Der WM-Siebenkampf entwickelte sich zu einem Krimi. Am Ende ließ die Weltmeisterin von 2019 die Weltjahresbeste von 2023 knapp hinter sich. Sophie Weißenberg war mittendrin im Kampf um die Bronzemedaille, sie steigerte ihre Bestleistung um 63 Zähler und hatte auf Platz sieben ebenfalls 63 Punkte Rückstand auf Platz drei.
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Tag 2
800 Meter
Gold für Johnson-Thompson, Weißenberg Siebte
Der Siebenkampf-Krimi fand über 800 Meter einen würdigen Showdown. Anna Hall stürmte vorweg, Katarina Johnson-Thompson etwas kontrollierter hinterher – aber kaum weniger langsam, wie am Ende die Zeiten dokumentieren: In 2:04,09 Minuten stellte die US-Amerikanerin einen neuen Meisterschaftsrekord auf, dahinter steigerte die Britin ihre Bestmarke um fast zwei Sekunden auf 2:05,63 Minuten. Dann hieß es warten, bis auf der Anzeigetafel der erste Name erscheint. Und das war der von Katarina Johnson-Thompson. Mit 6.740 Punkten hielt die Weltmeisterin von 2019 um 20 Zähler die Weltjahresbeste von 2023 in Schach und holte damit ihre zweite WM-Goldmedaille.
Auch dahinter wurde es extrem spannend. Und auch im Kampf um Bronze kamen die Herausforderinnen zwar näher, aber doch nicht vorbei an Anouk Vetter (6.501 pt), der nach dem phänomenalen Speerwurf 2:20,49 Minuten gerade noch für Bronze reichten. Wie knapp es im Kampf um die dritte Medaille war, dokumentiert die Tatsache, dass am Ende nur 63 Zähler zwischen Platz drei und Platz sieben lagen.
In Budapest war es Sophie Weißenberg, die diesen siebten Platz erkämpfte. Und das mit der zweitschnellsten 800-Meter-Zeit ihrer Karriere in 2:18,03 Minuten und neuer Siebenkampf-Bestleistung von 6.438 Punkten. Auch Vanessa Grimm blieb in 2:14,36 Minuten im Rahmen ihrer besten 800-Meter-Leistungen, in der Endabrechnung gab's für sie eine Saison-Bestleistung von 6.088 Punkte und Platz 14.
Stimmen zum Wettbewerb:
Sophie Weißenberg (TSV Bayer 04 Leverkusen):
Der Stolz überwiegt! Ein bisschen enttäuscht bin ich, dass es nicht mit der Olympia-Norm [6.480 pt] geklappt hat, das wäre geil gewesen. Aber wenn mir vorher jemand gesagt hätte, dass ich bei einer WM Siebte werde, dann hätte ich das sofort genommen. Besonders nach Eugene im letzten Jahr [ogV im Weitsprung], das war extrem hart. Ich bin zufrieden und nehme Rückenwind mit ins nächste Jahr. Ich weiß, dass ich noch viel liegengelassen habe, über 200 Meter, über die Hürden, im Weitsprung, da ist fast überall noch Potenzial und ich freue mich, das noch ausschöpfen zu können. Vor den 800 Metern will man nicht bei uns im Restroom sein, das wird auch nicht besser, sondern jedes Mal schlimmer. Die Zeiten vorne sind der Wahnsinn, davor habe ich höchsten Respekt. Im Weitsprung waren bei mir heute Morgen einfach die Beine müde, wir waren spät im Bett, um 7:00 Uhr hat der Wecker geklingelt und wir waren vorher schon wach. Ich habe versucht mich zu pushen, aber schon bei der Anlaufkontrolle habe ich gemerkt, dass die Beine nicht das machen, was ich wollte. Da waren die 6,10 Meter von uns Schadensbegrenzung, man hat gesehen, dass sich auch die anderen schwergetan haben.
Vanessa Grimm (Königsteiner LV):
Meinem Knie geht’s super, da habe ich gar keine Probleme mehr. Und Woche für Woche kehrt mehr Vertrauen zurück. Besonders im Hochsprung und im Speerwurf war es am Anfang ein großes Thema. Im Speerwurf haben wir komplett die Technik umgestellt, da hatte ich vorher überhaupt keinen Fokus auf dem Stemmbein, deswegen ist vielleicht auch die Verletzung passiert, jetzt muss ich lernen, in die neue Technik zu vertrauen. Vor dem Hintergrund bin ich zufrieden über die Saison-Bestleistung bei einer WM. In Tokio haben mir dazu bei den Olympischen Spielen 200 Punkte gefehlt. Natürlich wartet man jetzt auf eine höhere Punktzahl, aber ich habe gemerkt, dass ich mich erstmal mit den Leistungen nach der Verletzung vergleichen muss.
