| Braunschweig 2020

DM Tag 2 | Männer: Johannes Vetter packt noch einen drauf

Am zweiten Tag der Deutschen Meisterschaften in Braunschweig zeigten die DLV-Athleten in mehreren Wettbewerben Weltklasse-Leistungen. Allen voran Speerwerfer Johannes Vetter, der seine Jahresbestleistung weiter steigern konnte. Im Stabhochsprung schwang sich Bo Kanda Lita Baehre in neue Höhen, im Hochsprung platzte der Knoten bei Europameister Mateusz Przybylko.
Silke Bernhart

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Er war nicht ohne Wehwehchen geblieben und ist spät in die ohnehin späte Saison eingestiegen. Jetzt aber ist Johannes Vetter (LG Offenburg) voll da! Auf 86,94 Meter in Kuortane (Finnland) ließ der WM-Dritte im Speerwurf bei den Deutschen Meisterschaften 87,36 Meter folgen – weiter kam in diesem so besonderen Corona-Sommer weltweit bisher kein Speerwerfer (zum Video).

"Der rutschige Belag hat heute weitere Würfe gekostet", erklärte Johannes Vetter. "Trotzdem 87 Meter zu werfen, war unter diesen Bedingungen spitze. Mir ging es darum, abzuliefern und Weite zu zeigen. Das habe ich mit den 87 Metern und einer soliden Serie geschafft. Man hat gesehen, dass ich noch mehr drauf habe. Ich hoffe auf die kommenden Wettkämpfe."

Für Andreas Hofmann (MTG Mannheim) riss damit eine Titelserie. Er war angetreten, um für den Hattrick zu kämpfen – doch der Start stand unter denkbar ungünstigen Vorzeichen, denn dem Vize-Europameister hatte erst die Absage der Olympischen Spiele mental zugesetzt, und dann war er im Training umgeknickt. Erst kurz vor der DM gab’s Grünes Licht für den Start, weiter als bis auf 77,35 Meter flog der Speer nicht. Das war Silber wert, vor Maurice Voigt (LG Ohra Energie; 70,84 m).

Bo Kanda Lita Baehre siegt mit Bestleistung

Zum Teamwork wurde in der 200-Meter-Kurve der Stabhochsprung: Athleten und Trainer sorgten im weitestgehend leeren Eintracht-Stadion selbst mit rhythmischem Klatschen für Stimmung. Zunächst galt die dem Leverkusener Karsten Dilla, der sein letztes DM-Finale bestritt und mit 5,30 Metern Fünfter wurde. Titelverteidiger Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken) dürfte die Unterstützung bei seiner Einstiegshöhe zusätzlich zum Adrenalin eine extra Portion Motivation verschafft haben – er schwang sich im dritten Versuch über 5,40 Meter.

Schlussendlich sollte das aber nicht zur Titelverteidigung, sondern nur für Bronze reichen, denn nach 5,50 Metern war für den einstigen Weltmeister Endstation, ebenso wie für Torben Blech (TSV Bayer 04 Leverkusen), der aufgrund der geringeren Anzahl an Fehlversuchen Silber gewann. Einer legte da erst richtig los: Bo Kanda Lita Baehre. Der junge Leverkusener bewahrte bis 5,60 Meter eine weiße Weste und steigerte dann seine Bestleistung auf 5,75 Meter. Damit holte der 21-Jährige bereits seinen dritten deutschen Meistertitel (zum Video).

2,28 Meter für Mateusz Przybylko

Dass man die entscheidenden Zentimeter auch ohne Publikum herauskitzeln kann, stellte sich auch im Hochsprung heraus: Mateusz Przybylko (TSV Bayer 04 Leverkusen) stand bereits als Sieger fest, als er bei 2,28 Metern Anlauf nahm – eine Höhe, die der Europameister in diesem Jahr noch nicht überwunden hat. In Braunschweig aber flog er drüber und konnte einen Wettkampf endlich wieder mit einem Lächeln beenden (zum Video).

Der Weitsprung wurde zum erwarteten Duell zwischen Julian Howard (LG Region Karlsruhe) und Maximilian Entholzner (LAC Passau). Der Deutsche Meister von 2017 aus Karlsruhe legte in Runde eins mit 7,70 Metern vor. Bei schwierigen Windbedingungen mit viel Wind von vorn tat sich Entholzner lange schwer und lag bis Runde fünf nicht einmal in den Medaillenrängen. Dann hob er ab und segelte bis auf 7,96 Meter – Bestleistung eingestellt und Traum vom ersten Freiluft-Titel erfüllt (zum Video)!

Auch der Deutsche Jugendmeister des Vorjahres Bennet Vinken (Hamburger SV) hatte sich das Beste bis zum Schluss aufgehoben und schob sich mit 7,57 Metern im sechsten Versuch noch auf den Bronzerang. Zehnkämpfer Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied) beendete seinen DM-Dreikampf mit 7,48 Metern und Platz fünf, er war am Vortag schon über 400 Meter und die Kurzhürden im Einsatz.

