| Interview der Woche

Alexandra Burghardt: "Ich habe für dieses Jahr noch viel vor"

© Jan Papenfuß
In 7,13 Sekunden ist Alexandra Burghardt am Samstag bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Dortmund zu Gold über 60 Meter gestürmt. Im Interview sprach sie mit uns anschließend über ihre Vorbereitung, neue Reize und woraus sie nach der olympischen Bronzemedaille mit der 4x100-Meter-Staffel neue Motivation gezogen hat.
Jane Sichting

Alexandra Burghardt, herzlichen Glückwunsch zum deutschen Hallenmeister-Titel über 60 Meter – Gold mit neuer persönlicher Bestzeit. Wie war das Rennen für Sie?

Alexandra Burghardt:
Ehrlich gesagt kann ich mich nicht so stark an das Rennen erinnern. Schon der Vor- und der Zwischenlauf waren sehr gut. Auch habe ich gemerkt, dass der erste Start im Finale sehr gut gewesen wäre. Ich bin dann einfach bei mir und mental fokussiert geblieben. Ich hatte so eine innere Ruhe, weil ich sehr gut auf diesen Tag vorbereitet war. Wir haben super trainiert und ich hatte heute ein super Team dabei. Da habe ich einfach versucht, Spaß zu haben.

Direkt nach dem Finale und dem unmittelbar anschließenden Fernsehinterview haben Sie als Erstes Ihren Mann umarmt. Wer gehört denn noch zu dem Team, das Sie in der Helmut-Körnig-Halle unterstützt hat?

Alexandra Burghardt:
Zum einen waren mein Mann und mein Hund heute dabei. Das ist mir immer sehr wichtig, die beiden als Konstante dabei zu haben. Zum anderen waren auch mein Zusatzcoach Dr. Tobias Alt und Hems Bungenberg de Jong dabei, ein Physio aus Dortmund, der heute extra für mich gekommen ist. Dazu kommen noch Trainingskollegen – es war einfach ein super Vibe heute. Ich konnte mich ganz auf mich fokussieren und wusste, dass sie alle bei mir sind und mich anfeuern.

Wie Sie es eingangs schon angesprochen haben, gab es im Finale zunächst einen Fehlstart. Hatten Sie kurz Angst, dass möglicherweise Sie es gewesen sind, die zu schnell aus den Blöcken gestartet ist?

Alexandra Burghardt:
Nein, gar nicht. Ich wusste, dass ich sehr gut reagiert habe, wahrscheinlich sogar besser als dann im Finallauf. Aber ich habe nicht spekuliert und wenn man nicht spekuliert, dann hat man normalerweise auch keinen Fehlstart. So schnell reagiere ich dann auch nicht, dass ich mal einer dieser Menschen wäre, denen das passiert.

Im Vorfeld der Deutschen Hallenmeisterschaften war das Niveau an der Spitze relativ ausgeglichen: In der Meldeliste fanden sich sechs Sprinterinnen, die dieses Jahr schon Zeiten zwischen 7,24 und 7,30 Sekunden gelaufen sind. Mit 7,13 Sekunden konnten Sie sich dennoch deutlich vom Feld absetzen. Hatte es sich schon im Training angedeutet, dass solch eine Spitzenzeit in Ihnen steckt?

Alexandra Burghardt:
Wenn ich ehrlich bin, habe ich gar nicht an die anderen gedacht. Ich habe mir heute das Ziel gesetzt, einfach mein Rennen zu machen. Wir Sprinterinnen haben den Luxus, dass jede ihre eigene Bahn hat – dass hat man über 800 Meter zum Beispiel nicht. Deswegen ist es egal, was die anderen machen. Das ist leicht gesagt, aber schwierig gemacht. Mir ist es heute einfach gelungen, die Scheuklappen aufzusetzen und mein Ding zu machen.

Nun haben 7,13 Sekunden nicht nur für Gold gereicht, sondern sind auch eine Verbesserung Ihrer persönlichen Bestleistung aus 2017 um sechs Hundertstel. Was hat heute besser funktioniert als die Jahre zuvor?