Speerwurf
Es ist angerichtet für den Showdown
Die Siebenkampf-Entscheidung von Budapest könnte als eine der spannendsten in die Geschichte von Weltmeisterschaften eingehen. Denn sechs Disziplinen sind absolviert. Und nichts ist entschieden! Vielleicht nur so viel: Um Gold und Silber dürften sich als beste Läuferinnen im Feld Katarina Johnson-Thompson (5.710 pt) und Anna Hall (5.667 pt) streiten. Eine Speerwurf-Bestleistung der Britin (46,14 m) konterte die US-Amerikanerin mit einer Saison-Bestmarke von 44,88 Metern.
Auf Platz zwei hat sich mit einem neuen Meisterschaftsrekord von 59,57 Metern die Olympia-Zweite Anouk Vetter geschoben, die aber als schwächere Läuferin eher den Blick nach hinten auf die Verfolgerinnen richten muss. Zu diesen zählen zuvorderst Noor Vidts (5.478 pt), die Niederländerin Emma Oosterwegel (5.529 pt) und Lokalmatadorin Xénia Kriszán (5.499 pt), die alle schon Zeiten knapp unter oder knapp über 2:10 Minuten gelaufen sind.Sophie Weißenberg hat sich mit einem starken Speerwurf auf 48,51 Meter ihre Chance auf eine Siebenkampf-Bestleistung jenseits der 6.400 Punkte und eine Top-Platzierung bewahrt. Vor der letzten Disziplin liegt sie gar auf Platz vier (5.588 pt). Doch über 800 Meter wird sie in einem engen Feld, in dem die Plätze vier bis acht 110 Punkte trennen, im Normalfall noch einige Konkurrentinnen ziehen lassen müssen. Auch Vanessa Grimm konnte mit dem Speerwurf zufrieden sein: Mit 42,08 Metern hat sie erst zum zweiten Mal seit ihrer Knieverletzung wieder die 40-Meter-Marke überboten. Mit 5.186 Punkten liegt sie auf Rang 14, eine neue Saison-Bestmarke jenseits von 6.100 Punkten ist noch drin.
Weitsprung
Sophie Weißenberg lässt wichtige Punkte liegen
Der Weitsprung stellte am Sonntag früh entscheidende Weichen für den Weg auf das Podest. Eine wird ihn in Budapest nicht weiter gehen können: Taliyah Brooks. Die US-Amerikanerin, die zur Halbzeit noch mit Kurs auf Bestleistung Dritte gewesen war und eine Weitsprung-Bestmarke von 6,78 Metern hat, brachte keinen gültigen Versuch zustande. Anouk Vetter (Niederlande) rettete sich nach zwei Ungültigen auf 5,99 Meter.
Es hätte die Chance für Sophie Weißenberg (TSV Bayer 04 Leverkusen) werden können, sich weiter in die Medaillenränge vorzuschieben – doch im Weitsprung läuft’s zurzeit für die einstige U20-Vize-Weltmeisterin in dieser Disziplin schleppend: Mit 6,10 Metern kam sie zwar fünf Zentimeter weiter als in Götzis, in der Gesamtwertung jedoch bedeutete dies, dass zum Beispiel Chari Hawkins (USA; 6,16 m; 4.799 pt) und Noor Vidts (Belgien; 6,35 m; 4.792 pt) ihr wertvolle Punkte abnahmen. So ist die Leverkusenerin weiter Fünfte (4.757 pt), keine 50 Punkte fehlen bis zu den Top Drei.
Die gleiche Weite wie Sophie Weißenberg gelang auch Vanessa Grimm (Königsteiner LV), die diesen Sprung durchaus als Erfolg verbuchen kann, auch wenn sie Ende Juli noch 18 Zentimeter weiter gekommen war. Mit dieser Leistung arbeitete sie sich mit 4.479 Punkten auf Platz 13 nach vorne. Ganz oben im Klassement thront nun die Weltmeisterin von 2019 Katarina Johnson-Thompson (Großbritannien; 4.925 pt), die mit 6,54 Metern an der Nummer eins dieses Jahres Anna Hall (USA; 6,19 m; 4.906 pt) vorbeigezogen ist. Dieses Duell könnte auf einen ebenso spannenden wie hochklassigen 800-Meter-Lauf hinauslaufen, beide können deutlich unter 2:10 Minuten rennen, Hall gar an die 2:00-Minuten-Marke heran.
