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Skadi Schier: Mit großen Zielen und Beharrlichkeit zum Erfolg

© Gladys Chai von der Laage
Als Aufsteigerin des Jahres 2023 hat Skadi Schier ihre größten Erfolge bisher auf den 400 Metern gefeiert. Mit Spaß an der Unterdistanz ist sie aber auch auf den kürzeren Sprintstrecken schnell unterwegs – zuletzt in Regensburg. Neben der Titelverteidigung bei der DM ist ihr übergeordnetes Ziel für den Sommer ein Staffel-Start bei den Olympischen Spielen in Paris.
Jane Sichting

Eine 400-Meter-Spezialistin, die auch die Unterdistanz liebt – so beschreibt sich Skadi Schier (SCC Berlin) nicht nur selbst, sondern sie bestätigt dies auch regelmäßig mit Starts sowohl über die Stadionrunde als auch über 200 Meter. Entsprechend aufgebaut war auch ihre letzte Wettkampfreihe vor den Europameisterschaften in Rom (7. bis 12. Juni). 

Nachdem die 24-Jährige binnen einer Woche bereits zwei Rennen über 400 Meter absolviert hatte, ging sie am vergangenen Samstag bei der Sparkassen-Gala in Regensburg abschließend noch über 200 Meter an den Start. Obwohl sie hier bereits eingangs der Zielgeraden mit festen Oberschenkeln kämpfen musste und „auf den letzten 20 Metern dann gar nichts mehr ging“, zeigte sie sich zufrieden. 

400 oder 200 Meter – beides macht Spaß

In 23,42 Sekunden war Skadi Schier nicht weit weg von ihrer persönlichen Bestleistung (23,30 sec), die EM-Norm (23,00 sec) blieb allerdings außer Reichweite. „Ich hatte mir an dem Tag fest vorgenommen, die 23,00 Sekunden anzugreifen. Trotzdem bin ich jetzt happy, weil ich weiß, dass ich alles gegeben habe. Nur wollte der Körper dann nicht mehr so recht“, sagt sie.

Der Ehrgeiz, stets das Maximum aus sich herauszuholen, zeichnet Skadi Schier aus. Zudem hat für sie jede Strecke ihren ganz eigenen Reiz. Während ihr auf den 200 Metern vor allem der Speed viel Spaß macht und sie auch mal den Kopf ausschalten kann, sagt sie über die doppelte Distanz: „Wenn man über die 400 Meter sein Rennmodell gefunden hat, weckt das viel Kampfgeist und es macht einfach Spaß, sich dort weiterzuentwickeln. Da gibt es viele Baustellen, die man nach und nach angehen kann. Und wenn dann etwas klappt, hat man wieder ein Erfolgserlebnis.“

Mission Titelverteidigung in Braunschweig

Gleich mehrere davon hatte die gebürtige Brandenburgerin vor allem im vergangenen Jahr, als sie über 400 Meter bei den Deutschen Meisterschaften nicht nur unter dem Hallendach, sondern auch im Sommer als Siegerin ins Ziel stürmte. Die Titelverteidigung nahm sie bei der diesjährigen Hallen-DM allerdings nicht in Angriff und startete stattdessen über 60 und 200 Meter. Anders sieht das mit Blick in Richtung Braunschweig aus, wo in wenigen Wochen die Deutschen Meisterschaften (28. bis 30.6.) ausgetragen werden. Hier konzentriert sie sich wieder zu 100 Prozent auf die Stadionrunde. 

Was dabei im Gegensatz zum Vorjahr anders sein wird, ist ihre Rolle als Favoritin. War sie Anfang 2023 noch ein nahezu unbeschriebenes Blatt, wurde sie am Jahresende als Aufsteigerin des Jahres gefeiert und sogar zu Berlins „Leichtathletin des Jahres“ gewählt. „Solche Auszeichnungen bedeuten mir sehr viel. Denn auch wenn ich schon immer viel Herzblut in den Sport gesteckt habe, ist das noch einmal eine Anerkennung, die von außerhalb wahrgenommen wird“, sagt sie.

Paris bleibt das Ziel

Anstatt sich darauf auszuruhen, sagt sie: „Ich gehe damit ganz neutral um und versuche, mein Mindset zu behalten. Gerade wenn man so ins Rampenlicht gerät, ist es wichtig, aus dem Erfolg heraus weiterhin zu performen. Jetzt geht es darum, die Rolle der Gejagten anzunehmen und weiter darauf aufzubauen und sich weiterzuentwickeln. Irgendwann will ich nach Größerem greifen.“

Gelingen kann ihr das bereits in der laufenden Saison, die mit der EM und den Olympischen Spielen gleich zwei Highlights bereithält. Wenngleich es bei beiden Ereignissen vorerst noch die 4x400-Meter-Staffel sein wird, in der Skadi Schier abliefern will.

