“
Der Holländer Nageeye hat eine persönliche Bestzeit von 2:04:45 Stunden, der Italiener Crippa erreichte bisher 2:06:06 Stunden. Mit seinem persönlichen Rekord von 2:04:58 Stunden ist Amanal Petros auf der derzeitigen Londoner Startliste die Nummer zehn.
Nächste Rekordmarken im Visier
„Meine Form ist sehr gut, wenn auch vielleicht nicht ganz so stark wie im vergangenen Jahr vor Olympia“, sagte Amanal Petros, der in Paris Pech hatte. Nachdem er vorher unter einem Infekt gelitten hatte, entwickelte sich während des Rennens ein Hüftproblem, das mit der hügeligen Strecke zusammenhing. Er beendete den olympischen Marathon vorzeitig. „Meine Form war damals so stark, davon träume ich heute noch!“
Aber auch seine derzeitige Verfassung ist exzellent. Nach mehreren erfolglosen Anläufen in den vergangenen Jahren und noch im Februar in Barcelona (Spanien), wo ihn ein Infekt ausgebremst hatte, erreichte Amanal Petros in Berlin vor knapp drei Wochen ein großes Ziel: Als erster Deutscher lief er die Halbmarathon-Distanz unter einer Stunde. Dabei verbesserte er seinen eigenen deutschen Rekord von 60:09 auf 59:31 Stunden. Der Halbmarathon-EM-Dritte von Rom 2024 bestätigte damit seine Position als einer der stärksten Straßen-Langstreckenläufer Europas.
„So ist es als Profi im Sport: es gibt gute Tage und schlechte Tage“, sagte Amanal Petros, der nur noch 18 Sekunden vom Halbmarathon-Europarekord entfernt ist (59:13 min). „Irgendwann will ich versuchen, den zu brechen. Aber ich mache immer alles Schritt für Schritt und ohne mich selbst unter Druck zu setzen. Wenn ich das mache, kommt meistens nichts Gutes heraus.“
Neuer Trainer und Verein
Ende des vergangenen Jahres gab es ein paar Veränderungen bei Amanal Petros. So wechselte er den Ausrüster und verließ im Zuge dessen auch das Marathon-Team Berlin des SCC, das eng mit seinem alten Ausrüster verbunden ist. „Insgesamt bin ich nun noch etwas unabhängiger als früher und kann alles so machen und planen, wie ich möchte.“ So war es auch kein Problem, dass Amanal Petros Anfang April beim Berliner Halbmarathon seines vorherigen Klubs SCC Berlin (Marathon Team Berlin) starten konnte und nicht den Halbmarathon in Hannover am gleichen Tag lief.
Nachdem sein langjähriger Heim-Coach, der Wattenscheider Tono Kirschbaum, sich zur Ruhe gesetzt hatte, ist nun Benjamin Franke als beratender Trainer in Deutschland dabei. Aber Amanal Petros lebt und trainiert unverändert die meiste Zeit des Jahres im kenianischen Iten. Dort schließt er sich weiterhin der Trainingsgruppe des Erfolgs-Coaches Renato Canova an. Die Trainings-Programme des Italieners sind es, die Amanal Petros in die europäische Spitze geführt haben. Ihm hat er seinen Aufstieg während der letzten Jahre zu verdanken. Im Trainings-Alltag hat sich also nichts verändert für Amanal Petros, der aber seine Ernährung etwas umgestellt hat.
Rekord-Tausch mit Samuel Fitwi?
Ausdrücklich lobt Amanal Petros die Atmosphäre zwischen den besten deutschen Marathonläufern – trotz einer gewissen Konkurrenz-Situation. „Mit Richard [Ringer; Anm. d. Red.] habe ich ein hervorragendes Verhältnis, wir helfen uns immer gegenseitig und unterstützen uns. Samuel [Fitwi] ist inzwischen sehr stark, aber auch eine sehr liebe Person. Ich habe ihm gratuliert zum deutschen Marathon-Rekord und habe sogar noch ein Geschenk für ihn. Aber wir haben uns seitdem noch nicht gesehen.“
Die Marathon-Läufer pushen sich dank der freundschaftlichen Konkurrenz gegenseitig. „Und wenn das nicht so wäre, wären wir nicht so stark. Dadurch konnten wir auch Team-Medaillen bei den Europameisterschaften gewinnen“, sagt Amanal Petros. „Es wäre toll, wenn ich zunächst den deutschen Marathon-Rekord in London breche und Samuel dann in Mainz eine Woche später meinen Halbmarathon-Rekord knackt.“
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