Tag 1
100 Meter Hürden
Sophie Weißenberg nahe an Bestzeit
Mit einer Stunde Verspätung fiel für die Siebenkämpferinnen der erste Startschuss der WM 2023 in Budapest – und im ersten Lauf mit dabei: Vanessa Grimm (Königsteiner LV). Die Hessin stellte dabei unter Beweis, dass sie nach ihrer Knieverletzung immer besser in Schwung kommt: In 14,00 Sekunden stellte sie eine neue Saison-Bestmarke auf und war dabei 23 Hundertstel schneller als zuletzt in Bydgoszcz (Polen), wo sie sich mit 6.056 Punkten das WM-Ticket gesichert hatte.
Zwar nicht ganz die erhoffte Zeit unter 13,50 Sekunden, aber dennoch ein starkes Hürdenresultat gab’s wenig später für Sophie Weißenberg (TSV Bayer 04 Leverkusen), der in 13,58 Sekunden nur zwölf Hundertstel zum Hausrekord von Götzis (Österreich) in diesem Jahr fehlten. Das mit Abstand schnellste Rennen hatte anschließend Carolin Schäfer (Eintracht Frankfurt) erwischt: In 13,60 Sekunden sammelte sie in Disziplin eins 24 Punkte weniger als bei ihrem bisher besten Siebenkampf der Saison in Ratingen (6.369 pt).
An der Spitze stürmten in diesem Rennen drei US-Amerikanerinnen voraus. Dabei war es nicht die Nummer eins der Welt in diesem Jahr Anna Hall (12,97 sec), sondern Taliyaah Brooks (12,78 sec), die vorläufig die Führung im Siebenkampf übernahm. Chari Hawkins (PB 13,04 sec) komplettiert das US-Trio, dem über die Hürden die Französin Esther Turpin (13,24 sec) und die Olympia-Vierte aus Belgien Noor Vidts (13,35 sec) am nächsten kamen. In 13,50 Sekunden konnte besonders die Weltmeisterin von 2019 Katarina Johnson-Thompson (Großbritannien) ihre Medaillenambitionen unterstreichen, in Götzis hatte sie für die Hürden noch 13,88 Sekunden gebraucht.
Hochsprung
Sophie Weißenberg jubelt über 1,86 Meter
Bereits fünf Jahre alt war die Hochsprung-Bestmarke von Sophie Weißenberg (TSV Bayer 04 Leverkusen) vor der WM. Am Samstag war sie fällig! Die 25-Jährige schwang sich gleich auf Anhieb über 1,86 Meter – und nicht nur das allein gab Anlass zur Euphorie, sondern zugleich auch die Tatsache, dass sie damit gemeinsam mit Katarina Johnson-Thompson die beste Hochspringerin der Siebenkampf-Konkurrenz war. Während sowohl die Britin als auch Favoritin Anna Hall (1,83 m) sowie weitere Medaillenkandidatinnen in dieser Disziplin Punkte verloren, schlug Weißenberg in der Gesamtwertung auf Platz fünf liegend (2.093 pt) einen Kurs in Richtung Bestleistung ein.
Vielleicht nicht euphorisch, aber doch zufrieden konnten auch Carolin Schäfer (1,77 m) und Vanessa Grimm (1,74 m) sein – Schäfer war zwei Zentimeter besser als in Ratingen, Grimm stellte ihre Saison-Bestmarke aus Bydgoszcz ein. Mit 1.977 und 1.881 Punkten sortieren sie sich vorläufig auf Platz zwölf und 20 ein.
An der Spitze geht es derweil unerwartet eng zu: Anna Hall (2.145 pt) liegt schon recht deutlich von ihrem Götzis-Resultat entfernt, als sie sogar an der 7.000-Punkte-Marke gekratzt hatte, dahinter folgen ihre Landsfrauen Taliyah Brooks (1,80 m; 2.136 pt) und Chari Hawkins (1,83 m; 2.134 pt) vor Katarina Johnson-Thompson (2.104 pt) – und dann kommt schon Sophie Weißenberg.
Kugelstoßen
Zittern und Erleichterung
Das Kugelstoßen zählt nicht zu den Lieblingsdisziplinen von Sophie Weißenberg. Und das dürfte sich auch nach Budapest nicht ändern, denn diese Disziplin hat Nerven gekostet: Erst im dritten Versuch gelang der Leverkusener ein guter Stoß. Und eine Steigerung von 12,81 auf 13,97 Meter! Diese Weite war wichtig, denn sie beschert ihr weiter einen Platz auf Tuchfühlung zu Spitze, genauer gesagt Rang vier mit 2.885 Punkten, 69 Punkte hat sie nun bereits mehr als bei ihrer Siebenkampf-Bestleistung (6.375 pt).
