Der 39. NLV-Verbandstag in Hannover hat sich am Wochenende einen Platz in der Geschichte des Leichtathletikverbandes gesichert. Rita Girschikofsky, 1994 als erste Frau in das Amt der Präsidentin gewählt, trat nach der Rekordamtszeit von 24 Jahren nicht wieder zur Wahl an. Ihren Nachfolger hatte sich die ehemalige Mittelstrecklerin mit dem ehemaligen niedersächsischen Innen- und Sportminister Uwe Schünemann aus Holzminden auch selbst ausgesucht.
Der „letzter Arbeitstag“ von Rita Girschikofsky für den Niedersächsischen Leichtathletik-Verband (NLV) geriet zu einem Riesen-Event. Großer Bahnhof für eine außergewöhnliche Frau, die von nun an den Titel „NLV-Ehrenpräsidentin“ trägt. Noch einmal stand die 73-jährige Hannoveranerin im Mittelpunkt. Viel Prominenz war in das Haus des Sports gereist um sie zu ehren, zu würdigen und ihr den Abschied zu versüßen. Unter den Gästen: DLV-Ehrenpräsident Theo Rous, der aktuelle DLV-Präsident Jürgen Kessing, LSB-Präsident Professor Wolf-Rüdiger Umbach, zahlreiche Kollegen und Kolleginnen aus den anderen Landesverbänden, Politiker und viele Wegbegleiter.
Rita Girschikofsky hinterlässt ihrem Nachfolger ein bestens bestelltes Feld. Die finanzielle Lage des Verbandes ist konsolidiert und solide, die Zahl der Trainer und Trainerinnen wurde verachtfacht, das Erika-Fisch-Stadion in Hannover auf ihre Initiative hin saniert und modernisiert, 2012 sorgte sie mit der erstmals gemeinsam mit Behinderten und Nichtbehinderten ausgerichteten Landesmeisterschaft bundesweit für Aufsehen, holte neben vielen Deutschen Meisterschaften 2010 die Team-Europameisterschaft nach Niedersachsen, setzte Akzente im Breiten- und Gesundheitssport und war stets offen gegenüber neuen Veranstaltungsformen und „Trendsportarten“.
Die dreifache Mutter und vierfache Großmutter kam von der Basis, war Sportlerin, Übungsleiterin und Trainerin, bevor sie in das Fach „Funktionärin“ wechselte. Schnell wurde sie bekannt für ihre „deutliche Sprache“, die vor nichts und niemandem haltmachte. Und treffend daher auch die Zitate, mit denen der LSB-Präsident und der DLV-Präsident sie charakterisierten, wie etwa „ungeeignet für den diplomatischen Dienst“, oder „sie ist nicht nachtragend, aber sie vergisst auch nichts“.
Vertrauensvorschuss für Uwe Schünemann
So nahm Rita Girschikofsky auch in ihrer Abschiedsrede kein Blatt vor den Mund. Kritisierte den neuen Qualifikationsmodus für internationale Veranstaltungen, der der Korruption Tür und Tor öffne und den Wert von Landestitelkämpfen mindere, forderte von Wirtschaft und Verwaltung mehr Arbeitsplätze für Sportler und verlangte von der Politik, Sportplätze nicht zu Bauland zu machen.
Ihr Nachfolger Uwe Schünemann (54) ist als ehemaliger Sportminister nicht nur „sportaffin“, sondern vor allem auch über seine Familie (verheiratet, eine Tochter, ein Sohn) der Leichtathletik eng verbunden. Das Mitglied des niedersächsischen Landtages ist sich der großen Fußstapfen, in die er nun tritt, bewusst. Die Delegierten des Verbandstages statteten ihn aber mit einem großen Vertrauensvorschuss aus und wählten ihn fast einstimmig zum neuen NLV-Präsidenten.
Uwe Schünemann will als erstes Projekte anschieben, um wieder mehr Kinder an die Leichtathletik heranzuführen, will die Stellung der Vereine stärken und Kommunikation und Marketing im Verband optimieren. Und das mit einem stark verjüngten Team: Thomas Behling (Finanzen), Bernd Rebischke (Bildung), Petra Möhle (Wettkampforganisation), Prof. Dr. Rainer Cherkeh (Recht), Andreas Ull (Breitensport und Sportentwicklung), Christoph Stolz (Leistungssport), Antonia Wellmann (Kommunikation und Marketing), Steffen Brümmer (Jugend).