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Johanna Martin & Co.: Talente treten in Leipzig ins Rampenlicht

© Theo Kiefner
Bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig sind am zurückliegenden Wochenende mehrere Athletinnen und Athleten ins Blickfeld gerückt, die noch den Nachwuchs-Altersklassen angehören oder ihr erstes Aktivenjahr bestreiten. Allen voran Johanna Martin: Die Deutsche Hallenmeisterin über 400 Meter ist erst 17 Jahre alt.
Svenja Sapper

Wie bemerkenswert die Leistung war, die Johanna Martin am Sonntag in Leipzig abgerufen hatte, unterstreicht ein Satz der Rostockerin kurz nach ihrem 400-Meter-Finale. „Meine Konkurrenz kannte ich bisher nur aus dem Fernsehen“, verriet die 17-Jährige den Medienvertretern im Anschluss an ihren Gold-Coup. Auf der Zielgeraden hatte sie kurz zuvor Alica Schmidt (SCC Berlin) keine Chance gelassen und in 52,71 Sekunden ihre Bestzeit aus dem Vorlauf (52,55 sec) nur knapp verfehlt. Zur deutschen U20-Bestzeit (handgestoppte 52,4 Sekunden) von Dagmar Rübsam aus dem Jahr 1980 fehlt nur mehr ein Hauch. 

Johanna Martin, die im April 18 Jahre alt wird, war mit 52,76 Sekunden bereits als schnellste 400-Meter-Sprinterin nach Leipzig gereist. Eine 17-Jährige als Top-Favoritin bei den Deutschen Hallenmeisterschaften? Keine einfache Rolle, die sie jedoch bravourös meisterte. „Das fühlt sich ganz schön ungewohnt an“, fand die Rostockerin. „Ich finde, dass ich das ganz gut gemacht habe.“ Sie genoss es, anders als bei Jugend-Meisterschaften vor einer vollen Halle laufen zu dürfen. „Das schüchtert mich nicht ein.“ 

Die Leistungsexplosion in diesem Winter kam für die U18-EM-Finalistin von 2022 äußerst überraschend. „Damit rechnet man ja nicht“, meinte sie. „Aber ich wusste, dass ich gut drauf bin.“ Ihre alte Bestzeit von 52,76 Sekunden war sie im Januar aus dem Training heraus gelaufen. Vor der Hallen-DM ließ sie es nun eine Woche lang ruhig angehen. „Aber es ist noch mal was Anderes, wenn man am Tag davor schon schnell gelaufen ist und dann im Finale wieder.“ 

Vielseitigkeit als Erfolgsrezept

Den Schlüssel zum Erfolg sieht sie in ihrem Trainingsumfeld. Vor eineinhalb Jahren ist Johanna Martin in die Trainingsgruppe von Birger Voigt gewechselt. Der Wissenschaftler, der auch in der Biomechanik forscht, ist in Rostock für den Mehrkampf zuständig und hat einige vielversprechende Talente unter seinen Fittichen. Neben Johanna Martin unter anderem die U20-EM-Dritte über 100 Meter Hürden Lia Flotow, den Deutschen U18-Meister im Speerwurf Anton Steffen und die Deutsche U18-Meisterin im Hallenfünfkampf Maria Schnemilich. 

Eines eint alle Talente: das Mehrkampf-Training. Johanna Martins Trainingskollegen haben bereits bei Deutschen Mehrkampf-Meisterschaften Medaillen gewonnen, zuletzt bei der Hallen-Mehrkampf-DM in Frankfurt Maria Schnemilich (Gold) und Anton Steffen (Silber). Auch Johanna Martin trainiert vielseitig. „Ich muss jedes Jahr einen Mehrkampf machen“, erzählt die Schülerin einer Rostocker Sportschule, die das Mehrkampf-Training als Schlüssel zum Erfolg auf ihrer Paradestrecke sieht. Im vergangenen Frühjahr absolvierte sie in Papenburg einen kompletten Siebenkampf, den sie mit 4.750 Punkten beendete. 

