Gemeinschaft, Teamgeist, Vielfalt: Werte, die Aleixo Platini Menga während seiner Zeit in der deutschen Sprintstaffel gelebt und vorgelebt hat. Jetzt engagiert sich der 37-Jährige in neuer Rolle für die Leichtathletik: als Anti-Rassismus-Ansprechpartner im DLV. Zum Start in unsere Themenwoche „Leichtathletik ist für alle“, die ganz im Zeichen der Vielfalt stehen wird, berichtet Aleixo Platini Menga über sein Engagement und davon, was ihn motiviert, seine Erfahrungen an andere weiterzugeben.
Leichathletik ist Vielfalt: Mehr zur Kampagne
Aleixo Platini Menga, willkommen zurück in der Leichtathletik! Welche Aufgaben haben Sie genau in Ihrer neuen Rolle übernommen?
Aleixo Platini Menga:
Ich bin seit Frühjahr 2024 Anti-Rassismus-Ansprechpartner im DLV. In meiner Rolle bin ich Ansprechpartner, Unterstützer und Zuhörer zum Beispiel für Mitarbeiter, Trainer und andere Beteiligten, um bei Fragen, Beschwerden oder Problemen im Zusammenhang mit Rassismus zu unterstützen sowie bei Konflikten zu beraten und lösungsorientierte Wege aufzuzeigen. Es geht darum, in herausfordernden Situationen Halt zu geben, Fragen zu beantworten und vor allem Betroffenen rassistischer Vorfälle ein vertrauensvolles Umfeld zu bieten. Darüber hinaus beteilige mich an Schulungen und Workshops, um Bewusstsein für Rassismus und Diskriminierung zu schaffen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Entwicklung von Kommunikationskampagnen wie diese, die die Werte Vielfalt und Toleranz unterstreichen, und die nachhaltige Verbesserung der Strukturen, damit wir präventiv gegen Diskriminierung vorgehen können.
Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit mit dem DLV?
Aleixo Platini Menga:
Es handelt sich dabei um eine Tätigkeit im Rahmen eines Anti-Rassismus-Projekts der Deutschen Sportjugend (dsj). Der DLV ist auf mich zugekommen, da ich als ehemaliges Mitglied der Nationalmannschaft nicht nur die sportliche Perspektive, sondern auch persönliche Erfahrungen einbringen kann. Es ist mir eine Herzensangelegenheit, die Leichtathletik als ein starkes Symbol für Vielfalt und Integration zu fördern.
Warum ist es Ihnen wichtig, sich hier einzubringen?
Aleixo Platini Menga:
Als ehemaliger Teil der Nationalmannschaft des Deutschen Leichtathletik-Verbandes hatte ich die Chance und Ehre, über ein Jahrzehnt den Kurzsprint zu repräsentieren. Mit angolanischen Wurzeln, aber tief in Deutschland verankert, möchte ich meinen Beitrag dazu leisten, mich für gelebte Vielfalt und Integration einzusetzen.Ich bin ein gebürtiger Angolaner und bin im Alter von zwei Jahren nach Deutschland immigriert. Deutschland ist meine Heimat. Dieses Gefühl von „Heimat“ und Identifikation möchte ich in Diskussionsrunden und Workshops besprechen und auch als Anlaufstelle bereitstehen für Menschen mit rassistischen Erfahrungen, um zu unterstützen und eine Plattform zu bieten. Dieses Bewusstsein begleitet mich auch privat, da ich mit meiner Frau, die eine hellere Hautfarbe hat, zwei Kinder großziehe, die ebenfalls mit Fragen zu Identität und Zugehörigkeit konfrontiert sind. Wir führen diese Gespräche zu Hause offen, und ich möchte ähnliche Dialoge auch im sportlichen Kontext ermöglichen. Es ist wichtig, dass Menschen, die Diskriminierung erfahren, Unterstützung finden und wissen, dass sie nicht allein sind.
Sportler:innen stehen in der Öffentlichkeit und sind daher auch in besonderem Maße mit Anfeindungen und Hasskommentaren im Netz ausgeliefert. Wie ist es Ihnen damit persönlich ergangen?
Aleixo Platini Menga:
Direkte Hasskommentare habe ich zum Glück nie unter meinen Posts erhalten. Es kursierten zu meiner aktiven Zeit eher in Leichtathletik-Foren Diskussionen, dass ich ein „eingekaufter“ Sprinter sei. Das hat meine Leistung nicht beeinflusst. Dafür ist man zu fokussiert auf seine Ziele.
Diese Distanzierung fällt sicher nicht allen so leicht…
Aleixo Platini Menga:
Selbstbewusste und erfahrene Athletinnen und Athleten haben vielleicht schon Mechanismen entwickelt, damit sie sich nicht aus der Fassung bringen lassen von Anfeindungen oder Hasskommentaren. Aber wir müssen hier auch an den Nachwuchs denken, der schon sehr früh mit Social Media zu tun hat. Dort können solche Kommentare verehrende Folgen haben.
