Der große Disziplin-Check 2015 – Stabhochsprung Frauen

Das Leichtathletik-Jahr 2015 neigt sich dem Ende entgegen. Hinter Athleten, Trainern und Fans liegen Monate voller Höhepunkte mit internationalen Meisterschaften der U18, U20 und U23 sowie mit Hallen-EM und WM der Männer und Frauen. Die abschließenden leichtathletik.de-Analysen zeigen, wie sich die einzelnen Disziplingruppen 2015 präsentiert haben. Heute: Stabhochsprung Frauen.

2016 im Rückblick

Das Jahr der Stabhochspringerinnen war von Licht und Schatten gekennzeichnet. Lisa Ryzih (ABC Ludwigshafen) befand sich ein paar Wochen vor der WM in Peking (China) in Topform, zog sich dann aber eine Handverletzung in Folge eines Stabbruchs zu. Alles andere als optimal vorbereitet konnte die 27-Jährige so im „Vogelnest“ nicht in den Bereich ihrer Bestleistung springen. In einem Weltklasse-Feld blieb Rang zwölf. Martina Strutz (Schweriner SC) schaffte es als einzige DLV-Athletin in die Top Acht.

Auf einem guten Weg zurück fehlte Silke Spiegelburg nach ihrer Verletzungspause noch die Konstanz, um ins WM-Finale einzuziehen. Ihr Highlight war zweifelsohne der Sieg bei der Team-EM in Cheboksary (Russland) mit 4,75 Meter. Nach Fußoperation und ausgefallener Hallensaison eine starke Leistung.

Ihre Vereinskollegin Katharina Bauer, die im Sommer zum ersten Mal den Sprung über 4,65 Meter schaffte, erlebte bei der Hallen-EM in Prag (Tschechien) auch Höhen und Tiefen. Mit Bestleistung von 4,60 Meter zog sie ins Finale ein, wo sie einen Salto Nullo einstecken musste. Lisa Ryzih konnte im Endkampf verletzungsbedingt erst gar nicht antreten. Victoria von Eynatten (TSV Bayer 04 Leverkusen) wäre auch gerne nach Prag gefahren, doch ein Achillessehnenriss verhinderte dies und auch die Freiluftsaison.

Blick auf den Nachwuchs: Anjuli Knäsche (SG Kronshagen/Kieler TB) und Lilli Schnitzerling (TSV Bayer 04 Leverkusen) erreichten bei den U23-Europameisterschaften in Tallinn (Estland) mit einem geteilten siebten Rang (4,15 m) beide eine Top-Acht-Platzierung. Ähnliches gelang auch bei der U18-WM in Cali (Kolumbien). Stina Seidler (SV Werder Bremen) und Tamara Schaßberger (LG Neckar-Enz) schlossen den Wettkampf auf den Rängen sechs und sieben ab. Das Finale der U20-EM in Eskilstuna (Schweden) fand ohne DLV-Athletinnen statt.

Unsere Top Drei

<link https: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail elizaveta-ryzih _blank>Lisa Ryzih

ABC Ludwigshafen, 27 Jahre
SB: 4,70 m | PB: 4,71 m (2014)
DM: 1. Platz | WM: 12. Platz
DLV-Jahresbestenliste: 2.
Europäische Bestenliste: 7.
Welt-Jahresbestenliste: 12.

<link https: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail silke-spiegelburg _blank>Silke Spiegelburg

TSV Bayer 04 Leverkusen, 29 Jahre
SB: 4,75 m | PB: 4,82 m (2012; DR)
DM: 3. | WM: Teilnahme
DLV-Jahresbestenliste: 1.
Europäische Bestenliste: 3.
Welt-Jahresbestenliste: 7.

<link https: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail martina-strutz _blank>Martina Strutz

Schweriner SC, 34 Jahre
SB: 4,65 m | PB: 4,80 m (2011)
DM: 2. | WM: 8.
DLV-Jahresbestenliste: 3.
Europäische Bestenliste: 10.
Welt-Jahresbestenliste: 16.

Unsere Hoffnungsträgerin

<link https: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail anjuli-knaesche zum athletenporträt von anjuli>Anjuli Knäsche

SG Kronshagen/Kieler TB, 22 Jahre
SB: 4,42 m | PB: 4,45 m (2013)

Die Deutsche U23-Meisterin gehört wie auch Anna Felzmann (LAZ Zweibrücken) zu den jungen Springerinnen, die sich in den kommenden Jahren von einem konstanteren 4,40-Meter-Niveau aus in die nächsten Höhen-Regionen wagen könnten. Neben einer Top-Acht-Platzierung bei der U23-EM schaffte es Anjuli Knäsche diesen Sommer, sich bis auf drei Zentimeter ihrer Freiluft-Bestleistung zu nähern.

Der Pechvogel

Victoria von Eynatten

TSV Bayer 04 Leverkusen, 22 Jahre
SB: 4,51 m (Halle) | PB: 4,51 m Halle (2015)

Ehe sie ihren Leistungssprung auf 4,51 Meter und eine mögliche Hallen-EM-Teilnahme in Prag auskosten konnte, kam Victoria von Eynatten eine bittere Verletzung dazwischen. Beim Versuch, deutsche Jahresbestleistung in der Halle zu springen, riss ihr die Achillessehne. Der Weg zurück zu ihrem neuen und alten 4,50er-Niveau ist eingeschlagen. Auch Desiree Singh (LG Lippe Süd) hatte mit ihrem Bänderriss bei der Hallen-DM Pech. Wegen ihrer zweiten Schwangerschaft wird die frühere U18-Weltmeisterin 2016 den zweiten Sommer in Folge nicht starten.

