| Interview der Woche

Henrik Janssen: "Die Weite hat mich positiv überrascht"

© Marta Gorczynska for European Athletics
Unter mehreren starken Auftritten der DLV-Teams stach am Samstag beim EA-Wurf-Cup in Nikosia (Zypern) der von Henrik Janssen (SC Magdeburg) heraus. Der Diskuswerfer bezwang mit 65,77 Metern Europameister Kristjan Čeh. leichtathletik.de hat mit dem WM-Achten über seinen Wettkampf, die weiteren Pläne und Lehren aus dem Olympia-Abschneiden gesprochen.
Svenja Sapper

Henrik Janssen, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Sieg beim EA-Wurf-Cup. Sind Sie schon mit dem Gefühl nach Zypern angereist, dass die Scheibe dort richtig weit fliegen könnte?

Henrik Janssen:
Danke schön. Ehrlich gesagt war ich mir selber unsicher, wie weit ich werfen kann, weil ich in diesem Jahr bislang wenig bis gar nicht draußen geworfen hatte. Ich bin mit dem Mindset angereist, dass ich erst mal gucke, wie es so läuft. Dementsprechend überrascht war ich, dass ich schon 65,77 Meter werfen konnte.

Wie haben sich die Würfe angefühlt?

Henrik Janssen:
Die Würfe haben sich ganz gut angefühlt. Als einzigen Vergleichswert hatte ich die Winterwurf-DM in Halle/Saale, da waren die Würfe noch sehr ruppig. Das war jetzt auf jeden Fall schon besser. Die Serie war auch in Ordnung, einige 64er und dann der 65er als Ausreißer. Darauf kann man auf jeden Fall aufbauen. Dass es dann sogar gegen Čeh reicht, damit hätte ich nun auch nicht gerechnet. Da hatte ich natürlich auch das Zentimeterglück auf meiner Seite.

Sie haben die Winterwurf-DM eben schon angesprochen. In Halle/Saale haben Sie bei Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt geworfen – der Unterschied zum sommerlichen Nikosia könnte nicht größer sein. Haben die Bedingungen dazu beigetragen, dass es jetzt deutlich weiter ging?

Henrik Janssen:
Von null Grad zu 30 – das ist schon ein großer Kontrast! Und dann hatten wir noch Sonne die ganze Zeit. Da muss man natürlich auch aufpassen. Wir hatten im Stadion ein paar Schirme, damit ging das dann. Bei uns spielt ja auch immer der Wind eine Rolle. Da waren die Bedingungen gar nicht so gut, wir hatten immer ein bisschen Rückenwind. Deshalb musste ich die Würfe ein bisschen höher ansetzen, das habe ich ganz gut hinbekommen. Insgesamt habe ich einfach technisch besser geworfen als in Halle.

Damit haben Sie auch den Europameister Kristjan Čeh hinter sich gelassen – zum ersten Mal in Ihrer Karriere …

Henrik Janssen:
Ja, stimmt, das war das erste Mal, dass ich vor ihm war. Das will ich jetzt aber auch nicht überbewerten. Ich weiß nicht, wie viel er bislang trainiert hat – wir kommen ja alle aus der Aufbauphase im Winter. Man hat ihm angesehen, dass bei ihm auch längst noch nicht alles zusammengepasst hat. Es ist natürlich cool, ihn mal geschlagen zu haben, aber das heißt natürlich nicht, dass ich im Sommer auch immer vor ihm liegen werde. Das muss man realistisch einschätzen.

Trotzdem ist der Sieg beim Europacup sicher ein Erfolgserlebnis, nachdem Sie im vergangenen Jahr bei den Olympischen Spielen mit drei ungültigen Würfen in der Qualifikation eine Enttäuschung hinnehmen mussten. Wie lange hat Sie das beschäftigt?

Henrik Janssen:
Das war natürlich ein ganz schöner Reinfall für mich, das kann man nicht anders sagen. Ich hatte schon recht lange daran zu knabbern. Man bereitet sich lange darauf vor und dann liefert man so gar nicht ab. Das tut weh. Ich habe natürlich lange darüber nachgedacht. Aber am Ende geht das Leben weiter und ich kann den Rückschlag als Motivation nutzen, es beim nächsten Mal besser zu machen. Wir haben im Winter intensiv daran gearbeitet, die Technik zu stabilisieren. Ich bin gut durch die Vorbereitung gekommen, gesund geblieben, konnte alles umsetzen. Jetzt fängt dann die Wurfspitze an und wir starten mit dem Feinschliff – da gilt es unter anderem, viel draußen zu werfen und das Timing zu verbessern. Wir arbeiten weiter an meinen Schwächen.

An welchen Schwächen feilen Sie mit Ihrem Trainer Jörg Schulte konkret?

Henrik Janssen:
Wir arbeiten unter anderem daran, dass ich in eine bessere Auslage komme und dadurch die Würfe stabiler und konstanter werden. Wir versuchen, das Technikbild zu festigen, um sicherzustellen, dass so etwas wie in Paris nicht wieder passiert. Wirklich umgestellt haben wir im Vergleich zum letzten Jahr allerdings nicht viel. Die Saison war ja im Grunde gut, es war nur der Saisonhöhepunkt, der scheiße war. Mein Ziel ist es, aus Olympia zu lernen und es bei den nächsten Höhepunkten besser zu machen und wieder vorne mitzumischen. Ich traue mir auch zu, noch ein paar Meter draufzupacken. 

Wie geht es denn bei Ihnen weiter in den kommenden Wochen?

Henrik Janssen:
Erstmal mit einem Trainingslager hier auf Zypern. Wir wechseln das Hotel, bleiben aber noch zwei Wochen in Nikosia und machen hier die Wurfspitze. Dann fliegen wir nach Hause, im Frühjahr geht’s noch mal nach Portugal. Und dann beginnt auch schon die Wettkampfsaison.

Welche Wettkämpfe haben Sie auf dem Weg zur DM in Dresden Anfang August und der WM in Tokio im September geplant?

Henrik Janssen:
Das kommt darauf an, ob ich bei der Diamond League in Doha [Katar; 16. Mai; Anm. d. Red.] einen Startplatz bekomme. Da habe ich noch keine Rückmeldung. Sonst werfe ich am 18. Mai in Magdeburg. Danach geht es in den üblichen Wurfzentren wie Neubrandenburg, Halle und Schönebeck weiter. Höhepunkt sollen natürlich die Weltmeisterschaften in Tokio werden.

Mehr: 
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