10,12 Sekunden in Regensburg über 100 Meter, 20,44 Sekunden in Rehlingen über 200 Meter, jeweils erfüllte EM-Norm in den Einzeldisziplinen und zudem bereits mit der Staffel für die Europameisterschaften in Zürich (Schweiz; 12. bis 17. August) qualifiziert. Bisher läuft die Saison von Sprinter Julian Reus ausgezeichnet. Bis zum Saisonhöhepunkt sieht er weiteres Steigerungspotential und hofft auf den EM-Titel mit der Staffel.
Der Sprint hat beim Rehlinger Pfingstsportfest eine lange Tradition. Gerne erinnert man sich an die 90er Jahre, als sich Publikumsliebling Frankie Fredericks (Namibia) nach seinen Stadionrekorden im Bungertstadion umringt von Kinderscharen von den Zuschauern feiern ließ. Auch andere Superstars wie der frühere Olympiasieger und Weltrekordler Donovan Bailey (Kanada) oder Kim Collins (St. Kitts and Nevis) waren schon in Rehlingen zu Gast.
Viele Bilder davon sind noch bis zum 11. Juli in einer Ausstellung im Rathaus von Rehlingen-Siersburg zu sehen. In den vergangenen Jahren standen vor allem für die deutschen Topathleten aber oft andere Disziplinen im Mittelpunkt. Bis zu diesem Jahr, in dem der zweifache Deutsche Meister Julian Reus (TV Wattenscheid 01) für zwei starke Auftritte bejubelt wurde. Das freute auch Meetingdirektor Lutwin Jungmann: „Es ist schön, dass die Sprinter in Rehlingen vor allem über 200 Meter gute Zeiten erzielt haben.“
Zweitschnellste 200-Meter-Zeit der Karriere
Auf der längeren Sprintstrecke holte sich Julian Reus in starken 20,44 Sekunden den Sieg vor seinem Wattenscheider Teamkollegen Alexander Kosenkow (20,70 sec). Bisher war er nur bei seinem DM-Titel im vergangenen Jahr in 20,36 Sekunden schneller. Vorher hatte er in 10,31 Sekunden hinter Ramon Gittens (Barbados; 10,19 sec) bereits Platz zwei über 100 Meter belegt.
„Mit den Hundert bin ich nicht ganz so zufrieden. Aber ich habe sie dann halt zum Reinkommen für die 200 Meter genutzt. Die standen heute ganz klar im Fokus. Mit den 20,44 Sekunden bei den Bedingungen bin ich aber auf jeden Fall sehr, sehr zufrieden“, freute er sich.
Drei Wettkämpfe in fünf Tagen
Rehlingen war für Julian Reus Teil eines Wettkampfblocks. Bereits zwei Tage zuvor in Regensburg war er über 100 Meter und mit der DLV-Sprintstaffel am Start. „Und dann steht ja am Mittwoch auch noch Dessau auf dem Programm. Drei Wettkämpfe in fünf Tagen, das ist schon ganz ordentlich“, beschreibt er seine Wettkampfserie.
Mit seinen starken 10,12 Sekunden von Regensburg hat er sich früh in der Saison auch über 100 Meter seiner Bestzeit (10,08 sec) angenähert, die er im vergangenen Jahr kurz vor der WM in Moskau (Russland) erzielt hatte.
Optimale Vorbereitung in den USA
Die schnellen Zeiten zeigen: Formaufbau und Training stimmen. „Die Vorbereitung war sehr gut. Wir konnten alle Inhalte machen, die wir machen wollten, alles auf einem sehr hohen und stabilen Niveau“, blickt er zurück. „Wichtig war jetzt vor allem, nach den vielen Intensitäten und Trainingseinheiten in den USA die Form mit rüberzubringen nach Deutschland und noch ein bisschen auszubauen.“ Das scheint ihm sehr gut geglückt zu sein.
Insgesamt haben die deutschen Sprinter bedingt durch die erstmals ausgetragenen World Relays auf den Bahamas in diesem Jahr einen etwas anderen Aufbau gewählt. Ihren ersten kleinen Saisonhöhepunkt haben sie schon hinter sich, zum großen Höhepunkt aber, der EM in Zürich (Schweiz; 12. bis 17. August), will Julian Reus noch einmal Fahrt aufnehmen: „Ich denke, dass im Laufe der Saison noch die eine oder andere Topleistung kommen kann.“
"Noch einiges möglich"
Auf welchen der beiden Sprintstrecken er sich stärker einschätzt, darauf wollte sich Julian Reus nicht festlegen. „Das ist glaube ich relativ ausgeglichen. Zudem denke ich, dass ich bei beiden Disziplinen noch nicht am Ende bin. Wenn man über 200 Meter mal einen richtigen Toptag mit Topbedingungen erwischt, ist da noch einiges möglich.“
Und mit einer Topzeit steigen auch die Chancen, in die ganz großen Meetings zu kommen. „Wenn man sich anschaut, was auch die Europäer mittlerweile über 100 Meter machen, mit mehreren Athleten unter zehn Sekunden in diesem Jahr, und wenn dann auch ein Tyson Gay in Lausanne direkt wieder seinen Diamond-League-Startplatz bekommt, dann ist das natürlich schwer“, beschreibt der 26-Jährige die Problematik.
Tests gegen internationale Konkurrenz wichtig
Auch deshalb sind gut besetzte nationale Rennen wie in Rehlingen wichtig für den Wattenscheider: „Von den Meetings gibt es ja nicht mehr viele in Deutschland. Das waren früher mal deutlich mehr“, sagt er.
An Rehlingen gefällt Julian Reus zudem die Tradition. „Es ist jetzt das 50. Meeting hier. Das ist schon ordentlich, was da auf die Beine gestellt wird. Es herrscht immer eine familiäre Atmosphäre, die Betreuung der Athleten ist super, die Wünsche werden erfüllt", lautete sein Lob an den Veranstalter. Eigens für ihn wurden in diesem Jahr die 200 Meter ins Programm genommen.
Als wichtigen Test für die Europameisterschaften sieht er auch die Team-EM in Braunschweig (21./22. Juni) an. „Da läuft man ja auch gegen internationale Konkurrenz und die schnellsten Europäer“, ist er bereits voller Vorfreude.
Staffeltitel das große Ziel
Welche Strecken für ihn bei der EM in Zürich in Frage kommen, das ließ Julian Reus noch offen. Nachdem er bereits alle Normen erfüllt hat, bleibt sein primäres Ziel bis dahin, sich in allen drei Sprintdisziplinen gegen die nationale Konkurrenz durchzusetzen.
„Ob ich dann in allen drei Disziplinen starte, das entscheidet sich vermutlich erst kurz vorher. Da muss man den weiteren Saisonverlauf abwarten. Ich glaube, wenn ich dort eine Saisonbestleistung im Einzel laufen kann, dann bin ich im Einzel auch ganz gut dabei. Und mit der Staffel wollen wir Europameister werden“, beschreibt er seine Ziele. Das würde seine bisher starke Saison auch für ihn zu einer perfekten Saison machen.