| Budapest 2023

WM Tag 7 | Die DLV-Athletinnen und Athleten in den Vorrunden

Weiter geht's am Freitag mit dem siebten Tag der WM in Budapest und fünf Vorrunden mit deutscher Beteiligung. Wie sich die DLV-Athletinnen und Athleten präsentiert haben und wie sie selbst ihre Auftritte einordnen, das lesen Sie hier.
Silke Bernhart / Svenja Sapper

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FRAUEN


800 Meter Halbfinale


Christina Hering verpasst den Anschluss

Nach dem so erfolgreichen und vielversprechenden Vorlauf hatte sich Christina Hering (LG Stadtwerke München) einen anderen Verlauf des Halbfinals erhofft. In einem recht langsamen Rennen ging es über fast 500 Meter darum, im dicht gedrängten Feld sicheren Schritt zu finden und nicht aus dem Rhythmus zu kommen. Als es auf der Gegengeraden schneller wurde, sah es noch so aus, als könne die Münchnerin vorne mitziehen – in der Kurve aber ging so richtig die Post ab, und Christina Hering fiel schnell nach hinten zurück. Auf der Zielgeraden war so der Weg wieder zurück nach vorn verbaut. Es wurde Platz sieben in 2:01,66 Minuten.

Es war das langsamste von insgesamt drei Halbfinals, das die Britin Jemma Reekie (2:00,28 min) vor der US-Amerikanerin Raevyn Rogers (2:00,47 min) für sich entscheiden konnte. Alle weiteren Finalplätze wurden für Zeiten unter 1:59 Minuten vergeben. Auch Titelverteidigerin Athing Mu (USA; 1:58,78 min) ergatterte als Zweite ihres Laufs einen davon, obwohl sie 250 Meter vor dem Ziel noch gestolpert war und Aufholarbeit leisten musste. Ebenfalls im Finale steht die Nummer eins der Welt in diesem Jahr Keely Hodgkinson (Großbritannien; 1:58,48 min).

Stimme zum Wettbewerb:

Christina Hering (LG Stadtwerke München):
Ich muss sagen, ich hatte dieses Mal ein bisschen Pech, dass die Amerikanerin gedacht hat, sie macht es taktisch. Ich bin zufrieden, dass ich von Bahn zwei so gut reingekommen bin und dass ich bis 600 Meter mutig drangeblieben bin. Dann habe ich doch ein bisschen den Fokus beziehungsweise die Kraft verloren. Das ist auch der Rennverlauf, der mir nicht ganz so liegt. Da tue ich mich schwer, noch mal zu beschleunigen. Aber so ist es eben. Ich habe ab und zu überlegt, ob ich an der Amerikanerin vorbeigehe, aber sie ist genauso gelaufen, dass ich nicht vorbeikam. Und das kann dann auch ganz schnell schiefgehen, es ist leider immer eng, im letzten Halbfinale ist ja auch jemand gestürzt. Auf der Zielgeraden profitiert man schon ein bisschen davon, wenn man im Sog ist - und da war ich dann leider schon raus. Das ist hier die Weltklasse, und die anderen schaffen es dann, zwei, drei schnelle Schritte zu machen, die ich heute nicht machen konnte.


4x100 Meter Vorläufe


Protest erfolgreich

Wie die Disziplinkollegen kurz zuvor konnten auch die Sprinterinnen über 4x100 Meter nicht die Leistung abrufen, die sie sich gewünscht hatten. Bereits der erste Wechsel von Louise Wieland (Hamburger SV) auf Sina Mayer (LAZ Zweibrücken) verlief nicht optimal und kostete wertvolle Zeit. Grund dafür: Die Australierin auf der benachbarten Bahn behinderte Startläuferin Louise Wieland. Gina Lückenkemper (SCC Berlin) konnte in der Kurve noch einmal Meter auf die Konkurrenz gutmachen. Rebekka Haase (Sprintteam Wetzlar) führte das DLV-Quartett als Vierte (42,78 sec) ins Ziel. 

