Werner Franke war einer der Anti-Doping-Pioniere in Deutschland. Jahrzehntelang kämpfte er couragiert gegen den Sportbetrug. Nun ist der Heidelberger gestorben.
Unerschrocken und scharfzüngig wie kein anderer hat Werner Franke jahrzehntelang gegen Doping gekämpft. Der Heidelberger Zellbiologe war ein kompromissloser Aufklärer des Sportbetruges in der ehemaligen DDR und – nach dem Mauerfall – im vereinten Deutschland. Nicht alles, was er anprangerte, wurde geglaubt. Dabei wurde das meiste von dem, was er sagte, von der Wirklichkeit noch übertroffen. Am Montagabend ist der Anti-Doping-Pionier im Alter von 82 Jahren an einer Hirnblutung gestorben. Das bestätigte Frankes Sohn Ulrich der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag.
"Ich bin ein Getriebener und werde es immer bleiben", nannte er einst den Grund für seinen unerbittlichen Aufklärungsdrang und seine unermüdliche Angriffslust. "Ich bin ganz klar Aufklärer für die Öffentlichkeit und ein Feind der Missbraucher."
Der weltweit bekannte Wissenschaftler und Forscher bot mehr als sein halbes Leben lang mit großem Sachverstand den Dopern die Stirn. Bis zum Lebensende hatte er nichts von seiner Haudrauf-Mentalität verloren. "Ich verachte nach wie vor den deutschen Sport", sagte der gebürtige Paderborner anlässlich seines 80. Geburtstages.
Vielbeachtete Publikation von Doping-Dokumenten
Franke deckte mit seiner Frau Brigitte Berendonk das systematische Staatsdoping in der DDR auf. Nach dem Mauerfall fand er mit ihr in der Militärmedizinischen Akademie Bad Saarow geheime Unterlagen. Das daraus entstandene und 1991 veröffentlichte Buch "Doping-Dokumente – Von der Forschung zum Betrug" sorgte weltweit für Aufsehen.
Auch als Reaktion auf das Buch, in dem viele in das DDR-Doping verstrickte Athleten, Trainer und Funktionäre mit Namen, Dosierungen und Anweisungen genannt werden, führte Franke rund 100 Prozesse. "Alle wurden im Wesentlichen gewonnen. Und man konnte damit Dinge öffentlich machen", betonte er unermüdlich. Für ihn war aber auch klar: "Es gab auch im Westen ein System."
So prangerte Franke die Doping-Unterstützung von Radsportlern durch die Freiburger Sportmedizin an und wurde von Jan Ullrich verklagt. Er hatte behauptet, dass das einstige Rad-Idol gegen Geld verbotene Dienste beim spanischen Arzt Eufemiano Fuentes in Anspruch genommen habe. Nach vier Jahren gewann Franke den Prozess.
Lautstark, profund, "proletarisch direkt"
Lautstark meldete er sich weiter zu Wort – auch mit Kritik gegen lange Weggefährten vom Verein Doping-Opfer-Hilfe, deren Mitbegründer er war. Franke warf ihnen vor, Opferzahlen nach oben zu treiben und unwissenschaftlich vorzugehen. Außerdem fand er Doping-Kontrollen eher unsinnig – oder wie er es ausdrückte: "Pillepalle". Sei es die Welt-Anti-Doping-Agentur oder die nationale Agentur, für ihn waren sie nicht unabhängig genug.
Dass die Einnahme von zu DDR-Zeiten und auch später verbotenen Mitteln wie Anabolika in den 2000er-Jahren geringer wurde, schrieb Franke auch sich und seinem Widerstand gegen die Betrüger auf die Fahne: "Die körperverletzenden Mittel sind weniger geworden."
Insofern sei das Dopen schonender, "so dass es keine bizarren Wesen" mehr gebe, auf die ihn Brigitte Berendonk nach ihrer Teilnahme an den Olympischen Spielen 1968 aufmerksam gemacht hatte. Nachdem ihr die tiefen Stimmen und der ungewöhnliche Haarwuchs von Sportlerinnen aufgefallen war, hatte sie ihren Mann gefragt: "Und was macht die Wissenschaft dagegen?"
Die Doper haben ihn gehasst, Funktionäre mussten ihn fürchten – doch in der Anti-Doping-Szene wurde sein profundes Wissen geschätzt. "Leiser bin ich nicht geworden. Es hat keinen Zweck, man muss proletarisch direkt reden, um gehört zu werden." Das war Frankes Credo bis ins hohe Alter. Hinter der kräftigen Rhetorik steckte zudem ein brillanter Verstand, dem nicht viele etwas entgegenzusetzen hatten. "Ich blicke mehr durch, das ist nicht unbedingt weiser", resümierte Franke einmal seinen langen Kampf gegen Doping. Der hat nun ein Ende gefunden.