| Interview der Woche

Gina Lückenkemper: „Wie ein Ritterschlag und ein i-Tüpfelchen auf die Saison“

Erfolgreich wie selten zuvor waren die Leichtathleten bei der Sportlerwahl 2022 in Baden-Baden. Bei Männer und Frauen landeten insgesamt sechs Athlet:innen unter den Top Sechs, darunter die Sieger Gina Lückenkemper und Niklas Kaul. Hinzu kommt Platz zwei der die 4x100 Meter Staffel der Frauen. leichtathletik.de hat mit der "Sportlerin des Jahres" 2022 Gina Lückenkemper (SCC Berlin) unter anderem über ihre Pläne 2023 gesprochen.
Peter Schmitt

Gina Lückenkemper, Gratulation zur Wahl „Sportlerin des Jahres 2022“. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung. Wie ordnen Sie diese Ehrung, bei der Fachjournalisten abgestimmt haben, ein?

Gina Lückenkemper:
Das ist wie ein Ritterschlag und am Ende das i-Tüpfelchen auf einer wirklich erfolgreichen Saison. Ich bin unfassbar dankbar, dass ich diese Auszeichnung entgegennehmen darf, vor allem, weil wir dieses Jahr in Sportdeutschland so viele herausragende Leistungen gesehen haben. Da hätte es Viele gegeben, die diese Auszeichnung verdient gehabt hätten. Dass ich es am Ende geworden bin, ist für mich umso schöner.

Ihr Liebling Akira war heute gar nicht bei der Ehrung dabei….

Gina Lückenkemper:
(lacht) Nein, mein Dackel Akira ist heute zuhause bei der Schwester von meinem Freund geblieben, und ich gehe davon aus, dass sie schon schläft, wenn es im TV übertragen wird.

Insgesamt war es ein tolles Jahr 2022 für Sie. Wie sieht Ihre Bilanz aus?

Gina Lückenkemper:
Dieses Jahr hat mich komplett geflasht. Ich hätte im Vorfeld überhaupt nicht damit gerechnet. Ich wollte vor allem gesund bleiben, denn Gesundheit ist im Leistungssport das A&O. Gerade, wenn enorme Leistungen abverlangt werden. Diese Saison ist wirklich der absolute Rausch.

Dabei war es für die Leichtathletik eher ein schwieriges Jahr, wenn man einmal die WM in Eugene und die damit verbundene Kritik im Anschluss sieht.

Gina Lückenkemper:
Das stimmt. Deshalb ist der Jahres-Abschluss jetzt auch eine gewisse Genugtuung. Gerade, weil wir auch mit der 4x100-Meter Staffel ausgezeichnet wurden. Unsere Staffelmedaille in Eugene (Bronze) ist durch die Berichterstattung total untergegangen. Was sehr schade war. Es war immerhin seit der WM 2009 in Berlin die erste Staffel-Medaille bei einer Weltmeisterschaft. Bronze war deshalb so wertvoll, weil Jede von uns in den letzten Jahren mit Schwierigkeiten gekämpft hat.

Der Wintersport hätte sicherlich bei der Ehrung auch noch mehr Berücksichtigung verdient oder?

Gina Lückenkemper:
Wir haben da natürlich einen kleinen Wettbewerbsvorteil gehabt, weil die European Championships extrem bei den Leuten im Gedächtnis geblieben sind, weil sie in München stattgefunden haben. Die Winterspiele waren Anfang des Jahres in Peking und wurden dann auch noch in einer anderen Zeitzone übertragen. Es gibt eine Menge toller Athleten im Wintersport, die es verdient gehabt hätten, ausgezeichnet zu werden, aber da war diesmal das Glück auf unserer Seite.

Nach den European Championships wurde immer wieder gefragt, ob es nicht an der Zeit ist, dass sich Deutschland für Olympische Spiele bewirbt? Wie sehen Sie das?

Gina Lückenkemper:
Niklas Kaul hat es bei der Pressekonferenz gesagt: Wenn das Internationale Olympische Komitee (IOC) bei der Vergabe mehr auf Nachhaltigkeit setzt und vorhandene Stadien dabei genutzt werden, dann könnte sich Deutschland mit Sicherheit bewerben. München mit seinem Olympiastadion, das 50 Jahre alt ist, hat bei den Championships gezeigt: Deutschland kann Sport-Großveranstaltungen. Wir werden sehen, wohin die Richtung geht.

Sie trainieren viel in den USA in Florida. Was hat sich trainingstechnisch verändert in Ihrem Erfolgsjahr?

Gina Lückenkemper:
Das Mindset ist anders. Ich bin durch meine Trainingsgruppe in den USA noch professioneller geworden, was die Herangehensweise an mein Training betrifft, da ich mit sehr professionellen Sportlerinnen und Sportlern in meiner Trainingsgruppe zusammen trainiere. Das ist eine Umgebung, die man nicht überall vorfindet. Mein Trainer hat ein sehr gutes Know-hHow und vermittelt sehr gut. Hinzu kommt, dass er direkte Ansagen macht, wenn es notwendig ist. Lance legt großen Wert darauf, dass er seine Athleten fortbildet, nicht nur im Training, sondern auch auf der mentalen Ebene. Das tut sehr gut, wenn die Athletin als Ganzes gesehen wird. 

Was sind Ihre Pläne für 2023? Höhepunkt werden sicherlich die Weltmeisterschaften in Budapest im August sein. Sie fliegen bereits am 1. Januar wieder in die USA, werden aber für eine Mini-Hallensaison nach Deutschland zurückkehren. Unter anderem starten Sie beim ISTAF in Düsseldorf und in Berlin...

Gina Lückenkemper:
Ich habe mit der WM noch eine kleine Rechnung offen. Ich bin dieses Jahr im Halbfinale eine Zeit gelaufen, die 2019 für das Finale gereicht hätte. Bei mir hat es nicht gereicht. Damit gebe ich mich nicht zufrieden. Ich möchte in einem Einzelfinale stehen. Das werde ich in Budapest wieder versuchen, denn wenn ich in einem Finale stehe, dann ist alles möglich. Da werden die Karten neu gemischt.

Wie feiert Gina Lückenkemper Weihnachten und Silvester?

Gina Lückenkemper:
Ich werde völlig unspektakulär mit der Familie zuhause Weihnachten feiern mit gutem Essen – Raclette.

Ein Interview mit dem "Sportler des Jahres" 2022 Niklas Kaul folgt am Dienstag...

Mehr:
Sportler des Jahres 2022: Gina Lückenkemper und Niklas Kaul

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