Die Chance auf eine Finalqualifikation über die Zeit war damit zunächst einmal gewahrt, doch nachdem die Staffeln des zweiten Vorlaufes im Ziel waren, musste das DLV-Team die Hoffnungen vorläufig begraben: Gleich fünf Staffeln rannten schneller, ihnen blieb damit nur der neunte Platz insgesamt hinter Polen (42,65 sec). Kurz darauf folgte auf den Frust jedoch Freude: Ein Protest des deutschen Teams war erfolgreich, als neunte Staffel dürfen die DLV-Sprinterinnen im Finale antreten. Vorlaufschnellste waren die USA (41,59 sec) vor Jamaika (41,70 sec), die Elfenbeinküste lief in 41,90 Sekunden Kontinentalrekord. 

Stimmen zum Wettbewerb: 

Rebekka Haase (Sprintteam Wetzlar)
Ich muss sagen, es war eine unglaubliche Stimmung da drin. Ich habe leider dadurch Gina nicht richtig gehört, deshalb habe ich ein bisschen Tempo rausgenommen. Ich habe gesehen, dass wir nicht ganz vorne waren, habe aber versucht, das Rennen so gut wie möglich durchzuziehen. Wir haben ein solides Rennen abgeliefert und gekämpft. Dass es jetzt Rang neun geworden ist, ist bitter, aber das gehört auch dazu. Was am Ende entscheidend ist, kann man nicht so genau sagen, das müssen wir mit unseren Trainern auswerten. Am Ende summiert sich alles. Man tanzt auf Messers Schneide in einem Staffelrennen und kann sich keine Fehler erlauben. Heute ist uns ein Fehler zu viel passiert. Das Jahr war hart, wir hatten viele Ausfälle und haben jetzt ein neues Team. Positiv kann man mitnehmen, dass wir auch in einer anderen Besetzung, die noch nicht so eingespielt ist, solide Rennen auf die Bahn bekommen. 

Gina Lückenkemper (SCC Berlin)
Das ist der Sport, was wollen wir machen. Es war keine einfache Saison. Wir müssen uns gleich auf dem Warm-Up-Track mit unseren Trainern zusammensetzen, bevor wir ein persönliches WM-Fazit abgeben können. Ich bin mit meinem Lauf zufrieden, der Wechsel von Sina und mir war solide und flüssig. Das Problem beim Wechsel von Becky und mir hat sie ja eben schon angesprochen. Es war ärgerlich, dass sie mich gar nicht gehört hat, dadurch konnte sie nicht weiter durchbeschleunigen und konnte nicht mit so viel Speed rausgehen wie letztes Jahr in Eugene oder München. Es war trotz alledem noch ein solider Wechsel. Aber bei einer WM reichen solide Wechsel nicht, da wollen wir schon die wirklich guten Wechsel. Und wenn man sich die Einzelzeiten von den Staffeln ansieht, die weitergekommen sind, wusste man schon, dass das für uns alles andere als eine einfache Aufgabe wird. 

Louise Wieland (Hamburger SV)
Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen, da unten auf der Bahn zu stehen. Dass es jetzt so ausgegangen ist, ist ein bisschen bitter. Nervosität gehört dazu, aber das hatte ich ganz gut im Griff. Ich hatte das Gefühl, ich bin ganz gut angerannt, dann habe ich einen Arm von der Bahn neben mir gespürt. Das hat mich etwas aus dem Tritt gebracht und dann hatte ich im Wechselraum nicht den Speed, um nah genug ranzulaufen. 


Hochsprung


Christina Honsel mit Saisonbestleistung zur rechten Zeit

Mit einer Freiluft-Saisonbestleistung von 1,83 Meter war Hochspringerin Christina Honsel zur WM gereist. Und auf diese Höhe konnte die Wattenscheiderin am Freitag noch einmal deutlich draufpacken! Im zweiten Versuch flog sie über 1,89 Meter und scheiterte anschließend nur hauchdünn an 1,92 Meter, was bereits die Einstellung ihrer Freiluft-Bestmarke bedeutet hätte. Dann war Zittern angesagt: 18 Athletinnen hatten 1,89 Meter gemeistert, einige davon hätten Christina Honsel noch aus den Top Zwölf verdrängen können. 

Doch die 26-Jährige wurde für ihren starken Auftritt zur rechten Zeit belohnt: Gemeinsam mit drei weiteren Springerinnen zog sie als Zwölfte ins Finale ein, das am Sonntag stattfinden wird. Dorthin konnte ihr die zweite deutsche Teilnehmerin diesmal noch nicht folgen. Johanna Göring (SV Salamander Kornwestheim), mit 18 Jahren eine der jüngsten Athletinnen im deutschen Team, meisterte 1,85 Meter und zeigte vielversprechende Versuche bei 1,89 Meter, musste sich aber bei dieser Höhe verabschieden. 