Ich bemerke insgesamt einen Anstieg meinungskundiger Menschen im Netz. Was in einer Demokratie absolut richtig ist. Aber es darf nicht dazu führen, dass Menschen persönlich angegriffen werden.
Sie sprachen es an: In den kommenden Tagen wird ein Ergebnis Ihrer Zusammenarbeit mit dem DLV-Referat Sportentwicklung auf allen Leichtathletik-Kanälen zu sehen sein: „Leichtathletik ist für alle“, eine Kampagne für die Vielfalt. Wie konnten Sie sich hier einbringen?
Aleixo Platini Menga:
Ich habe den Prozess intensiv begleitet: von der inhaltlichen Beratung über die Entwicklung der Botschaften bis hin zu Gesprächen mit Athlet:innen, die Teil der Kampagne sind. Es war mir wichtig, sicherzustellen, dass die Botschaften authentisch und greifbar sind. Leichtathletik ist eine Sportart, die durch Vielfalt lebt – das möchten wir sichtbar machen.
Wie sind Ihre persönlichen Erfahrungen: Kann die Leichtathletik einen Teil zu mehr Toleranz, Offenheit und Vielfalt in der Gesellschaft beitragen?
Aleixo Platini Menga:
Ich bin davon überzeugt, dass Sport Brücken bauen und Vorurteile überwinden kann. Als Anti-Rassismus-Beauftragter werde ich mich unermüdlich für Gleichberechtigung und Toleranz im Sport und neben dem Platz einsetzen.
Wen sollen die Inhalte erreichen, und was erhoffen Sie sich davon?
Aleixo Platini Menga:
Wir bewegen uns in erster Linie in der Leichtathletik und im Sport. Daher wollen wir natürlich zunächst die Leichtathletik-Community ansprechen und auch in die Verantwortung nehmen. Es geht uns darum zu zeigen, dass die Leichtathletik für alle offen ist. Zugleich wollen wir aber auch ein gesellschaftliches Zeichen setzen. Für die Stärke von Vielfalt und den Wert von Toleranz und Respekt.
Wie kann jeder Einzelne die Botschaften nach außen tragen?
Aleixo Platini Menga:
Ganz einfach: Indem sie die Statements teilen und die Aussagen mit Leben füllen. Leichtathletik ist Vielfalt. Leichtathletik ist für alle – das wollen wir gemeinsam zeigen und das wollen wir gemeinsam vorleben.
Wie Sie selbst viele Jahre lang als Mitglied der deutschen Sprintstaffel. 2021 haben Sie Ihre aktive Karriere beendet. Wie gefällt Ihnen das Leben nach dem Sprint?
Aleixo Platini Menga:
Kurz vor dem Karriere-Aus und in der Zeit nach Corona haben mich starke Achillessehnenschmerzen und Rückenschmerzen geplagt. Durch die Reduzierung des intensiven Trainings sind die Schmerzen zurückgegangen. So sehr ich das Sprinten geliebt habe, so schön ist es nun auch, andere Sportarten auszuüben, ohne Angst zu haben, dass man seine Karriere gefährdet.
Auch im Berufsleben habe ich ein neues, altes Zuhause gefunden: Ich bin vom Sportsoldaten der Bundeswehr, ohne die meine professionelle Karriere nicht möglich gewesen wäre, ins Streitkräfteamt Dezernat Sport gewechselt. Dort arbeite ich nun als Berufssoldat, als Organisationsfeldwebel im Sachgebiet Spitzensport. Der geregelte Alltag und die zurückgewonnenen Wochenenden helfen natürlich der Familiengemeinschaft.
Sie sind Vater von zwei Kindern. Sehen wir sie auch bald wie den Papa auf dem Leichtathletik-Platz?
Aleixo Platini Menga:
Meine beiden Kinder sind im Sport aktiv. Mein Sohn Louis (13) spielt American Football und meine Tochter Livi (10) tanzt. Mal schauen, ob die beiden sich zu Quereinsteigern in der Leichtathletik entwickeln – wie ich einst (lacht).
Zur Person |
Aleixo Platini Menga zählte im Sprint fast 15 Jahre lang zur deutschen Nationalstaffel. Er vertrat die deutsche Leichtathletik bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften und gewann zahlreiche DM-Medaillen, darunter 2012 Hallen-Gold über 200 Meter. Der heute 37-Jährige wurde 1987 in Angola geboren und wuchs in Deutschland in Monheim am Rhein auf. Während seiner aktiven Karriere startete er für den TSV Bayer 04 Leverkusen. Im Jahr 2021 beendete er seine sportliche Laufbahn und arbeitet mittlerweile bei der Bundeswehr als Organisationsfeldwebel im Sachgebiet Spitzensport. Seit 2024 bringt er sich im DLV als Anti-Rassismus-Ansprechpartner ein. |