| Jugend-Leichtathlet 2024

Hendrik Müller – Ein junger Höhenjäger greift nach den Sternen

© Jan Papenfuß
Im zurückliegenden Jahr feierte Hendrik Müller den größten sportlichen Erfolg seiner jungen Karriere: Der Stabhochspringer krönte sich zum U20-Weltmeister. Für diesen Höhenflug wurde er nun zu Deutschlands „Jugend-Leichtathlet des Jahres“ 2024 gewählt. Für den Übergang in die Erwachsenenklasse hat sich der 19-Jährige bereits ehrgeizige Ziele gesetzt.
Svenja Sapper

Es war ein kalter peruanischer Nachmittag Ende August, an dem Hendrik Müller (TSV Bayer 04 Leverkusen) sportlich ganz oben ankam. 13 Mal nahm er Anlauf im Stabhochsprung-Finale der U20-WM in Lima. Laut angefeuert vom deutschen Team, das sich in Mannschaftsstärke an der Anlage versammelt hatte, schraubte er sich Höhe um Höhe über die Latte und bewies mehrmals Nervenstärke.

Ausgerechnet der 13. Sprung war es, der ins goldene Glück führte: Im letzten Versuch bei 5,45 Metern schwebte der Leverkusener über die Latte, jubelte und fasste sich ungläubig an den Kopf. Nachdem kurz darauf Rikuya Yoshida (Japan) im dritten Anlauf gescheitert war, stand fest: Hendrik Müller hatte seinen ersten internationalen Titel gewonnen. „Da bin ich erst mal zu Marvin gerannt, meinem Coach. Dass wir uns zusammen gefreut haben, war das Schönste.“

Dass es die letzte Meisterschaft im Jugendbereich sein sollte, die ihm den größten Erfolg bringen würde, hatte er schon zuvor ausgerechnet. „Ich war seit der U18 in Europa vorn mit dabei. Da haben wir die Termine rausgesucht, wann eine EM und wann eine WM ist. Schon damals fanden Marvin und ich es optimal, dass in meinem zweiten, voraussichtlich stärkeren U20-Jahr eine WM stattfindet.“

Langer Weg an die Spitze

Sein Jugendtrainer Marvin Klaassen, der den damals Elfjährigen entdeckte, hat Hendrik Müller durch die Jugend-Altersklassen begleitet – mit großem Erfolg: Jahr um Jahr steigerte sich der Nachwuchs-Athlet stetig. Nur 2024 fiel die Freiluft-Bestmarke nicht („Es hat gefühlt bei jedem Wettkampf geregnet“). Dafür überbot der 19-Jährige in der Halle mit 5,55 Metern den Hausrekord seines Trainers um zwei Zentimeter.

Für die U20-WM waren die herausfordernden Wettkämpfe eine gute Vorbereitung. Immerhin war es auch in Lima regnerisch und kalt. „Aber mit der dicken Jacke, zwei Hosen und einer Decke hatte ich alles, was ich brauchte.“ Zudem befand sich der Stabhochspringer in sehr guter körperlicher Verfassung. „Ich wusste, mit einem normalen Wettkampf kann ich weit vorne landen – mit einem guten Wettkampf kann ich das Ding gewinnen.“

Für Hendrik Müller ist der Titel die Bestätigung, dass er seine Leistung auf den Punkt abrufen kann, wenn es am meisten zählt. „Die Höhen, die ich gesprungen bin, waren immer gut“, betont er. „Aber ich habe nie den Wiedererkennungswert gehabt, dass jemand meinen Namen hört und direkt einen Erfolg im Kopf hat. Das ist jetzt anders.“

Training mit Wettkampf-Charakter

Das Training für die neue Saison absolviert der 19-Jährige bei Christine Adams. Während Marvin Klaassen in Leverkusen für das Jugendtraining zuständig ist, hat die langjährige DLV-Teamleiterin Stabhochsprung die Springer der Erwachsenenklasse unter ihren Fittichen. Hendrik Müller profitiert fortan von gemeinsamen Einheiten mit Olympia-Teilnehmer Torben Blech. „Wenn Torben aus acht bis zehn Schritten Anlauf springt und ich aus zwölf, springen wir ähnlich hoch“, berichtet er. Noch sei sein älterer Teamkamerad meist der Bessere, doch wenn er sich Unkonzentriertheiten leistet, kann Hendrik Müller ihn schon ein wenig „kitzeln“.

Der Abschied von Marvin Klaassen ist schwergefallen, jedoch bleibt der Jugendtrainer ein enger Vertrauter und Wegbegleiter. Zuletzt bremste den Teenager eine Blessur an der Schulter aus. „Als ich das erste Mal wieder gesprungen bin, war Marvin der Erste, den ich danach angerufen habe. „Wir stimmen uns ab, was Kraftpläne angeht. Es gibt niemanden, der mich besser kennt.“ Bei Wettkämpfen wird ihn Marvin Klaassen in Abstimmung mit Christine Adams weiterhin gelegentlich betreuen.

U23-EM und WM-Bestätigungsnorm als Ziel

Die Weichen für die duale Karriere sind seit Kurzem gestellt: Seit dem 1. November hat Hendrik Müller die Grundausbildung als Sportsoldat bei der Bundeswehr absolviert. Ein Studium soll folgen. Vorerst liegt der Fokus auf den sportlichen Ambitionen, vor allem der U23-EM in Bergen (Norwegen; 17. bis 20. Juli). Dort soll im Finale die Bestleistung fallen. „Das ist das, was mir in Lima ein bisschen gefehlt hat: Ich bin noch nie PB in einem internationalen Finale gesprungen. Das würde ich gern erreichen.“

Dabei hat der Leverkusener eine bestimmte Zahl als Saison-Ziel im Visier: 5,65 Meter. Bei dieser Höhe steht die Bestätigungsnorm für die WM in Tokio (Japan; 13. bis 21. September). Bei der Jugend-Hallen-DM 2024 fiel die Latte bei 5,65 Metern nur knapp, das Ziel ist also realistisch, zumal Hendrik Müller die Verletzungszeit genutzt hat, um schneller zu werden, und sich auch den Umgang mit härteren Stäben zutraut.

Zwar weiß der 19-Jährige, dass Torben Blech, Bo Kanda Lita Baehre (Düsseldorf Athletics) und Oleg Zernikel (ASV Landau) kaum von den Qualifikationsplätzen zu verdrängen sein werden. „Die werden sicher alle die Norm schaffen, es sei denn, jemand verletzt sich – was man natürlich nicht hofft.“ Dennoch: Falls ein Türchen aufgeht, möchte der Leverkusener mit World-Ranking-Punkten und Bestätigungsnorm in der Tasche bereit sein. „Es wäre das Größte, bei den Aktiven zu starten.“

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