Über den Sprintcup fand der Deutsche Rekordhalter über 200 Meter Joshua Hartmann schon früh zum ASV Köln, Chidiera Onuoha wurde im vergangenen Jahr im ASV-Trikot Deutscher U23-Meister über 100 Meter. Mit Marvin Schulte und Robert Polkowski hat der Verein zuletzt zwei weitere Top-Sprinter verpflichtet. Im gemeinsamen Interview mit ASV-Cheftrainer Tom Oeppert verraten sie, was sie sich für 2025 vorgenommen haben.
Tom Oeppert, 2024 hat Ihr Schützling Chidiera Onuoha eine bemerkenswerte Saison hingelegt: Erst wurde er im Alter von 20 Jahren Deutscher U23-Meister über 100 Meter, dann folgte die Steigerung auf 10,11 Sekunden. Wo soll das 2025 hinführen?
Tom Oeppert:
Für Chidi? Im Idealfall zur Goldmedaille über 100 Meter bei den U23-Europameisterschaften.
Chidiera Onuoha, betrachten Sie das auch als Ihr Ziel für die Titelkämpfe, die im Juli im norwegischen Bergen stattfinden?
Chidiera Onuoha:
Ja. Ich will 2025 weiter Spaß am Sprinten haben und mir diesen Traum verwirklichen. Die Vorbereitung läuft gut. Im Training bin ich schon schneller als vergangenes Jahr zur gleichen Zeit.
Tom Oeppert, als Coach haben Sie maßgeblichen Anteil an Chidis Leistungen. Dabei sind Sie erst 25 Jahre alt. Wie kommt man mit Mitte 20 an das Know-how, Athleten zu solchen Top-Leistungen zu führen?
Tom Oeppert:
Das hat ganz viel mit Jannik Engel zu tun, der ja für das Training von Joshua und Marvin verantwortlich ist, obwohl er schon lange als Coach in Leverkusen arbeitet. Wir sind ein gutes Team, das vereinsübergreifend zusammenarbeitet. Von seiner immensen Erfahrung profitiere ich auch sehr stark in der Betreuung von Chidi. Ich bringe dabei vor allem meinen wissenschaftlichen Background ein. Nach meinem Master in Sportwissenschaften beschäftige ich mich aktuell an der Deutschen Sporthochschule Köln in meiner Promotion auch mit dem Sprint.
Worum geht es da genau?
Tom Oeppert:
Um die Biomechanik des Sprints und darum, wie man das Training so individualisieren kann, dass mit passenden Technik- und Kraftübungen die Beschleunigung und das maximale Tempo optimiert werden. Neben der Individualisierung ist aber natürlich auch entscheidend, dass Sprinter in einer starken Gruppe trainieren, in der sie sich gegenseitig pushen.
Der Star der ASV-Gruppe ist ja sicherlich Joshua Hartmann: Zwei Halbfinalteilnahmen bei Olympia, Steigerung auf 10,06 Sekunden über 100 Meter. Das Fehlstart-Aus im Finale bei der EM in Rom. Das sind die Fakten des Jahres 2024. Aber wie fällt Ihr persönliches Fazit aus, Joshua Hartmann?
Joshua Hartmann:
Es war eine Saison mit sehr vielen Höhen und Tiefen. Ich habe auch Fehler gemacht, aber das gehört einfach dazu, wenn man sich weiterentwickeln will. Man muss gucken, woran lag es? Und sich dann überlegen, was man anders machen kann. Und wenn ich 2023 mit 2024 vergleiche, finde ich schon, dass ich gelernt habe und bei den großen internationalen Meisterschaften von Runde zu Runde weitergekommen bin. Natürlich ist es schwierig, in einem Olympia-Halbfinale oder einem EM-Finale persönliche Bestleistungen zu laufen, aber das ist mein Ziel. Es ist eben auch ein Prozess, mit solchen Drucksituationen immer besser klarzukommen.
Ihren ersten Wettkampf bestreiten Sie am 18. Januar in Dortmund über 60 Meter in der Halle. Mit welcher Zielsetzung?
Joshua Hartmann:
Ich freue mich einfach darauf, meine Saison in Deutschland und besonders in NRW so nah an Köln zu eröffnen. In den vergangen zwei Jahren sind Wettkämpfe in Deutschland ein bisschen zu kurz gekommen.
Vor zwei Jahren haben Sie den deutschen Hallenrekord in Berlin mit 6,53 Sekunden nur um eine Hundertstel verpasst und 2024 warst du mit 6,54 Sekunden auch ganz nah dran an der Marke von Julian Reus …
Joshua Hartmann:
… in dieser Hallensaison habe ich mir auf jeden Fall etwas vorgenommen, was 2023 und 2024 noch nicht geklappt hat. Die 200 Meter laufe ich erst wieder im Freien, die engen Hallenkurven sind nichts für relativ große Sprinter wie mich.
Werden Sie im Sommer den Schwerpunkt auf die 200 Meter legen, oder auch wieder 100 Meter laufen – wie 2024, als es bei der DM hinter Owen Ansah Platz zwei gab?
Joshua Hartmann:
Ich werde es so ähnlich machen wie 2024. Ich bleibe 200-Meter-Spezialist, aber wenn du da international vorn dabei sein willst, muss du auch sehr schnelle 100 Meter anbieten. Und mir ist bewusst, dass die 100 Meter so etwas wie die Königsdisziplin der Leichtathletik sind. Und natürlich will ich irgendwann die 200 Meter unter 20 und die 100 Meter unter zehn Sekunden laufen.
