Die Verschiebung der Olympischen Spiele in Tokio auf 2021 stellt auch die Bundeswehr als Spitzensportförderer vor Herausforderungen. Rund 50 ältere Sportsoldaten, die aufhören wollten, machen nun bis nächstes Jahr weiter – aber Talente hoffen auf Sportsoldaten-Stellen.
Auch der Bundeswehr bereitet die Verlegung der Olympischen Spiele in Tokio auf 2021 einiges Kopfzerbrechen. "Eine Herausforderung ist, für die lebensälteren Topsportler, die nach den Olympischen Spielen 2020 ihre Karrieren beenden wollten, Regelungen zu finden, um ein Jahr zu verlängern", erklärte Andreas Hahn, Referatsleiter Spitzensport im Kommando Streitkräftebasis in Bonn. "Es betrifft etwa 40 bis 50 Athleten." Diese und die anderen Sportsoldaten könnten sich aber auf die "ungebrochene Unterstützung" der Bundeswehr in der Corona-Krise verlassen.
Deshalb würden junge Sportlerinnen und Sportler aus dem Olympia-Perspektivkader mit Aussicht auf die Sommerspiele 2024 in Paris (Frankreich), die für Förderstellen in Betracht kämen, nicht vernachlässigt und außen vor gelassen. "Da müssen wir für die Sportsoldatenstellen sportaffine, vernünftige Lösungen finden, die allen Ansprüchen gerecht werden", sagte Hahn. Er versicherte den Talenten: "Da werden wir flexibel reagieren, vielleicht zeitweise die Obergrenze überschreiten. Athleten, die im Perspektivkader für 2024 sind, werden wir auch aufnehmen." Nachdem die Förderplätze für den Spitzensport um 106 Stellen erhöht wurden, gilt seit 1. April die Obergrenze von 850 Sportsoldaten.
DOSB: Spiele 2021 haben Vorrang
"Wir sind uns einig, dass die Olympischen Spiele 2021 in Tokio Vorrang haben", sagte Dirk Schimmelpfennig, Leistungssportchef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). "Diese Verschiebung hat natürlich Konsequenzen." Man sei aber in guten Gesprächen und werde sicher gemeinsam gute Lösungen finden.
Dies bestätigte auch DLV-Chef-Bundestrainer U23/U20 Dietmar Chounard, der die Koordination der Sportförderung von Leichtathleten bei Bundespolizei, Bundeswehr und Deutscher Sporthilfe verantwortet. "Kein Tokio-Aspirant wird von einem vorzeitigen Dienstende betroffen sein", versicherte er. Er stehe in konstruktivem Austausch sowohl mit dem DOSB als auch mit dem Kommando Streitkräftebasis. Zum einen gehe es darum, ein höchstes Maß an Sicherheit und Absicherung der Athleten in Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Tokio zu gewährleisten. Zum anderen werde die Besetzung neuer Förderstellen für Olympia-Kandidaten mit Perspektive Paris 2024 vorangetrieben.
Corona-Einsätze bisher ohne Sportsoldaten
Bei Einsätzen der Bundeswehr im Zuge der Amtshilfe während der Corona-Krise sind Sportsoldaten bisher nicht dabei gewesen: "Das Training ist aktuell weiterhin der Auftrag. Bisher sind unsere Spitzensportler nicht vorgesehen", berichtete Hahn. "Ich will es grundsätzlich nicht ausschließen, aber ich gehe nicht davon aus."
Nur bei "extremer Lageverschärfung" könne eine Hinzuziehung von Personal aus der Spitzensportförderung nicht ausgeschlossen werden. Hahn: "Die Bundeswehr hat gesundheitliche Verantwortung gegenüber den Sportsoldatinnen und Sportsoldaten." Ein plötzliches Aussetzen der Trainingseinheiten gelte es, grundsätzlich zu vermeiden.
Knick in der Erfolgskurve?
Die Sportsoldaten könnten womöglich bei den Tokio-Spielen 2021 als Folge der Corona-Krise nicht so erfolgreich sein, wie bisher. "Die Ergebnisse muss man unter den Rahmenbedingungen bewerten", sagte Hahn. "Grundsätzlich erfüllt die Bundeswehr einen parlamentarischen Auftrag."
Und den haben die Sportsoldaten seit 1964 mit insgesamt 304 olympischen Medaillen, an denen sie beteiligt waren, erfolgreich erfüllt. Seit 1992 waren Spitzenathleten der Bundeswehr bei Sommer- und Winterspielen an rund 44 Prozent der errungenen Medaillen beteiligt. Zuletzt in Rio 2016 holten die 127 Sportsoldaten im 400 Athleten großen Olympia-Team 19 der 42 gewonnenen Medaillen.