Bei der Hallen-DM in Dortmund haben vier Athletinnen und Athleten erstmals einen nationalen Einzeltitel in der Aktivenklasse gewonnen. Jana Becker, Florian Kroll und Julian Holuschek gehören zu den Hoffnungen für die Zukunft, bei Majtie Kolberg war der erste Titelgewinn überfällig. Wir stellen das Quartett vor, heute Weitspringer Julian Holuschek (Eintracht Frankfurt).
Julian Holuscheck
Eintracht Frankfurt
Bestleistung:
Weitsprung: 7,68 m (2024); Halle: 7,76 m (2025)
Erfolge:
Deutscher Hallenmeister 2025
„Meine Mentaltrainerin muss immer grinsen, wenn sie mich nach meinen Zielen für einen Wettkampf fragt, weil ich immer sage: Ich will gewinnen.“ Diesen Ehrgeiz nennt Julian Holuschek als eine seiner großen Stärken. „Schon als Kind wollte ich immer als Erster an der Haustür sein.“ Wo das hinführen kann, hat die Hallen-DM in Dortmund gezeigt. An der nahm der zu diesem Zeitpunkt 19-Jährige erstmals überhaupt teil und sprang gleich mit Bestleistung (7,76 m) überraschend zum Sieg.
Nach diesem Flug musste der Weitspringer allerdings einmal mehr erfahren, dass ihm sein Ehrgeiz auch im Weg stehen kann. Direkt im nächsten Versuch wollte er noch einen draufsetzen und beweisen, dass die Steigerung kein Ausrutscher war. Der Youngster überzog es im Anlauf, rutschte auf dem Brett weg und musste den Wettkampf vorzeitig beenden. „Durch die Führung war ich so euphorisch wie noch nie in meiner sportlichen Karriere. Ich habe es nicht mehr geschafft, mich zu bremsen.“
Glücklicherweise stellte sich heraus, dass der Schreckmoment keine Verletzung verursacht hatte. „Das Schlimmste war, dass ich nicht mehr in den Wettkampf eingreifen konnte und abwarten musste, ob mich noch jemand übertrifft.“ Das passierte nicht. Und so nahm Julian Holuschek Gold, wertvolle neue Erfahrungen und einen weiteren Motivationsschub mit aus Dortmund. Im Sommer möchte er seine neue Bestleistung bestätigen und sich langfristig nicht nur in der nationalen Spitze festsetzen, sondern auch international möglichst weit vorne mitmischen.
Basis im Triathlon gelegt
In seiner Kindheit in seiner Heimat Frankfurt begann Julian Holuschek erst einmal, Fußball zu spielen, wollte dann aber keinem Ball mehr hinterherjagen. So begann der damals Neunjährige mit Triathlon, wo die ehemalige Profi-Athletin Natascha Schmitt den Nachwuchs bei Eintracht Frankfurt betreute. „Wir haben viel Stabi, Koordination und Beweglichkeitsübungen gemacht“, erinnert sich der heutige Leichtathlet. „Ich konnte damals sogar einen Spagat.“
Bei Landesmeisterschaften stellten sich erste Erfolge ein, dann wurden die Distanzen allerdings länger. „Meine Trainerin hat gesagt, dass ich eher ein Sprint-Typ bin und in der Leichtathletik besser aufgehoben bin.“ Der Schüler nahm parallel auch an Leichtathletik-Wettkämpfen teil und wechselte schließlich komplett die Abteilung. Unter der Anleitung von Fiona Rückert, Maxime Belot, Michael Krichbaum und Bernd Knack standen zuerst alle Disziplinen auf dem Trainingsplan. In der Altersklasse M14 setzte sich Julian Holuschek bei den Landesmeisterschaften im Blockmehrkampf Sprint/Sprung (2.682 Punkte) durch, die meisten Punkte brachten dabei der Weitsprung (5,82 m) und die 80 Meter Hürden (11,78 sec). Der Nachwuchsathlet wurde in den Landeskader Weitsprung berufen.
Auch weil während der Corona-Pandemie kein Wechsel mehr zwischen den Trainingsgruppen möglich war, übernahm Landestrainer Peter Rouhi komplett die Betreuung. Damit begann eine kontinuierliche Entwicklung bis in die DLV-Nachwuchsspitze und ins Nationaltrikot.
Jugendjahre enden mit Finale der U20-WM
In seinem ersten U18-Jahr erreichte Julian Holuschek 2021 mit Bestleistung (6,91 m) als Siebter den Endkampf bei der Jugend-DM, im Jahr darauf übertraf er erstmals die sieben Meter (7,22 m) und 6,88 Meter reichten bei der Jugend-DM zu Bronze.
Im zweiten U20-Jahr gelang mit dem Titel bei der Jugend-DM (7,54 m) und der Qualifikation für die U20-WM der nächste Leistungssprung. In Lima (Peru) verpasste der Frankfurter im vergangenen Sommer im Finale den Endkampf als Neunter (7,36 m) nur knapp. Seine Freiluftbestleistung stellte er mit 7,68 Metern in Weinheim auf, in insgesamt sechs Saisonwettkämpfen gingen Weiten jenseits der 7,50 Meter in die Ergebnislisten ein.
Mentaltraining, um Energie zu kanalisieren
Neben der Arbeit an den körperlichen Fertigkeiten war auch Mentaltraining ein wichtiger Baustein des Aufstiegs. „Ich habe im Wettkampf oft überdreht und schon vorher oder zwischen den Versuchen viel Energie verschwendet. In Anlauf und Absprung wollte ich oft zu viel und konnte letzten Endes mein Potential nicht umsetzen“, erzählt der inzwischen 20-Jährige, der nach seinem Abitur im vergangenen Herbst ein Psychologiestudium aufgenommen hat.
