Deborah Schöneborn belegte am Karsamstag beim 72. Internationalen Paderborner Osterlauf über 10 Kilometer in 34:01 Minuten den siebten Rang und war damit schnellste deutsche Läuferin. Dem Modernen Fünfkampf, in dem ihre acht Jahre ältere Schwester Lena bei den Olympischen Spielen in Peking die Goldmedaille gewann, hat sie inzwischen ade gesagt. In Interview spricht die 24-Jährige von der LG Nord Berlin über die Gründe für die Konzentration auf die Leichtathletik, ihre Ambitionen und ihre sportlichen Schwestern.
Deborah Schöneborn, Sie blieben in Paderborn in 34:01 Minuten im Bereich Ihrer 10-Kilometer-Straßenlauf-Bestzeit von 33:46 Minuten, die Sie zwei Wochen zuvor als Siegerin des Dresdener City-Laufes erzielten. Waren Sie mit ihrer Vorstellung in der Domstadt zufrieden?
Deborah Schöneborn:
Ich hatte gehofft, dass ich in Paderborn bei den guten Bedingungen etwas schneller sein würde als in Dresden, aber ich kam gerade von einem Trainingslager im Schwarzwald. Da ging es ganz schön bergauf und bergab. Der Aufenthalt in Gengenbach war für mich aber ein wichtiger Schritt in der Saisonvorbereitung. Am kommenden Samstag starte ich voller Optimismus bei der Studenten-Cross-WM in St. Gallen. Anschließend konzentriere ich mich ganz auf die Deutschen 10.000-Meter-Meisterschaften am 10. Mai in Pliezhausen, wo ich eine Zeit von 33:30 Minuten anstrebe. Ich glaube, dass ich dieses Ziel bei einer entsprechend guten Vorbereitung auch schaffen kann. Ich bin noch neu im Lager der Läuferinnen. Daher habe ich 2017 von 800 bis 10.000 Meter alles ausprobiert. In diesem Jahr werde ich mich vor allem auf die längeren Strecken konzentrieren, weil ich dort meine Stärken sehe. Sicherlich werde ich in den kommenden Monaten auch noch einmal einen 1.500-Meter-Lauf bestreiten. Der Moderne Fünfkampf hat mir nämlich sehr viel an Ausdauer und Trainingsstabilität gebracht, aber mir fehlt es an der Grundschnelligkeit.
Sie waren im Jugendbereich im Modernen Fünfkampf einmal Dritte der Deutschen Jugendmeisterschaften und konnten sich 2014 für das Junioren-WM-Finale qualifizieren. Warum haben Sie Ihre hoffnungsvolle Karriere in dieser olympischen Sportart beendet?
Deborah Schöneborn:
Der Moderne Fünfkampf ist unwahrscheinlich trainingsaufwändig, und das lässt sich mit meinem Medizinstudium nicht mehr vereinbaren, denn ich habe an der Charite Anwesenheitspflicht. Hinzu kommt, dass ich mich in den letzten Jahren im Modernen Fünfkampf leistungsmäßig nicht mehr weiterentwickelt habe. Ich hätte daher Schwerpunkte in meinen Schwächen, dem Schwimmen und Fechten, setzen müssen, und da waren die Trainingszeiten mit meinen Uni-Zeiten nicht mehr realisierbar. Ganz aufhören wollte ich natürlich nicht. Daher habe ich mir aus dem Modernen Fünfkampf mit dem Laufen die Disziplin ausgesucht, die ich am besten konnte.
Wie groß war Ihr Zeitaufwand im Modernen Fünfkampf?
Deborah Schöneborn:
Ich hatte einen Trainingsaufwand von ca. 25 Stunden pro Woche. Daher machen mir der Umfang und die zeitliche Belastung in der Leichtathletik nicht viel aus. Ich zähle im Laufbereich sicherlich zu den Fleißigsten und mache oft noch ein Läufchen mehr als die anderen, weil ich die Belastungen in der Leichtathletik ganz gut wegstecke. Im letzten Winter hatte ich Spitzenwochen von 170 Kilometern. Als Weihnachtsgeschenk meines Trainers Jive Müller durfte ich Heiligabend sogar zweimal trainieren. Als Ausgleich zum Lauftraining schwimme ich noch ein wenig. Das tut mir ganz gut.
