Diskuswerferin Kristin Pudenz (SC Potsdam) hat auch in diesem Jahr wieder weit geworfen – und wieder nicht weit genug. Erneut verpasste sie trotz erfüllter Norm den Saisonhöhepunkt. Dafür gab es Gold bei der Universiade in Taipeh (Taiwan) und neue Hoffnung im Kampf um die Tickets für die Heim-EM 2018 in Berlin.
Der Urlaub fiel für Diskuswerferin Kristin Pudenz (SC Potsdam) in diesem Jahr aus. Nach Abschluss der Saison ging es für die Sportsoldatin direkt weiter zur Grundausbildung der Bundeswehr; gleich danach startete dann schon wieder die Vorbereitung auf die kommende Saison. Immerhin: Nach ihrem Wettkampf bei der Universiade in Taipeh (Taiwan) verbrachte sie Ende August noch einige Tage mit dem deutschen Team, um zumindest die Stadt und ein paar andere Wettkämpfe bei den Weltsportspielen der Studenten anzuschauen.
Es war eine schöne Erfahrung für die 24-Jährige, für die sich die Reise nach Taiwan auch sportlich gelohnt hatte. Am zweiten Tag der Leichtathletik-Wettbewerbe gewann die Studentin der Universität Potsdam die erste Goldmedaille für die deutsche Mannschaft: Pudenz kam am besten mit den schwierigen Bedingungen im regennassen Ring zurecht und siegte mit 59,09 Metern vor Valarie Carolyn Allman (USA; 58,36 m) und Taryn Linley Gollshewsky (Australien; 58,11 m).
Für die Potsdamerin war dieser Titel mehr als nur ein Trostpflaster nach der erneut knapp verpassten WM-Qualifikation. „Die Universiade war von Anfang an als zweiter Saisonhöhepunkt gedacht“, sagt sie. Entsprechend positiv fällt auch ihr Saisonfazit aus: „Ich bin größtenteils zufrieden. Ich habe bei der Universiade Gold geholt und meine Bestleistung in diesem Sommer weiter verbessern können“, sagt sie.
Bestleistung gleich zum Saison-Auftakt
Beim WLV-Werfercup in Wiesbaden hatte Kristin Pudenz gleich zum Auftakt 62,89 Meter geworfen – 28 Zentimeter mehr als ihr bisheriger Hausrekord und gleichbedeutend mit der Norm für die Weltmeisterschaften in London (Großbritannien). Eine weitere Steigerung gelang ihr danach allerdings nicht mehr. Lediglich bei den Halleschen Werfertagen übertraf sie noch einmal die 60-Meter-Marke – 60,33 Meter lautete dort ihre Leistung. „Ich war in diesem Jahr einfach nicht konstant genug“, konstatiert sie.
Die 24-Jährige hatte zwar im Vergleich zum Vorjahr deutliche Fortschritte im athletischen Bereich gemacht, so dass sie im Ring schneller drehen konnte. Doch sie konnte diese Schnelligkeit nicht immer umsetzen, oft verpuffte der Effekt. „Daran muss ich weiter arbeiten“, sagt sie. „Technik, Technik, Technik“ – so lautet ihr Programm für die nächsten Monate. Bereits am vergangenen Freitag absolvierte sie mit ihrem Trainer Jörg Schulte die erste Wurfeinheit, deutlich früher als sonst.
Als die Disken nach Wiesbaden und Halle nicht mehr so weit flogen, habe sie zudem angefangen, an sich zu zweifeln. „Ich bin ein Kopfmensch, eine kleine Berufspessimistin“, sagt Pudenz, die deshalb schon seit längerem mit Tanja Damaske zusammenarbeitet, Psychologin in Diensten des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV). Plötzlich war die Lockerheit verschwunden, was sich auch technisch auswirkte. Pudenz war gehemmt, der letzte Kick beim Abwurf fehlte auf einmal.
Internationale Spitze und national doch nicht stark genug
Sie selbst glaubt, dass ihre Bachelorarbeit im Fach Soziale Arbeit („Möglichkeiten und Grenzen bei der Prävention und Resozialisierung von jugendlichen Straftätern“) sie letztlich doch mehr beschäftigt hat, als sie es vorher erwartet hätte. „Vielleicht war es im Nachhinein doch nicht der optimale Zeitpunkt, sie genau zwischen März und Juni zu schreiben“, so die Diskuswerferin.
So zerplatzte der Traum von einer Teilnahme am internationalen Saison-Höhepunkt ein weiteres Mal. Kristin Pudenz überbot zwar den geforderten Richtwert für die WM in London, doch andere waren noch stärker. So wie 2015 und 2016, als Pudenz die Norm für die WM in Peking (China) beziehungsweise die Europameisterschaften in Amsterdam (Niederlande) und die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro (Brasilien) erreicht hatte und dennoch aufgrund der starken nationalen Konkurrenz zuhause bleiben musste.
Sechs deutsche Athletinnen haben 2017 weiter als 62 Meter geworfen. Sechs deutsche Athletinnen zählten 2017 zu den Top 20 der Welt. Ein Niveau, das in dieser Breite international einzigartig ist. Doch in ein anderes Land auszuwandern, in dem die Konkurrenz weniger stark ist? Kommt für die Studenten-Weltmeisterin nicht in Frage. „Ich möchte die Konkurrenzsituation nicht missen“, sagt Kristin Pudenz. „Es ist ein Ansporn, ständig an sich zu arbeiten. Man kann sich nicht zurücklehnen. Und wenn man sich dann in Deutschland erst einmal durchgesetzt hat, dann hat man auch international gute Karten.“
Im EM-Jahr setzt sie voll auf den Sport
Es stört sie auch weniger die Tatsache, dass sie die WM verpasst hat. Vielmehr ärgert sie sich manchmal über die fehlende Anerkennung. „Ich habe die Norm geschafft, aber dafür interessiert sich keine Sau, bloß weil drei andere noch besser waren“, sagt sie. Dabei arbeitet die Potsdamerin genauso hart wie die weiteren deutschen Werferinnen für ihren großen Traum.
2018 will Kristin Pudenz dafür nun endlich einmal die Früchte ernten. Warum es dieses Mal klappt mit der Qualifikation für die Europameisterschaften in Berlin (7. bis 12. August)? „Weil ich mich nächstes Jahr ganz auf das Diskuswerfen konzentrieren kann.“ Nach Abschluss ihres Bachelorstudiums setzt Kristin Pudenz in Zukunft voll auf die Karte Sport.