„Siebenkampf macht mir Spaß“, sagt Johanna Martin. „Kugel und Speer nun nicht gerade, aber auch das gehört dazu.“ Hürdensprint (Bestzeit: 14,15 sec) und Hochsprung (Bestleistung: 1,52 m) macht sie hingegen gern und kann mit 2:12,77 Metern auf den abschließenden 800 Metern ebenfalls eine ausgezeichnete Bestmarke vorweisen. Neben ihrer Paradestrecke rannte sie in diesem Winter auch über 60 (7,76 sec) und 200 Meter (24,25 sec) neue Bestzeiten.

Auf dem Weg in eine neue Ära? 

Im Sommer stehen, so betont es Johanna Martin, die Nachwuchsmeisterschaften im Fokus: die U20-DM in Koblenz im Juli und die U20-WM in Lima (Peru) Ende August. Nach den Resultaten aus der Hallensaison scheint jedoch selbst ein Staffel-Start bei den Olympischen Spielen in Paris (Frankreich; 1. bis 11. August) nicht außer Reichweite. „Nein sagen würde ich nicht“, meint Johanna Martin, die sich nicht unter Druck setzen möchte. Schließlich stehen neben den sportlichen Höhepunkten auch Schulaufgaben an, außerdem möchte sie ihren Führerschein erwerben. „Ich schaue nicht auf Rekorde, ich schaue nur auf mich.“ 

Nach ihrem Sieg in Leipzig schaute plötzlich auch die Öffentlichkeit auf die junge Langsprinterin. „Der Start einer neuen Ära?“, fragte etwa sport1.de mit Bezug auf die Rostockerin, die bei weitem nicht die einzige Nachwuchs-Athletin ist, die in Leipzig für Furore sorgte. Bereits am Samstagabend ließen die Hürdensprinterinnen die Bahn brennen – angeführt von U20-Europameisterin Rosina Schneider (TV Sulz). Auch die zweitplatzierte Franziska Schuster (TSV Bayer 04 Leverkusen) ist noch U23-Athletin, ebenso wie deren Vereinskameradin Marlene Meier, die als Vierte haarscharf das Podium verpasste (hier lesen Sie mehr). 

Nachwuchs-Talente starten durch

Über 800 Meter der Männer gehörten gar sechs der acht Finalisten den Jahrgängen 2004 bis 2005 an. Als neuer Deutscher Hallenmeister startete mit neuer Bestzeit (1:48,75 min) U20-EM-Finalist Alexander Stepanov (VfL Sindelfingen) durch. Mit dem drittplatzierten Malik Skupin-Alfa (LG Offenburg) schaffte es ein weiterer Läufer des jüngsten U23-Jahrgangs in die Top Drei. Auch die Dreispringer Steven Freund (LAC Erdgas Chemnitz; 2005) und Denyo Schluckwerder (LAC Berlin; 2004) nahmen Medaillen aus der Quarterback Immobilien Arena mit. Und im Weitsprung hat Laura Raquel Müller (Unterländer LG), ebenfalls 2004 geboren, in dieser Hallensaison die Konkurrenz kräftig aufgemischt. 

Weit vorn in der deutschen Jahresbestenliste reihen sich auch einige Talente ein, die in Leipzig noch nicht nach Edelmetall greifen konnten. Sprinterin Chelsea Kadiri (SC Magdeburg) zum Beispiel. Die Zweite der Deutschen Meisterschaften über 100 Meter wurde diesmal in einer Hundertstel-Entscheidung Vierte – mit Bestzeit (7,29 sec), die in diesem Winter nur die drei Medaillengewinnerinnen von Leipzig unterboten. 

Immer noch auf Rang zwei und vier der deutschen Bestenliste über 800 Meter finden sich die Namen von Jana Marie Becker (Königsteiner LV), die wie Johanna Martin noch 17 Jahre alt ist, und Jolanda Kallabis (FT 1844 Freiburg). In Leipzig mussten sie noch der erfahrenen Konkurrenz den Vortritt lassen. Am kommenden Wochenende in Dortmund bekommen sie jedoch im Wettstreit mit den gleichaltrigen Athletinnen eine neue Titel-Chance – ebenso wie Johanna Martin, die bei der Jugend-Hallen-DM einen Doppelstart über 200 und 400 Meter plant. Und auf ihrer Paradestrecke vielleicht die nächste Fabelzeit hinlegen kann.

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