Die blaue Trikotfarbe bleibt für ihn dieselbe. Ansonsten wird sich für Amanal Petros im neuen Jahr jedoch einiges verändern. Der 23-jährige Langstreckler, der bisher für den SV Brackwede startete, läuft ab sofort für den TV Wattenscheid und hofft dort, auf noch schnellere Zeiten als bisher.
„Ich bin dem SV Brackwede unwahrscheinlich dankbar. Der Verein hat immer sein Bestes für mich gegeben“, sagt Amanal Petros nach seinem zum Jahreswechsel vollzogenen Vereinswechsel zum TV Wattenscheid. „Ohne meinen Heimatverein wäre ich längst nicht so weit gekommen. Die Entscheidung, den Verein zu verlassen, ist mir unwahrscheinlich schwergefallen,“ betont der EM-Teilnehmer von Berlin, der vor sieben Jahren als Flüchtling aus Eritrea über Äthiopien nach Bielefeld kam.
Amanal Petros, der Bestzeiten von 8:03,33 Minuten über 3.000 Meter, 13:34,15 Minuten über 5.000 Meter und 28:29,78 Minuten über 10.000 Meter (jeweils 2018) hat, möchte weiter hoch hinaus, denn er hat seiner Meinung sein Leistungspotenzial noch längst nicht ausgeschöpft.
Da lag es für ihn nahe, sich dem TV Wattenscheid anzuschließen. „Ich habe mich zu diesen Schritt entschlossen, weil mein neuer Verein über hervorragende Förderstrukturen verfügt. Dort kann ich alle Einrichtungen des Olympiastützpunktes nutzen. Hinzu kommt, dass ich dort eine hervorragende Trainingstruppe habe, der u.a. Tom Gröschel, Hendrik Pfeiffer, Marius Probst und Jonas Beverungen angehören. Der TV Wattenscheid ist für mich der beste Verein in Deutschland,“ zeigt sich Amanal Petros überzeugt.
Pendeln zwischen Wattenscheid und Bielefeld
Auch die bessere finanzielle Unterstützung spielte bei seinem Vereinswechsel eine Rolle, denn seine Wohnung in Bielefeld will er halten. Der enge Kontakt zu seiner Freundin, seinen Freunden und seinem dortigen Trainer Thomas Heidbreder haben für den 23-Jährigen einen hohen Stellenwert.
Der Sportsoldat wird, wie teilweise schon im vergangenen Jahr praktiziert, wegen der kurzen Wege von Dienstag bis Samstag im Sportinternat in Bochum-Wattenscheid wohnen und das Wochenende in Bielefeld verbringen.
Amanal Petros wird zukünftig federführend von Wattenscheids Cheftrainer Tono Kirschbaum betreut. Als Co-Trainer steht ihm weiter sein bisheriger Coach Thomas Heidbreder zur Seite. Ihm habe er sehr viel zu verdanken, nicht nur in sportlicher Hinsicht.
13 Deutsche Meistertitel hat der sympathische Langstreckler, der wegen seiner Freundlichkeit und Offenheit überall beliebt ist, während seiner Bielefelder Zeit gewonnen. Im Trikot des TV Wattenscheid sollen für ihn weitere dazukommen. Die Grundlage dafür will er in zwei vierwöchigen Trainingslagern in Iten (Kenia), das für ihn am Freitag (4. Januar) beginnt, und im März in Flagstaff, im US-Bundesstaat Arizona legen.
Drei Monate Zwangspause nach EM
Dabei befindet sich Amanal Petros erst seit sechs Wochen wieder im Training. Nach den Europameisterschaften in Berlin, wo er über 10.000 Meter den 16. Platz belegte, zog er sich bei seiner Bundeswehr-Ausbildung einer Handverletzung zu, die sich anschließend zu allem Überfluss noch entzündete. Die Zeit nutzte er für einen vierwöchigen Urlaub in Äthiopien, um seine Mutter Asmerit sowie seine beiden Schwestern Amelekwit und Jordanus, die er sechs Jahre nicht mehr gesehen hatte, wieder in seine Arme schließen zu können.