Marc Reuther ist wieder da

Erster Auftritt des Sommers, zweites DM-Gold im Freien der Karriere! So lautete die Wochenend-Bilanz von Marc Reuther (LG Eintracht Frankfurt). Der 800-Meter-Läufer hielt sich aus dem Gerangel raus, kontrollierte eine Runde das Feld und schalte dann noch einen Gang hoch. In 1:46,97 Minuten meldete er sich auf der Bahn zurück (zum Video).

Spannend wurde es hinter ihm: Seite an Seite spurteten Christoph Kessler (LG Region Karlsruhe; 1:47,44 min) und Dennis Biederbick (LG Eintracht Frankfurt; 1:47,51 min) die Zielgerade entlang, mal lag der eine vorn, mal knapp der andere. Im Ziel konnte sich Kessler nach einer langen Verletzungsmisere über Silber freuen.

Seine erste DM-Goldmedaille bei den Männern holte sich über 1.500 Meter Marius Probst (TV Wattenscheid 01) – und das souverän. Auf der Zielgeraden hatte sich der einstige U23-Europameister 30 Meter Vorsprung herausgearbeitet und konnte so locker mit einem Blick über die Schulter das Feld hinter sich kontrollieren. Spannend wurde es da, als er nach 3:52,47 Minuten schon im Ziel jubelte: Hinter dem sicheren Zweiten Lukas Abele (SSC Hanau-Rodenbach; 3:53,55 min) fing Marvin Heinrich (LG Eintracht Frankfurt; 3:54,14 min) kurz vor der Ziellinie noch Marc Tortell (Athletics Team Karben; 3:54,27 min) ab (zum Video).

Marvin Schlegel schnell wie nie

Das Männer-Rennen über 400 Meter wurde schnell (zum Video). Der Jahresbeste Marvin Schlegel (LAC Erdgas Chemnitz) hängte sich an die Fersen des vor ihm laufenden Titelverteidigers Manuel Sanders (LG Olympia Dortmund) und konnte sich auf der Zielgeraden den entscheidenden Vorsprung erarbeiten. In Bestzeit von 45,79 Sekunden holte er seinen ersten Freiluft-Titel vor Sanders (46,00 sec) und Patrick Schneider (LAC Quelle Fürth; 46,11 sec).

Die 3.000 Meter Hindernis wurden zur Demonstration der Stärke von Karl Bebendorf (Dresdner SC 1898). Erst hielt er sich in Tuchfühlung zu seinen stärksten Kontrahenten Tim Stegemann (8:48,10 min) und Martin Grau (LAC Erfurt; 8:51,09 min) auf, dann übernahm er 500 Meter vor dem Ziel die Führung und zog auf der letzten Runde auf und davon. Seiner Aufforderung zum Applaus auf der Zielgerade kamen die wenigen Anwesenden gerne nach, in 8:42,42 Minuten war der zweite deutsche Meistertitel perfekt (zum Video).

Neunte Goldmedaille für David Storl

Gar die neunte DM-Goldmedaille gab es im Kugelstoßen für David Storl (SC DHfK Leipzig; 20,17 m), der sich damit seinen Titel von Simon Bayer (VfL Sindelfingen) zurückholte (zum Video). Dieser konnte im sechsten Versuch noch einen Angriff von Dennis Lukas (LG Idar-Oberstein; 19,15 m) kontern und sich mit 19,31 Metern die Silbermedaille sichern.

Die 400 Meter Hürden waren fest in der Hand des VfL Sindelfingen: Nach dem Frauen-Sieg von Carolina Krafzik wurde bei den Männern Constantin Preis (49,57 sec) seiner Favoritenrolle gerecht. Aber er wurde bis aufs Äußerste gefordert, denn auf den ersten 300 Metern legte Joshua Abuaku (LG Eintracht Frankfurt; 50,50 sec) ein Höllentempo vor. Erst auf den letzten Metern gingen ihm die Kräfte aus und der Sindelfinger konnte seine Stärke auf den letzten Metern ausspielen. Auch Emil Agyekum (SCC Berlin; 49,78 sec) war drangeblieben und zog noch an Abuaku vorbei – mit deutlichem Vorsprung waren die DM-Medaillen vergeben (zum Video).

Das letzte Wort hatten am Sonntagabend wie so oft die 200-Meter-Sprinter, für die der letzte Startschuss des Wochenendes fiel. Es kam zum erwarteten Duell zwischen Robin Erewa (TV Wattenscheid 01) und Steven Müller (LG ovag Friedberg-Fauerbach), die im Vorlauf in 20,71 Sekunden noch dieselbe Zeit erzielt hatten. Im Finale wurden 20,79 Sekunden für den Sieger gestoppt – und der heißt Steven Müller, Titel verteidigt! Robin Erewa (20,86 sec) blieb Silber, Bronze rettete Roger Gurski (LG Rhein-Wied; 20,91 sec) über die Ziellinie (zum Video).

DM 2020 Braunschweig

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