Trotz verpasster Direktqualifikation für die Spiele bei den World Relays auf den Bahamas ist sie zuversichtlich, sich mit dem deutschen Frauen-Quartett bei der EM mit einer schnellen Zeit auch noch das Ticket nach Paris zu sichern. „Das Niveau ist auf jeden Fall da und wir sind alle hochmotiviert“, sagt sie. 

Perfektes Trainingsumfeld

Was die Herausforderung angeht, trotz der langen Saison zu den Höhepunkten in Topform zu sein, vertraut sie ganz auf die Erfahrung ihres Trainers. In Sven Buggel hat sie endlich einen Coach gefunden, mit dem es perfekt harmoniert und der es versteht, sowohl ihre Stärken zu trainieren als auch an ihren Schwächen zu arbeiten. Als großgewachsene Athletin ist ihr Körper sensibel: „Was die Belastbarkeit angeht, ist bei mir manchmal weniger mehr“, sagt sie. Umso wichtiger ist die Kommunikation – vor allem für eine Perfektionistin wie Skadi Schier, die sich gern alles genaustens erklären lässt.

Zudem schwärmt sie von ihrem gesamten Trainingsumfeld und fühlt sich in ihrer Trainingsgruppe, zu der unter anderem auch Jean Paul Bredau (SC Potsdam), Alica Schmidt (SCC Berlin) und Christina Hering (LG Stadtwerke München) gehören, sehr wohl. „Wir haben zusammen viel Spaß und die Gruppe hat ihren eigenen Lauf. Wir sind alle auf einem sehr hohen Level und die Konkurrenz belebt natürlich das Geschäft“, sagt sie. 

Starkes Mindset 

Im Wettkampf zählt dann jedoch nur noch der eigene Race-Plan, der ganz auf die jeweiligen Stärken und die Tagesform ausgerichtet ist. “Du musst einfach deinen Job abrufen“, umschreibt es Skadi Schier. Hinzu kommen eine gute Sprintfähigkeit und das richtige Mindset. Beides zählt die Modemanagement-Studentin zu ihren Stärken.

Und da sie auf der Stadionrunde trotz ihrer bisherigen Erfolge noch immer ein Neuling ist, sieht sie noch viel Potenzial, sich stetig zu verbessern. Anstatt sich Grenzen zu setzen, will sie den Anschluss an die internationale Spitze schaffen und sagt: „Ein Ziel ist immer erst greifbar, wenn man es erreicht hat.“ So wird sie an ihrem Traum festhalten und ihr Leistungsvermögen weiter behutsam aufbauen.

Wettkampftyp mit vollem Fokus

War es auf ihrem Weg einst vor allem Usain Bolt, der sie inspirierte, sind es heute weniger bestimmte Vorbilder als vielmehr Leistungen und Persönlichkeit, die sie motivieren: „Es gibt viele sehr gute Athleten, von denen ich mir gern etwas abschaue.“ Darüber hinaus liebt sie es, die Atmosphäre in vollbesetzten Stadien aufzusaugen und daraus Energie zu ziehen. So verwundert es auch nicht, dass sie sich selbst als „krassen Wettkampftyp“ beschreibt, der im Eins gegen Eins komplett in den eigenen Film abtaucht und im Fokus ist. 

„Mittlerweile schreibe ich mir sogar Stichpunktzettel, damit ich weiß, was ich zu tun habe oder wo meine Sachen sind. Die packe ich immer so fest zusammen und stelle sie zusammen an einen Ort, dass ja nichts verloren geht“, erzählt sie und muss ein wenig über sich selbst lachen. „Da bin ich einfach so im Wettkampf-Modus, dass ich nur gewinnen will. Das steht dann im Vordergrund“, versucht sie zu erklären.

Die Relevanz der Entspannung

Wie gut diese Strategie funktioniert, zeigen unter anderem ihr starker Saisoneinstieg über 400 Meter (52,68 sec) sowie die nur drei Tage darauf folgenden 52,44 Sekunden. In den kommenden Rennen soll dann auch wieder eine 51 vor dem Komma stehen, bestenfalls sogar unterhalb ihrer Bestzeit von 51,82 Sekunden. Das Selbstvertrauen dafür zieht sie dabei sowohl aus ihrer großen Leidenschaft für ihren Sport als auch aus ihrem Umfeld.

Denn so sehr sich Skadi Schier auf der Bahn in einen Tunnel begeben kann, so sehr braucht sie auch einen Gegenpol zur Leichtathletik-Bubble. „An sich bin ich ein sehr gechillter Mensch, der auch viel Me-Time genießt und sich meditativ einen Ausgleich schafft. Ich versuche immer, ein ausgewogenes Maß an An- und Entspannung zu finden“, sagt sie. Ihre Mitte findet die Berlinerin vor allem in ihrem Umfeld aus Freunden und Familie sowie bei Hobbys wie dem Nähen.

Die nächste große sportliche Bühne wartet ab der kommenden Woche in Rom auf die 400-Meter-Sprinterin. Bei der EM will Skadi Schier mit der Staffel den Grundstein für das übergeordnete Ziel der Saison legen: den Traum von der Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris.

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