| Interview der Woche

David Storl: „Es gilt, sich zu finden“

Zwei Wettkämpfe innerhalb von 48 Stunden, wieder jeweils mit Weiten jenseits der 21 Meter. Beim Meeting der World Indoor Tour im polnischen Torun am Donnerstag und der Hallen-DM in Dortmund am Samstag hat Kugelstoßer David Storl (SC DHfK Leipzig) eine klare Steigerung in diesem Winter hingelegt. In der Mixed-Zone in Dortmund sprach der 27-Jährige danach über seinen Trainerwechsel und die anstehende Hallen-WM.
Jan-Henner Reitze

David Storl, herzlichen Glückwunsch zum sechsten deutschen Hallenmeistertitel mit Saisonbestleistung (21,19 m). In Torun hatten Sie vorher auch die 21-Meter-Marke (21,03 m) geknackt. Haben Sie eine solche Steigerung erwartet?

David Storl:

Vorprogrammieren kann man eine solche Entwicklung nicht. Wir versuchen natürlich, darauf hinzuarbeiten. In Birmingham soll es dann noch einmal ein Stück weiter gehen. Aber auch dort wird der Wettkampf – wie immer – seine eigenen Regeln haben. Das war auch in Dortmund der Fall. Zu Beginn war es schwierig. Ich habe mich schwer getan, in Schwung zu kommen. Dann habe ich es mit der Brechstange versucht und es ging in die Hose. Am Ende des Wettkampfes ist es mir gelungen, die Lockerheit zu finden und die Stöße waren besser. Ich konnte mit den Beinen besser arbeiten.

Wieso sind Sie schwer in Schwung gekommen?

David Storl:

Ich bin erst am Abend vor der Hallen-DM aus Torun in Dortmund angekommen. Es war eine lange Anreise, ich bin um 11:30 Uhr in Polen losgefahren und war erst kurz vor 20 Uhr in Dortmund. Das hat sich dann schon etwas bemerkbar gemacht.

Wegen Rückenproblemen mussten Sie zuletzt Wettkämpfe auslassen. Welche Rolle hat das gespielt?

David Storl:

Ich hatte zwei Wochen mit einer Blockade im ISG-Bereich zu tun. Das hat mich ganz schön rausgeworfen. Ich habe erst vergangene Woche wieder mit Kugelstoßen beginnen können. Dafür läuft es ganz gut. Jetzt gilt es, Routine zu schaffen und Trainingsstöße aufzuholen. Dann kann es in Birmingham gut werden.

Was nehmen Sie sich für Birmingham vor?

David Storl:

Auf ein konkretes Ziel möchte ich mich nicht festlegen. Es soll ein lockerer Wettkampf werden. Es ist die erste Saison mit meinem neuen Trainer. Es gilt, sich zu finden. Darüber hinaus ist die Hallensaison auch als Vorbereitung auf die Europameisterschaft im Sommer zu sehen.

Viele Athleten verzichten mit dem Verweis auf die Vorbereitung auf die Heim-EM auf Birmingham. Ist ein Start dort ein Risiko?

David Storl:

Wenn ich im März eine Hallen-WM mache, bleibt noch ein halbes Jahr zur Vorbereitung auf die EM. Sicher kann man sich verletzten. Aber das kann mir im Training genauso passieren wie auch im Alltag.

Sie trainieren wieder in Leipzig. Werden Sie sich auch dort auf die Hallen-WM vorbereiten?

David Storl:

Ich trainiere sehr gerne in Leipzig. Leider ist durch den Sturm zuletzt das Werferhaus zerstört worden. Dort kann ich erst einmal nicht mehr stoßen. Nach der Hallen-DM fliege ich ins Trainingslager nach Lanzarote, um mich dort auf Birmingham vorzubereiten. Im Sommer wird es richtig schön, in Leipzig zu trainieren. Die Anlage ist im Grünen. Da freue ich mich schon drauf.

Was hat sich durch die Zusammenarbeit mit Ihrem neuen Trainer Wilko Schaa verändert?

David Storl:

Es ist ein anderes Verhältnis. Wir sind zwar nicht direkt im gleichen Alter, aber er ist nur ein bisschen älter als ich. Wir sind auf Augenhöhe. Es findet viel Austausch statt. Außerdem war die Vorbereitungsphase etwas anders strukturiert. Wir haben uns erst einmal um mein Knie gekümmert, damit die Stabilität im ganzen Körper zurückkommt. Die Reizungsursache sollte bekämpft werden. Jetzt habe ich mit meinem Knie überhaupt keine Beschwerden mehr. Ich kann voll trainieren. Auch nach einer Wettkampfserie wie jetzt, tut mir nichts weh. Das ist eine neue Situation, auf die ich auch die Technik wieder anpassen muss. Mit Schmerzen habe ich doch ein bisschen gezögert.

Sie sind endgültig zurück bei der Umsprungtechnik?

David Storl:

Ja, diese Technik macht mir persönlich auch mehr Spaß. Für meine Art, Kugel zu stoßen, kommt sie mir entgegen. Aber es ist auch eine Umstellung. Wenn ich meine Wettkämpfe jetzt wieder aus dem Umsprung gestalte, fehlt ein wenig die Länge, die man sich im Angleiten erarbeitet hat. Ich muss das Gefühl für diese Technik wieder komplett bekommen.

Steht auch schon der Fahrplan Richtung Sommersaison?

David Storl:

Im April fahre ich nach Zypern ins Trainingslager. In Sachen Wettkämpfe fängt die Diamond League dieses Jahr für uns Kugelstoßer Ende Mai in Eugene an. Ich denke, dass ich vorher noch einen Start bei einem kleineren Wettkampf absolvieren werde. Schönebeck kommt da in Frage.

Was für ein Niveau ist möglich? Die Konkurrenz ist stark?

David Storl:

Letztes Jahr hatte ich einen Aufbau, der voll auf die Weltmeisterschaft ausgerichtet war, die dann leider in die Hose ging. Da bin ich noch mit Sven Lang als Trainer kurz vor London auf eine Weite von 21,87 gekommen. Das steht als Grundstein. In diesem Jahr kann es ein bisschen besser werden. Klar sehe ich, dass ich starke Konkurrenten bekommen habe. Dennoch muss ich mich realistisch einschätzen. Ich habe noch nicht das Leistungsvermögen. Ich möchte erstmal mein aktuelles Niveau bestätigen und dann im Sommer weiter aufbauen.

Haben Sie als erfahrener Athlet ein Gefühl, ob es ein guter Sommer werden könnte?

David Storl:

Es ist erst Februar. Ich kann es noch nicht sagen. Wenn ich jetzt gut durch die Vorbereitung komme, verletzungsfrei bleibe, kann es schon ein gutes Jahr werden.

Video-Interview: <link video:17965>David Storl: "Ich schaue nur nach vorne"

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