Keine Blöße gaben sich die ukrainische Europameisterin Yaroslava Mahuckikh, Titelverteidigerin Eleanor Patterson und die Weltjahresbeste Nicola Olyslagers (beide Australien). Mit Iryna Gerashchenko steht noch eine weitere Springerin aus dem starken ukrainischen Team im Finale, die Vize-Weltmeisterin von 2017 Yuliya Levchenko verpasste hingegen den Sprung in die Top Zwölf. 

Stimmen zum Wettbewerb

Christina Honsel (TV Wattenscheid 01)
Ich war vorher schon nervös, habe mich aber ganz gut eingesprungen, das hat Sicherheit gegeben. Dass ich 1,89 Meter geschafft habe, ist natürlich sehr schön. Die letzten Minuten waren sehr nervenaufreibend. Ich musste schon zittern, obwohl ich gar nicht genau wusste, an welcher Position ich liege. Es hat gereicht, und das zählt! Dass ich 1,89 Meter geschafft habe, ist natürlich sehr schön. Nach den Deutschen Meisterschaften hätte ich nie gedacht, dass ich hier im Finale stehe! Im Vorbereitungscamp in Erding hat es sich schon angedeutet, dass ich gut drauf bin, und ich wusste dann, dass es klappen kann, wenn alles optimal läuft. Die 1,92 Meter wären sogar Outdoor-PB gewesen, die möchte ich dann im Finale angreifen. Ich freue mich auf Sonntag! 

Johanna Göring (SV Salamander Kornwestheim)
Es war sehr aufregend für mich, im positiven Sinne. Die Atmosphäre war toll, die Begeisterung für die Leichtathletik kommt an. Das möchte ich unbedingt auf der großen Bühne noch mal miterleben und dann besser machen! Ich hatte bei den Sprüngen über 1,89 Meter kein schlechtes Gefühl, vor allem der letzte hat sich gut angefühlt. Woran es genau lag, dass ich dann doch nicht drübergekommen bin, kann ich noch nicht genau sagen. Ich werde mir in Ruhe die Videos anschauen und mit meiner Trainerin darüber reden. Was ich auf jeden Fall gemerkt habe: Wie schön es ist, hier oben mitspringen zu könnenund solche Events mitzumachen. Das beflügelt für die Zukunft, und ich habe ja noch ein paar Jahre vor mir. 

 

MÄNNER


4x100 Meter Vorläufe


Der zweite Wechsel misslingt

Im ersten Vorlauf über 4x100 Meter ging die Post ab: Gleich vier Staffeln blieben unter 38 Sekunden, an der Spitze lieferten sich die Teams aus den USA (37,67 sec) und Jamaika (37,68 sec) ein packendes Duell um die Weltjahresbestleistung. Dahinter holte sich Japan in 37,71 Sekunden das dritte große Q, Frankreich brachte das Staffelholz in 37,98 Sekunden um die Stadionrunde. In diesem Bereich (37,97 sec) steht auch der deutsche Rekord aus dem Vorjahr. 

An die mitreißende Performance des EM-Vorlaufes konnte das DLV-Quartett, angetreten in der Besetzung Kevin Kranz (Sprintteam Wetzlar), Lucas Ansah-Peprah (Hamburger SV), Joshua Hartmann (ASV Köln) und Yannick Wolf (LG Stadtwerke München) in der WM-Vorrunde leider nicht anknüpfen – denn bereits der zweite Wechsel missglückte. Die DLV-Sprinter konnten den Stab nicht ins Ziel bringen, Schlussläufer Yannick Wolf kam gar nicht erst zum Einsatz. 

Im zweiten Vorlauf wechselte die Weltjahresbestzeit erneut die Besitzer. Italien siegte in 37,65 Sekunden, auch Südafrika (37,72 sec) und Großbritannien (38,01 sec) präsentierten sich stark. Das letzte kleine q schnappte sich mit 38,19 Sekunden Brasilien. 