Die beste DLV-Kugelstoßerin zeigte auch die beste Weite: Vanessa Grimm wuchtete die Vier-Kilo-Kugel auf 14,43 Meter, zehn Zentimeter fehlten zur Marke von Bydgoszcz Ende Juli, damit konnte sie zufrieden sein. Schwer tat sich dagegen Carolin Schäfer (Eintracht Frankfurt), die ähnlich wie Grimm schon in 15-Meter-Regionen vorgestoßen ist und in Ratingen 14,75 Meter gestoßen hat. Sie musste sich mit zwei Ungültigen und 13,98 Meter zufriedengeben. Damit belegen sie die Plätze elf (Schäfer) und 19 (Grimm).
An der Spitze thront weiter das US-Trio, und erstmals konnte Anna Hall (2.975 pt) jubeln: Nach zwei vergleichsweise schwächeren Disziplinen kam sie mit 14,54 Metern weit wie nie zuvor. Auch Taliyah Brooks (13,45 m; 2.893 pt) übertraf die Marke ihres besten Siebenkampfs und liegt klar auf Bestleistungskurs, zwischen den beiden hat sich Chari Hawkins (14,40 m; 2.955 pt) einsortiert, die allerdings in den weiteren Disziplinen am schwächsten von den Dreien einzuschätzen ist. Anouk Vetter (Niederlande; 15,72 m) pirschte sich als beste Kugelstoßerin weiter nach vorn, Katarina Johnson-Thompson (13,64 m) setzte ihre Medaillenkurs fort, auch die Olympia-Vierte Noor Vidts (14,40 m; 2.874 pt) kann weiter vom Podium träumen.
200 Meter
Schäfer muss aufgeben, Weißenberg übernachtet als Fünfte
Nur noch zwei DLV-Athletinnen traten am Samstagabend zu den 200 Metern an: Carolin Schäfer (Eintracht Frankfurt) plagt sich mit Knieschmerzen, schließlich stellten sie sich als zu schwerwiegend heraus, um den Siebenkampf fortzusetzen. So rückt Sophie Weißenberg aus nationaler Sicht noch weiter in den Fokus – und auch über 200 Meter gelang in 23,88 Sekunden ein gutes Resultat, wenngleich die Beine deutlich schwerer waren als in Götzis, wo sie noch in 23,49 Sekunden Bestzeit gesprintet war.
In der Gesamtwertung konnte die Leverkusenerin jedoch zur Halbzeit mit 31 Zählern mehr auf dem Konto (3.877 pt) ihren Bestleistungskurs fortsetzen. Allerdings zog die schnellste aller Athletinnen Katarina Johnson-Thompson (23,48 sec) sowohl an Weißenberg als auch an den US-Amerikanerinnen Chari Hawkins (24,38 sec; 3.900 pt) und Taliah Brooks (23,85 sec; 3.888 pt) vorbei. An der Spitze thront weiter die Nummer eins der Welt Anna Hall (23,56 sec; 3.998 pt), der im Vergleich zum ihrer Bestleistung von 6.988 Punkten etwa 180 Zähler fehlen.
Vanessa Grimm beendete den ersten Tag des Siebenkampfs in 24,91 Sekunden, 25 Hundertstel über dem Resultat von Bydgoszcz. In Summe kommt sie nun auf 3.599 Punkte, fast auf den Punkt bestätigt sie in Budapest bisher ihre Saison-Bestmarke im Siebenkampf – Platz 15 zur Halbzeit.
Stimme zum Wettbewerb:
Sophie Weißenberg (TSV Bayer 04 Leverkusen):
Ich bin mega happy. Hürde war solide, Hoch sehr geilt, beim Kugelstoßen hatte ich einen kleinen Herzstillstand nach dem zweiten Versuch, aber ich habe mich ja noch gerettet. Wie ich das gemacht habe, weiß ich gar nicht. Ich habe noch mal einen Anschiss bekommen vorher und dann habe ich mir gesagt: Du stellst dich da jetzt hin und haust ein Ding raus, du kannst es doch! Die 200 Meter waren dann hart, das wusste ich schon von Eugene und München, dass das bei Meisterschaftsrennen was anderes ist als bei einem Meeting. Die Verzögerung heute Morgen hat mir nicht so viel ausgemacht, ich bin kein Frühaufsteher, daher kam mir das entgegen. Morgen ist dann wieder ein neuer Tag, der Weitsprung startet sehr früh, mal schauen, wie ich über die Nacht komme.
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