Seit zwei Jahren hilft Mentaltrainerin Alisha Lenz, diese Energie in positive Bahnen zu lenken. „In den Pausen im Wettkampf versuche ich runterzukommen und mir einzelne Punkte vor Augen zu führen, die ich im nächsten Versuch gut machen möchte. Alle Energie soll aktiviert werden, wenn ich am Anlauf stehe, ohne dabei die Kontrolle zu verlieren.“ Das hat im vergangenen Jahr schon besser geklappt und geholfen, dass die Leistungsfähigkeit auch bei wichtigen Wettkämpfen abrufbar war.
Als Neuling in der Männerklasse tat sich Julian Holuschek zu Beginn der zurückliegenden Hallensaison allerdings erst einmal schwer, seine im Wintertraining erarbeiteten Fortschritte in Sachen Schnelligkeit und Kraft umzusetzen. Erst bei den Süddeutschen Meisterschaften Anfang Februar glückten eine stabile Serie und die Saisonbestleistung von 7,41 Metern, mit der es zur Hallen-DM ging.
DM-Titel macht Lust auf mehr
In Dortmund passte dann alles zusammen. Einerseits konnte der Aufsteiger unbeschwert an den Start gehen, anderseits war der Kampf um die Medaillen nach der Absage des Olympia-Sechsten und Titelverteidigers Simon Batz (MTG Mannheim) offen. Und auch der Ehrgeiz meldete sich. „Meine Trainingswerte waren so gut wie nie. Ich war bereit und bin nicht angetreten, um Achter zu werden.“
Dass nach zwei soliden Sprüngen auf 7,36 Meter und 7,39 Meter im dritten Anlauf die Siegweite von 7,76 Metern rauskam, löste bisher unbekannte Euphorie aus. Auch diese kontrollieren zu können, ist eine Aufgabe für die Zukunft, die der Deutsche Hallenmeister gern annimmt. Momente dieser Art möchte er möglichst bald wieder erleben. Die Vorbereitung auf den Sommer läuft, im Mittelpunkt steht die Technik.
Als internationale Ziele sind die U23-EM in Bergen (Norwegen; 17. bis 20. Juli; Norm: 7,65 m) und die Universiade (Rhein-Ruhr; 16. bis 27. Juli) angepeilt. Langfristig möchte der Frankfurter den Anschluss an die internationale Spitze bei den Männern schaffen und an Olympischen Spielen teilnehmen. Und als erstes Ziel bei diesen internationalen Meisterschaften fällt Julian Holuschek zuerst ein: „Ich will dort gewinnen.“ Ihm ist allerdings bewusst, dass er dafür noch einige Erfahrung sammeln muss und viele Trainingsstunden vor sich hat. Aber die Hallen-DM hat schon einmal gezeigt, dass der Siegeswille kein Luftschloss ist.
Video: Julian Holuschek überrascht als Deutscher Hallenmeister
Video-Interview: Julian Holuscheck: "Gold hätte ich echt nicht erwartet"
Das sagt Heimtrainer Peter Rouhi: |
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Julian hat im vergangenen Jahr einen enormen Schritt nach vorne gemacht. Er hat in zahlreichen Wettkämpfen auf hohem Niveau beeindruckt und seine Bestleistung um mehr als 30 Zentimeter gesteigert. Dabei war noch kein Sprung wirklich perfekt getroffen – der „Ausrutscher nach oben“ hat noch gefehlt. Im Winter haben wir dann intensiv gearbeitet. Besonders in der Schnelligkeit hat Julian große Fortschritte gemacht, und auch seine Kraftwerte sind gestiegen. Das ließ auf Weiten um die 7,75 Meter hoffen.
Die Hallensaison verlief jedoch zunächst eher enttäuschend. Julian hatte Schwierigkeiten, aus den höheren Anlaufgeschwindigkeiten optimal abzuspringen. Wir konnten diese Problematik im Training und in Gesprächen gut aufarbeiten. Die Süddeutschen Meisterschaften waren dann ein solider Schritt in die richtige Richtung, wenn auch noch nicht herausragend. Bei der Hallen-DM hat Julian dann die richtige Balance aus Anspannung und Gelassenheit gefunden. Schon beim Aufwärmen hat mir seine Körpersprache sehr gut gefallen. Bei den 7,76 Metern ist er aggressiv aufs Brett marschiert und hat sich im Absprung sehr gut getroffen.
Über die Jahre war es eine große Herausforderung, körperliche Stabilität zu erreichen. Julian ist 1,93 Meter groß und bis vor zwei Jahren noch gewachsen. Er ist im Training immer hochmotiviert, und es macht wirklich Spaß, mit ihm zu arbeiten. Bei der U23-EM wird es sicher spannend – die Top Acht sind möglich, und wir schauen, was die Tagesform hergibt. Der große Traum sind die Olympischen Spiele. Im Trainingsprozess haben wir noch einige Optionen, intensivere Trainingsmethoden einzusetzen, um Julians Entwicklung weiter zu fördern. Es geht darum, Schritt für Schritt auf ein noch höheres Niveau zu kommen. Die Basis ist bereits sehr gut, und es ist wirklich spannend zu sehen, wie viel Potenzial noch in ihm steckt.