2016 im Ausblick

Das Jahr 2016 bietet für die deutschen Stabhochspringerinnen neue Chancen, mit konstantem Training und ohne Verletzungsprobleme wieder anzugreifen. Vor den Olympischen Spielen in Rio (Brasilien) erfolgt die Generalprobe bei den Europameisterschaften in Amsterdam (Niederlande). Das internationale Niveau ist stark gestiegen, für die Spitzenathletinnen gilt es, ihre Bestleistungen zu attackieren, um ganz vorne mitzuhalten.

Lisa Ryzih, Silke Spiegelburg und Martina Strutz haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sie das Potenzial in Richtung 4,80 Meter haben. Mit der fortschreitenden Leistungsentwicklung von Katharina Bauer gibt es eine vierte heiße Finalkandidatin für die EM. Auch Kristina Gadschiew (LAZ Zweibrücken) will zurückkommen.

Das Ziel für Olympia könnte sein, mit drei DLV-Springerinnen das Finale zu erreichen. Mit einer besseren und verletzungsfreien Vorbereitung kann es für Lisa Ryzih und Silke Spiegelburg, wenn alles zusammenpasst, auch in Richtung Podium gehen.

Um die Startplätze für die U20-WM, deren Austragungsort nach der Suspendierung des russischen Verbands und damit der Absage an Kazan noch unbekannt ist, streiten sich voraussichtlich Tamara Schaßberger, Stina Seidler und Luisa Schaar (TSV Bayer 04 Leverkusen). Für die U18-EM in Tiflis (Georgien) könnte sich mit einer Steigerung unter anderen die Bremerin Kim-Michel Schwenke empfehlen.

Das sagt der Bundestrainer

Herr Tivontchik, wie fällt Ihre Bilanz für das WM-Jahr 2015 aus?

Andrei Tivontchik:

Die Weltmeisterschaften verliefen nicht ganz optimal für die Stabhochspringerinnen. Lisa Ryzih hat sich bei einem Stabbruch ihre Hand verletzt und konnte vor der WM nicht optimal trainieren. Wäre das nicht passiert, hätte sie besser abschneiden können. Für Silke Spiegelburg war das ein Übergangsjahr nach ihrer Fuß-OP, sie war im Herbst spät eingestiegen und hat keine Hallensaison absolviert, ist jedoch bei der Team-EM 4,75 Meter gesprungen. Für Peking hat natürlich eine gewisse Stabilität gefehlt, deshalb konnte sie bei den Weltmeisterschaften ihre Vorleistung nicht abrufen. Mit dem Abschneiden von Martina Strutz bin ich zufrieden. Sie ist bei der WM in den Bereich ihrer Saisonbestleistung gesprungen und hat den achten Platz belegt. 

Wer oder was war Ihr ganz persönliches Highlight?

Andrei Tivontchik:

Das ganz persönliche Highlight ist natürlich die Silbermedaille von Raphael Holzdeppe, der bei mir trainiert und nach einem schweren Jahr 2014 wieder in der Weltspitze angekommen ist. Und die Leistungen der Stabhochspringerinnen: Lisa Ryzih war sehr gut vorbereitet, hat sehr gute Sprünge gezeigt, leider wurde sie durch den Stabbruch ausgebremst. Ein Highlight war gewiss die Leistung von Silke Spiegelburg bei der Team-EM. Silke sprang aus verkürztem Anlauf hervorragende 4,75 Meter.

Mit welchen Aufgaben und Zielen gehen Sie in die EM- und Olympiasaison 2016?

Andrei Tivontchik:

Dass die Athletinnen gesund bleiben und sich optimal vorbereiten können. Ich hoffe, dass sie sich von Meeting zu Meeting steigern und optimal wäre es, wenn sie bei den Olympischen Spielen Bestleistungen springen können. Die Athletinnen müssen für den Kampf um die Medaillen an ihre Bestleistungen rankommen oder Bestleistung aufstellen, das hat die vergangene WM gezeigt. Die Athletinnen werden sehr hoch springen müssen, um eine Medaille zu gewinnen. Ich hoffe, dass nächstes Jahr alles optimal verläuft und unsere Frauen gesund und verletzungsfrei durch die Vorbereitung und Wettkampfsaison kommen. Vor allem wünsche ich ihnen auch das nötige Glück, dass bei so einem Großereignis nie fehlen darf.

Zahlen und Fakten

Die Jahresbesten

4,75 m - Silke Spiegelburg (TSV Bayer Leverkusen)         
4,70 m - Lisa Ryzih (ABC Ludwigshafen)
4,65 m - Martina Strutz (Schweriner SC)                      
4,65 m - Katharina Bauer (TSV Bayer Leverkusen)         
4,45 m - Annika Roloff (MTV 49 Holzminden)             
4,42 m - Anjuli Knäsche (SG Kronshagen/Kieler TB)    
4,40 m - Anna Felzmann (LAZ Zweibrücken)                   
4,40 m - Martina Schultze (VfL Sindelfingen)                     
4,40 m - Carolin Hingst (TG Nieder-Ingelheim)           
4,26 m - Angela Wald (LG Wipperfürth)

Internationale Endkampf-Platzierungen 2015:

Hallen-EM: keine
WM: Martina Strutz (8. Platz; 4,60 m)
U23-EM: Anjuli Knäsche (7. Platz; 4,15 m), Lilli Schnitzerling (7. Platz; 4,15 m)
U20-EM: keine
U18-WM: Stina Seidler (6. Platz; 3,95 m), Tamara Schaßberger (7. Platz; 3,95 m)