Wie lange waren Sie im Modernen Fünfkampf aktiv?
Deborah Schöneborn:
Man fängt in dieser Sportart nicht alle fünf Disziplinen mit einem Schlag an. Ich habe zunächst geturnt. 2005/2006 habe ich dann beim SSF Bonn mit Schwimmen und Laufen begonnen und war nebenbei noch Triathletin. Anschließend habe ich langsam die verschiedenen Disziplinen für den Modernen Fünfkampf aufgebaut.
Wären Sie auch ohne Ihre acht Jahre ältere Schwester bei dieser Sportart gelandet?
Deborah Schöneborn:
Lena hatte sicherlich einen großen Anteil daran. Hinzu kam auch, dass der Moderne Fünfkampf in Bonn sehr präsent war und auch noch ist. Ich habe dort zusammen mit meiner Zwillingsschwester Rabea einmal an einem Schnuppertag teilgenommen. Wir waren fasziniert von der Vielseitigkeitsprüfung und sind anschließend dabei geblieben. Interessant ist, dass meine ältere Schwester Lena über das Schwimmen zum Modernen Fünfkampf gekommen ist. Meine Zwillingsschwester Rabea und ich haben dagegen den Weg über das Turnen eingeschlagen.
Welche Ziele verfolgen Sie nun in der Leichtathletik?
Deborah Schöneborn:
Ich möchte mich erst einmal in der deutschen Spitzenklasse etablieren. Ich habe meine Leistungsgrenzen noch lange nicht erreicht. Nicht nur über 10.000 Meter, sondern auch über 5.000 Meter, wo ich eine Bestleistung von 16:40,43 Minuten habe. Diese Zeit möchte ich in diesem Jahr auf jeden Fall knacken.
Wenn Sie durch den Modernen Fünfkampf jede Menge Ausdauer mitbringen, werden Sie sicherlich einmal auch an einem Halbmarathon oder Marathon teilnehmen. Wann ist es soweit?
Deborah Schöneborn:
Ich habe mit meinem Trainer Jive Müller erst einmal die Sommersaison durchgeplant. Ich bin nicht abgeneigt, auch einmal bei einem Halbmarathon zu starten. Das wird aber frühestens im Herbst 2018 der Fall sein. Wenn mir der Halbmarathon gut gefällt, werde ich später sicherlich auch einmal an einem Marathonlauf teilnehmen. Allerdings will ich da nichts überstürzen.
Wann bilden Sie wieder mit Ihrer Zwillingsschwester Rabea, mit der Sie im vergangenen Jahr bei den Deutschen 10.000-Meter-Meisterschaften in Bautzen als Vierte und Fünfte nahezu zeitgleich die Ziellinie passierten, wieder ein Team?
Deborah Schöneborn:
Rebea hat ein Stipendium in den USA und nimmt dort auch an einigen Wettkämpfen teil. Ihr Fokus liegt zurzeit auf den 5.000 Metern. Sie studiert an der Humboldt-Universität in Berlin Psychologie und interessiert sich vor allem für die Wirtschaftspsychologie. Daher hat sie momentan für ein halbes Jahr in Texas das Fach BWL belegt und schnuppert somit in den Wirtschaftsbereich hinein.
Lässt sich bei Ihnen der Zeitaufwand in der Leichtathletik mit dem Medizinstudium nun gut verbinden?
Deborah Schöneborn:
Auf jeden Fall. Zudem ergeben sich bei mir Verbindungen zwischen Studium und Sport, denn ich profitiere von einigen wichtige Erkenntnisse aus der Medizin auch beim Laufen. Ich befinde mich zurzeit bei meinem Studium auf der Zielgeraden und schreibe gerade an meiner Doktorarbeit, die das Thema `Laborparameter – Veränderungen beim 160-Kilometer-Ultralauf` hat. Grundlage meiner wissenschaftlichen Ausarbeitung bildet der Mauerweglauf in Berlin, der über eine Distanz von 160 Meilen geht. Was bei den Laboruntersuchungen herausgekommen ist, analysiere ich zurzeit und werte es für meine Doktorarbeit aus. Ich hoffe, dass ich Ende des Monats damit abgeschlossen habe.