| DM Berlin 2019

Lisa-Marie Kwayie: DM-Heimspiel mit zwei WM-Normen

Vor heimischer Kulisse läuft es sich einfach am schnellsten: In ihrem "Wohnzimmer" drehte Lisa-Marie Kwayie am Meisterschafts-Wochenende ordentlich auf. Mit persönlichen Bestzeiten über 100 und 200 Meter holte die 22-Jährige eine Silbermedaille und hakte nebenbei zwei WM-Normen für Doha ab.
Sandra Arm

Das 200-Meter-Resultat am Finaltag der Deutschen Meisterschaften setzte bei Lisa-Marie Kwayie (Neuköllner SF) zusätzliche Kräfte frei. Als am Sonntag nach ihrem Zeileinlauf eine Zeit von 22,88 Sekunden auf der Anzeige aufleuchtete, gab es für die junge Sprinterin kein Halten mehr. Wie ein Flummi sprang sie über die blaue Bahn des Olympiastadions und war nicht mehr aufzuhalten. "Die Freudensprünge gingen nach dem Rennen ganz easy. Das war einfach pure Freude und Erleichterung. Ich habe den Moment einfach nur genossen", blickt sie auf den emotionalen Moment im Ziel zurück.

Ihr zweiter Platz hinter der Sprint-Königin von Berlin Tatjana Pinto (LC Paderborn) war mehr wert als Silber. Lisa-Marie Kwayie stürmte zu einer neuen Bestzeit und blieb deutlich unter dem Richtwert für die Weltmeisterschaften in Doha (Katar; 27. September bis 6. Oktober). Diese beiden Normen hatte vor ihr nur Tatjana Pinto unterboten.

"Mit der Zeit sollte der WM-Startplatz eigentlich eingetütet sein. Ich habe gezeigt, dass ich Lust habe und dass ich es kann. Ich denke, es sieht schon gut aus." Eine weitere WM-Option wäre die Staffel. "Die habe ich auch noch auf dem Schirm. Ich möchte meinen Platz gern verteidigen und mit den Mädels in Doha auf der Bahn stehen."

Auch über 100 Meter schnell wie nie

Am Finaltag durchlebte die junge Top-Sprinterin so ein kleines Déjà-vu, denn schon am Vortag hatten die Sprinterinnen das Berliner Publikum begeistert. Neben Tatjana Pinto eben auch Lisa-Marie Kwayie, die mit zwei schnellen Rennen über 100 Meter gleich zweimal ihre Bestzeit zunächst auf 11,27 Sekunden (Halbfinale) auf dann auf 11,22 Sekunden (Finale) verbesserte. Mit ihrer Endlauf-Zeit ist sie nunmehr die fünfte DLV-Athletin mit WM-Norm auf der kurzen Sprintstrecke, sie bescherten ihr den vierten Platz.

Als Deutsche Meisterin mit erfüllter Norm ist Tatjana Pinto für die WM gesetzt. Die zweite Anwärterin auf ein WM-Ticket dürfte Vize-Europameisterin Gina Lückenkemper (SSC Berlin) sein. Und das dritte? Das ist derweil hart umkämpft.

Weitspringerin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) hat sich mit einer Top-Zeit im DM-Finale in eine gute Ausgangsposition gebracht, Laura Müller (LC Rehlingen) war im Vorfeld schon 11,15 Sekunden gesprintet. Neu im Rennen um die WM-Tickets ist Lisa-Marie Kwayie – die nun abwarten muss. "Man muss einfach sagen, Malaika ist super stark", verweist sie auf eine der starken Konkurrentinnen, die DM-Bronze holte. Hauchdünn verpasste Lisa-Marie Kwayie das Podest, eine Hundertstel fehlte.

Mit neuer Energie zurück zu den 200 Metern

Am Samstag nach dem 100-Meter-Finale haderte die junge Berlinerin noch mit dem knappen Ausgang des Wettbewerbs. "Optimal waren beide Rennen über 100 Meter nicht. Im Vorlauf habe ich den Start ein bisschen verpennt, obwohl er gerade noch so ging. Im Finale muss ich hintenraus meine Position einfach halten und bis zur Linie nicht rausfallen, egal was links und rechts ist. Ich habe noch lange nicht mein Maximum erreicht. Das kommt von Lauf zu Lauf und von Jahr zu Jahr", blickte sie da selbstkritisch zurück.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Lisa-Marie Kwayie jedoch noch ein weiteres Eisen im Feuer: Auch die 200 Meter stehen in diesem WM-Sommer wieder auf ihrem Programm. Zuletzt war sie 2017 auf dieser Distanz unterwegs gewesen und hatte damals Bronze bei der U23-DM gewonnen. Vorangegangen war jedoch im 200 Meter-Finale der Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig ein Verletzungs-Aus mit der Diagnose: Muskelfaserriss. In dieser Saison sind Kraft und Energie wieder zurück, um auch die 200 Meter wieder fest ins Wettkampfprogramm aufzunehmen.

Form stimmt, Gesundheit passt

Auf dieser Strecke läuft es momentan richtig gut: Bei der Studenten-WM steigerte sich Kwayie auf 23,11 Sekunden und holte ebenso Bronze wie über 100 Meter. Das Ziel für ihren DM-Start war klar: "Ich wollte die WM-Norm angreifen. Ich wusste, dafür muss ich an Tatjana (Pinto) dranbleiben." Der Plan ging auf – die Fersen der schnellsten deutschen Sprinterin hatte sie stets im Blick. Und blieb im Ziel erstmals unter der 23-Sekunden-Marke sowie der WM-Norm.

"Ich wusste, ich bin in einer guten Verfassung und hatte richtig Bock. Alles andere lief von allein. Den Rest hat das Publikum ausgemacht." Es läuft einfach bei der Neuköllnerin, die sich in diesem und im vergangenen Jahr stetig steigern konnte und dies wie folgt begründet: "Es stimmt die Form, und ich bin gesund. Das ist immer das Wichtigste."

Ausgereizt waren die 200 Meter aber noch lange nicht. "Das Rennen war keinesfalls perfekt" befindet Lisa-Marie Kwayie. "Aber dieses Jahr gibt mir erstmal die nötige Sicherheit: Ich kann die 100 und 200 Meter laufen und auch schnell. Alles andere wird dann mit den Jahren perfektioniert. Wenn man sich Tatjana anschaut, dann weiß man, dass man noch schneller laufen kann." Vielleicht ja schon in Kürze im Rahmen des Diamond-League-Finals in Zürich (29. August) oder dem ISTAF in Berlin (1. September). Zuvor ist Kwayie noch mit der Sprint-Staffel bei der Team-EM in Bydgoszcz (Polen; 9. bis 11. August) gefordert.

Liebeserklärung an Berlin

Jetzt tankt Lisa-Marie Kwayie erstmal neue Energie. Als Belohnung für die Erfolge von Berlin gab es von ihrem Trainer Frank Paul ein paar Tage trainingsfrei. Danach will die 22-Jährige wieder neu angreifen. Stets im Kopf die Bilder der erfolgreichen DM-Tage in ihrem "Wohnzimmer", wo sie von mehr als 60.000 Zuschauern an beiden Tagen zu Bestzeiten getragen wurde.

Als Dank gibt es eine Liebeserklärung: "Das Berliner Publikum ist definitiv mein Lieblingspublikum. Es ist unglaublich schön, wie sie jeden Athleten anfeuern. Ich laufe hier ständig Bestzeiten. Ich bin hier Zuhause." Und Zuhause läuft es sich einfach am schnellsten.

Mehr:

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Video: <link video:21219>100-Meter-Finale

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