Speerwerferin Lea Wipper überzeugte in diesem Sommer mit starken Würfen in Serie. Ihre beste Weite steht aktuell bei 57,03 Metern. Als große U20-Favoritin bei der Jugend-DM in Heilbronn bleibt sie dennoch bescheiden und will sich langsam an die 60-Meter-Marke herantasten.
Ein neuer Wettkampf, eine neue Bestleistung – diese Rechnung ist bei Lea Wipper (SC DHfK Leipzig) in diesem Sommer beinahe ausnahmslos aufgegangen. Es scheint, die 18-Jährige habe jede ihr in der Corona-Zeit gegebene Möglichkeit genutzt, den Speer noch ein bisschen weiter fliegen zu lassen. Mit starken 55 Metern überraschte sie zum Saisoneinstieg im Juni, ließ zwei Wochen später 56,50 Meter folgen und verbesserte sich Ende August bei den 17. Thumer Werfertagen nochmals um 53 Zentimeter.
Es sind Weiten, die auch international nur wenige U20-Athletinnen anbieten können. Bei den Deutschen Jugend-Meisterschaften in Heilbronn (4. bis 6. September) tritt Lea Wipper mit ihren 57,03 Metern als klare Favoritin an. Während die Konkurrenz um Emely Grenzer (1. LAV Rostock) und Lilly Urban (LG Eintracht Frankfurt) bemüht sein dürfte, die 50 Meter-Marke zu knacken, kann sich die Leipzigerin weiter in Dimensionen in Richtung der 60 Meter heranarbeiten. „Als Favoritin hoffe ich, dass es gut läuft und ich der Rolle gerecht werden kann. Aber deswegen setzte ich mich nicht unter Druck“, sagt sie.
Mit der gleichen Lockerheit ist sie auch durch die diesjährige Late Season gegangen. Und das als Fünfte in der DLV-Bestenliste der Frauen überaus erfolgreich. Doch was steckt noch hinter diesem enormen Leistungssprung? „Ich konnte über den Winter richtig gut trainieren. Wir haben viel an meiner Technik gefeilt und vor allem im Krafttraining gut gearbeitet“, erklärt die Achte der Olympischen Jugendspiele 2018 und Vierte der U18-EM 2018. Wir – damit eingeschlossen sind ihr Trainer Ralf Wollbrück und ihre siebenköpfige Trainingsgruppe in Magdeburg.
Training hat diesen Sommer gefruchtet
Seit 2018 trainiert die ehemalige Siebenkämpferin, die im Speerwurf am besten punkten konnte und sich diesem schließlich ganz verschrieb, unter Wollbrück. Und sagt: „Im ersten Jahr mussten wir erst einmal zusammenfinden. Doch jetzt fruchtet das Training.“
Wenngleich sie auf die erfolgreiche Zusammenarbeit zu Beginn der Corona-Pandemie verzichten musste. „Das war erst einmal ein Rückschlag, aber wir wohnen auf dem Land und haben einen großen Garten, in dem ich viel mit meiner kleinen Schwester trainiert habe“, erzählt die 1,79 Meter große Athletin. Zugute kamen ihr zuletzt auch die Sommerferien: „Ich hatte sechs Wochen keine Schule und konnte mich komplett auf das Training fokussieren“. In dieser Woche begann für sie mit der 13. Klasse das letzte Schuljahr.
Schon im Februar hatte Lea Wipper nach ihrem Sieg bei den Deutschen Winterwurf-Meisterschaften der U20 mit 51,41 Metern ihr Ziel für den Sommer darin formuliert, diese Weiter erneut abzurufen und sich für die U20-Weltmeisterschaften in Nairobi (Kenia) zu qualifizieren. „Als diese wegen Corona abgesagt wurden, war ich anfangs schon traurig“, gibt sie zu. Doch von ihrem Weg abbringen ließ sie sich deswegen nicht. „Ich wusste, dass ich gut in Form bin, und habe mir einfach gesagt, dass ich das Beste draus mache“, erzählt sie mit einem Lächeln auf den Lippen. Was ihr nicht zuletzt mit einem dritten Platz bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig gelungen ist.
Ehrfurcht vor der Europameisterin
Genau dieses Lächeln gehört zu Lea Wipper wie ihre Lockerheit und die weiten Würfe mit ihrem 600 Gramm schweren Speer. Wenn sie etwa gemeinsam mit der Europameisterin und WM-Vierten Christin Hussong (LAZ Zweibrücken) einen Wettkampf bestreitet, ist es ihr anzusehen, dass sie in ihren jungen Jahren solche Momente genießt. „Natürlich bin ich da auch ehrfürchtig und schaue zu ihr hoch. Aber es pusht dich ungemein, gegen Athleten wie Christin anzutreten“, sagt sie. Und wenn sie am Ende neben Hussong auf dem Treppchen steht, wirkt ihr Strahlen erfrischend ehrlich.
Im Übrigen war es die Europameisterin selbst, die in Jugendjahren als einzige deutsche Speerwerferin der vergangenen zehn Jahre die 58-Meter-Marke überbieten konnte. Sie hat mit ihrem EM-Titel von 2018 die Erfolgsserie deutscher Speerwerferinnen fortgesetzt, in der sich in jüngerer Vergangenheit auch die drei Weltmeisterinnen Steffi Nerius, Christina Obergföll und Katharina Molitor wiederfinden. Lea Wipper tritt also in große Fußstapfen, wenn sie ihr Wurfgerät jetzt ebenfalls in Richtung der 60 Meter-Marke segeln lässt.
Doch anstatt in Größenwahn zu verfallen, setzt sich Wipper etwa für die bevorstehende U20-DM zum Ziel, an die 55 Meter zu werfen. Und erklärt: „Meist bin ich bei einem Wurfmeeting besser als bei einer Meisterschaft. Ich finde es auch cool, wenn dann laute Musik gespielt wird, das pusht mich im Wettkampf total. Beim Sport brauche ich immer Musik“. Auf die Ohren kommt dann alles Mögliche, „meist das, was so in den aktuellen Charts läuft“, sagt Wipper. Und vielleicht klappt es mit dem richtigen Sound auch schon bald mit den 60 Metern. „Das wäre super, aber ich habe auch noch ein bisschen Zeit, daran zu feilen. 60 Meter sind noch einmal eine ganz andere Marke.“
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