Insgesamt zeigte sich Amanal Petros trotz seiner dreimonatigen Zwangspause mit dem Jahr 2018 zufrieden: „Ich bin Bestzeiten über 10.000 Meter, 5.000 Meter und 3.000 Meter gelaufen, habe die Qualifikation für die Europameisterschaft geschafft und war dort schnellster Deutscher über 10.000 Meter. Das hat alles super geklappt, aber ich habe auch richtig viel dafür getan.“
Und auch seiner Grundlage scheint trotz der langen Verletzungspause zu stimmen: Bei seinem souveränen Erfolg beim Silvesterlauf Werl-Soest, bei dem er die 15 Kilometer lange Strecke in 44:41 Minuten zurücklegte, war er 1:10 Minuten schneller als 2017. „Ich hatte im Vorfeld nicht mit dieser Zeit gerechnet,“ so Amanal Petros, „nach dem Start habe ich jedoch gespürt, dass ich was drauf hatte. Das war ein toller Jahresabschluss für mich, und ich hoffe, dass das neue Jahr für mich noch erfolgreicher wird als das letzte.“
Verzicht auf Hallensaison
Daher will er in diesem Jahr noch härter trainieren als 2018. Seine Grobplanung steht inzwischen. So wird er in diesem Winter keine Hallensaison bestreiten, denn er will in den nächsten vier Wochen in Kenia ein umfangreiches und intensives Programm absolvieren.
Einen Start bei den Deutschen Crossmeisterschaften am 9. März in Ingolstadt hat er dagegen fest eingeplant. Nach dem Höhentrainingslager im März in Flagstaff geht es für Amanal Petros an Eingemachte. Der Deutsche Meister im 10-Kilometer-Straßenlauf von 2017 möchte sein Debüt im Halbmarathon geben. Ort und Zeitpunkt stehen allerdings noch nicht fest. „Das Training für die 10.000 Meter und die Halbmarathon-Strecke unterscheidet sich nicht wesentlich voneinander, daher werde ich mich auf den Halbmarathon nicht speziell vorbereiten“, betont der gebürtige Eritreer. „Die 5.000 und 10.000 Meter haben für mich in diesem Jahr absoluten Vorrang.“
Der Start über die 21,1 Kilometer lange Strecke soll Amanal Petros lediglich einen Fingerzeig geben, welche Möglichkeiten er langfristig im Marathon hat. Allerdings hat er zurzeit noch keine Pläne für die klassische Distanz: „Das mache ich abhängig von meinen Zeiten im Halbmarathon. Ich möchte alles Schritt für Schritt machen und nichts überstürzen. Der Marathon bildet für mich aber eventuell eine Option im Hinblick auf die Olympischen Spiele in Tokio. Wenn ich mich dafür qualifizieren könnte, würde für mich ein großer Traum in Erfüllung gehen.“
Grundschnelligkeit verbessern
Amanal Petros will in den nächsten Monaten vor allem seine Grundschnelligkeit und seine Tempohärte verbessern, denn seine Ziele sind in diesem Jahr die Team-EM vom 9. bis 11. August in Bydgoszcz (Polen) und die Weltmeisterschaften vom 28. September bis 6. Oktober in Doha (Katar). Allerdings sind die WM-Normen über 5.000 Meter (13:22,50 min) und 10.000 Meter (27:40,00 min), die Amanal Petros beide in Angriff nehmen möchte, hart.
Doch der Neu-Wattenscheider stellt sich dieser Herausforderung. Er ist hochmotiviert, diszipliniert und verfügt bei seinem neuen Verein über ein optimales Umfeld. Jetzt muss nur noch seine Gesundheit mitspielen.