Tom Oeppert, was glauben Sie, wann der erste ASV-Sprinter das schaffen wird?
Tom Oeppert:
Da muss natürlich viel zusammenpassen. Aber ich denke, es kann schon 2025 passieren.
Joshua Hartmann, haben Sie auch Lust auf Staffel-Auftritte über 4x100 Meter mit dem ASV?
Joshua Hartmann:
Ja, definitiv. Wir müssen nur mal schauen, wie sich das mit meinen Einzelstarts bei den Deutschen Meisterschaften vereinbaren lässt.
Marvin Schulte, haben Sie sich wegen dieser Staffelperspektiven für den ASV entschieden, oder was war ausschlaggebend für Ihren Wechsel von Leipzig nach Köln?
Marvin Schulte:
Ja, die hat eine wichtige Rolle gespielt, aber ich wohne ja jetzt schon seit einem Jahr hier in Köln und habe auch schon viel zusammen mit Joshua auf der ASV-Anlage trainiert, wenn wir nicht in Leverkusen bei Jannik waren. Ich fühle mich hier sehr wohl und finde das Setting sehr gut, um neben dem professionellen Sprinten auch mein Medienmanagement-Studium an der Uni Köln voranzutreiben.
Ihre 100-Meter-Bestzeit steht schon seit fünf Jahren bei 10,18 Sekunden. Wollen Sie die Marke 2025 angreifen?
Marvin Schulte:
Natürlich, ich bin auf jeden Fall jemand, der stetig an sich arbeiten möchte, der sich persönlich entwickeln will, aber auch leistungstechnisch. Mir geht es darum, dass ich konstant gut renne und das Maximale aus mir raushole. Um persönlichen Bestzeiten zu steigern, müssen viele Umstände an einem Tag passen. Aber ich bin auf jeden Fall sehr zuversichtlich, dass 2025 ein gutes Jahr für die Gruppe und für mich wird. Wir arbeiten sehr akribisch und sind ein gutes Team, was ich sehr wertschätze.
Robert Polkowski, Sie studieren neben dem Leistungssport Medizin an der Kölner Uni. Wie vereinbaren Sie so ein anspruchsvolles Studium mit dem Sprinten auf diesem Niveau?
Robert Polkowski:
In den vergangenen Jahren lag mein Fokus auf dem Studium. Ich habe 2019 angefangen, habe die geplanten Inhalte der ersten zehn Semester in neun absolviert und nehme mir jetzt vor der Examensvorbereitung noch mal ein Jahr, um im Sport zu gucken, was noch geht. Ich würde gern 2025 noch einmal in den Bereich kommen, in dem ich schon einmal war. Meine Bestzeit bin ich vor zehn Jahren gelaufen: Da war ich 20 und bin die 100 Meter in 10,33 Sekunden gesprintet.
Für Sie ist der Wechsel zum ASV Köln nach vielen Jahren bei anderen Vereinen eine Rückkehr zu Ihren Wurzeln …
Robert Polkowski:
… ja. Ich habe vor 20 Jahren als Zehnjähriger mit meiner Schule beim Sprintcup mitgemacht und ein Jahr kostenloses Training beim ASV gewonnen. So hat das alles angefangen.
Über das aktuelle Sprint-Quartett des ASV Köln
Joshua Hartmann (25) fand über den ASV-Sprint-Cup zur Leichtathletik. Entdeckt von Jannik Engels, der ihn bis heute trainiert. Seit 2023 Deutscher Rekordler über 200 Meter in 20,02 Sekunden und schon seit 2022 auch mit der deutschen 4x100-Meter-Staffel (37,97 sec bei EM in München 2022). Holte 2024 mit Einstellung seiner Bestzeit von 10,06 Sekunden DM-Silber über 100 Meter.
Chidiera Onuoha (21) ist 2024 zum ASV Köln gewechselt, wurde mit 20 Jahren auf Anhieb Deutscher U23-Meister über 100 Meter, erreichte das 100-Meter-Finale bei den Deutsche Meisterschaften in Braunschweig. Und dann steigerte er seine PB über 100 Meter in Rhede auf sensationelle 10,11 Sekunden.
Marvin Schulte (25) wechselt vom SC DHfK Leipzig an den Rhein. Er war 2021 bei den Olympischen Spielen in Tokio Mitglied der deutschen 4x100-Meter-Staffel. 2019 wurde er mit der DLV-Staffel über 4x100 Meter U23-Europameister. 2018 gewann er mit der Sprintstaffel des DLV Bronze bei den U20-Weltmeisterschaften im finnischen Tampere. Zwei Jahre zuvor hatte er bereits Gold über 100 Meter bei den Europameisterschaften der unter 18-Jährigen gewonnen. Seine persönliche Bestleistung über 100 Meter steht bei 10,18 Sekunden.
Robert Polkowski (30) kommt vom Sprintteam Wetzlar zum ASV. Der 30-Jährige kann eine 100-Meter-Bestzeit von 10,33 Sekunden vorweisen. 2013 hatte er eine Bronzemedaille über 100 Meter bei der U20-EM gewonnen. Im kommenden Jahr will er neben seinem Medizinstudium in Köln vor allem die 4x100-Meter-Staffel des ASV Köln verstärken.