Stimmen zum Wettbewerb: 

Lucas Ansah-Peprah (Hamburger SV)
Josh ist ein bisschen zu spät losgelaufen. Ich bin volle Kanne draufgelaufen und habe versucht zu bremsen. Ich habe seine Hand nicht berührt, es war ein ganzes Durcheinander. Es ist für uns alle gerade ein bisschen schwer, das in Worte zu fassen. 

Joshua Hartmann (ASV Köln)
Ich bin zu spät losgelaufen, deshalb habe ich den Stab nicht in die Hand bekommen. Ich werde dafür die volle Verantwortung tragen, es ist meine Schuld. Ich muss jetzt dafür geradestehen, wie ich auch nach meinem 200-Meter-Rennen für das zur Seite Gucken geradestehen musste. Man lernt aus Niederlagen genauso wie aus Siegen, wenn nicht mehr. Man kann aber definitiv auch enttäuscht sein und nicht versuchen, so etwas direkt zu vergessen. Es ist auf gut Deutsch gesagt einfach blöd. Ich habe meinen Job nicht gemacht und das ist sehr schade für das Team, denn deswegen sind wir jetzt draußen. 

Yannick Wolf (LG Stadtwerke München)
Ich finde es natürlich sehr, sehr schade. Es ist meine erste WM, da wollte ich schon gerne zeigen, was ich kann. Ich war sehr gut drauf, wahrscheinlich so gut wie in der ganzen Saison nicht. Nun kann man es leider nicht ändern. 

Kevin Kranz (Sprintteam Wetzlar)
Es ist sehr schade, ich traue uns auf jeden Fall auch zu, solche Zeiten zu laufen. Jetzt müssen wir den Blick nach vorne richten, es geht immer weiter. 
 


Speerwurf Qualifikation


Julian Weber erfüllt die Pflichtaufgabe

Ein großes Q gab es für Julian Weber in der Speerwurf-Qualifikation zwar nicht. Doch mit 82,39 Metern und Rang zwei in seiner Gruppe machte der Europameister vom USC Mainz dennoch souverän das Finale klar. Insgesamt war es am Freitagmorgen die viertbeste Weite. Ein Ausrufezeichen setzte der Olympiasieger: Direkt im ersten Durchgang flog der Speer von Neeraj Chopra (Indien) auf 88,77 Meter. Saisonbestleistung und nur einen knappen Meter unter der Weltjahresbestleistung, die der Tscheche Jakub Vadlejch mit 89,51 Metern hält. Auch dieser sicherte sich mit 83,51 Metern ein großes Q. 

Ebenfalls beeindrucken konnte Arshad Nadeem aus Pakistan, der sein Wurfgerät auf 86,79 Meter feuerte, die zweitbeste Weite in der Qualifikation. Das überraschende Aus ereilte hingegen Anderson Peters. Der Titelverteidiger aus Grenada kam nur auf 78,49 Meter, zu wenig für die Top Zwölf, für die schließlich 79,78 Meter benötigt wurden. Mit diesem Ergebnis zog der Moldawier Andrian Mardare ins Finale ein. Auch für den finnischen EM-Dritten Lassi Etelätalo und den früheren Weltmeister Julius Yego aus Kenia blieb die Qualifikation der einzige Auftritt bei dieser WM. Der Olympiasieger von 2012 Keshorn Walcott (Trinidad und Tobago), der in diesem Jahr bereits mehr als 85 Meter zu Buche stehen hat, trat nicht an. 

Stimme zum Wettbewerb: 

Julian Weber (USC Mainz)
Es hätte besser laufen könnten. Ich hatte mir eigentlich schon für den ersten Versuch die 83,00 Meter vorgenommen. Das hat leider nicht funktioniert. Ich bin das Ganze ziemlich entspannt angegangen, vielleicht etwas zu entspannt. Jetzt hebe ich mir die großen Weiten für Sonntag auf. Nach einer nicht so guten Einheit kommt immer eine gute. Morgens ist nicht so meine Zeit, als ich aufgestanden bin, war es noch dunkel, ich werfe lieber abends. Meine Speere sind noch nicht hier, wahrscheinlich liegen sie noch in München am Flughafen, das ist aber nicht schlimm, das ist mir egal. Ich nehme die Speere in die Hand, die es gibt, zum Einwerfen hatte ich hier auch welche. 

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