Alexandra Burghardt:
Ich war super vorbereitet, habe die vielleicht beste Vorbereitung auf die Halle meines Lebens gemacht. Zudem habe ich mich von den ersten Ergebnissen nicht verunsichern lassen. Einen weiteren Anteil haben sicherlich auch das Team und der neue Reiz mit Tobias Alt. Und ich bin selbst ein bisschen gereift. Ich bin jetzt 30 Jahre alt und werde es auch nicht mehr zehn Jahre machen. Daher versuche ich, jedes Jahr so anzugehen, als wäre es mein letztes, und alles so zu machen, wie ich es am Ende des Tages für mich rechtfertigen kann und eine gute Zeit habe. Ich habe schon mehr erreicht, als ich mir jemals erträumt habe. Deswegen versuche ich es zu genießen und Spaß beim Laufen zu haben.

Wie sah Ihre Vorbereitung denn konkret aus? Wie sind Sie durch den Winter gegangen?

Alexandra Burghardt:
Sehr gut, ich bin gesund durch den Winter gekommen und wir haben mit einer kleinen Gruppe ein superschönes Trainingslager in Dubai gemacht. Danach hatte ich über Weihnachten einen kleinen Durchhänger. Das lag aber einfach daran, dass ich noch nie so viel trainiert habe. Zum Glück bin ich jetzt rechtzeitig zur DM frisch geworden.

Sie haben bereits zweimal den Namen Tobias Alt genannt. Welche Rolle spielt er in Ihrem Trainingsumfeld und welche neuen Reize konnten Sie mit ihm setzen?

Alexandra Burghardt:
Mein Trainer ist nach wie vor Patrick Saile. Aber ich hatte nach der Sommersaison entschieden, dass ich ein paar neue Cues brauche. Tobias Alt ist Trainingswissenschaftler in Dortmund, mit ihm hatte ich schon während meiner Bobsaison zusammengearbeitet. Deswegen wusste ich, dass es menschlich passt. Am Ende sind es die gleichen Dinge – beide sagen mir das Gleiche. Aber in meinem Alter ist das irgendwann auch schon mal ein bisschen abgenutzt und kommt nicht mehr so an. Deswegen war es mir wichtig, da noch mal neue Cues zu haben, also neue Stichworte, mit denen ich im täglichen Training arbeiten kann. Der Fokus von Tobias Alt liegt vor allem auf der Beschleunigung – zum Beispiel auf shin roll, ankle rocker und foot flick, wie er es nennt. Das sind kleine Übungen, die wir mit in das Training einbauen.

Und die angesichts der Zeit gut angeschlagen haben. Mit 7,13 Sekunden haben Sie sowohl die Norm für die Hallen-EM als auch für die Hallen-WM abgehakt. Werden Sie beide Meisterschaften laufen?

Alexandra Burghardt:
Schon vor der Hallensaison hatte ich mir das Ziel gesetzt, sowohl die EM als auch die WM zu machen. Bei der EM hatte ich zum Glück schon die B-Norm, aber von der WM war ich noch ein ganzes Stück entfernt. Nach heute werde ich nun beides machen. Das macht für mich Sinn. Da die WM im Sommer so spät im Jahr ist, kann man auch eine WM in der Halle mitmachen. Das ist dann auch meine erste Hallen-WM und ich würde gern einfach alles mitnehmen, Spaß haben, gesund bleiben und das Ganze einfach genießen.

Genießen ist ein gutes Stichwort, denn genießen konnten Sie sicherlich auch die Olympischen Spiele in Paris, als Sie mit der 4x100-Meter-Staffel Bronze gewonnen haben. Wie haben Sie die ersten Wochen danach erlebt? Sind Sie auch erst einmal in ein kleines Down gefallen, von dem viele erfolgreiche Athlet:innen berichten?

Alexandra Burghardt:
Dieses Jahr nicht so. Dadurch, dass ich diese blöde Fußverletzung hatte – ein bisschen unverschuldet –, war ich eher etwas unzufrieden damit, wie die Saison gelaufen ist. Weil ich meine persönlichen Ziele nicht erreicht habe. Darum war ich recht motiviert, gleich wieder ins Training einzusteigen. Auch weil ich für dieses Jahr viel vorhabe. Von daher bin ich gar nicht in ein Loch gefallen, sondern umso mehr motiviert, dass ich den Schwung aus Paris jetzt mitnehme und genau dort weitermache.

Ihren ersten Olympiaerfolg haben Sie im Bobsport gefeiert – verfolgen Sie das aktuelle Wettkampfgeschehen im Eiskanal?

Alexandra Burghardt:
Ja klar! Ich habe da viele nette Leute kennengelernt und es ist eine coole Sportart. Auch wenn ich mir nicht jedes Rennen anschauen kann, verfolge ich es durchaus.

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