| Interview der Woche

Hanna Klein: „Ein Jahr mit Höhen und Tiefen“

© Theo Kiefner
In der Halle, im Stadion und auch im Straßenlauf hat Hanna Klein schon nationale Titel abgeräumt, doch bis Samstag keinen im Gelände. Das änderte sich bei der Cross-DM in Riesenbeck. Im Interview der Woche verrät die Tübingerin, warum sie mit dem Triumph nicht gerechnet hatte und für welche Erfahrungen sie in einem Jahr mit Höhen und Tiefen dankbar ist.
Svenja Sapper

Hanna Klein, herzlichen Glückwunsch zum deutschen Meistertitel. Sie sind eine erfahrene Crossläuferin – kommt Ihr Sieg im ersten Rennen der Cross-Saison und gegen die starke Konkurrenz dennoch überraschend?

Hanna Klein:
Absolut! Ich hatte gar nicht daran gedacht, dass ich ganz vorne landen kann. Cross ist unvorhersehbar, da hängt alles von der Strecke und den Runden ab. Ich fand die Stelle in dem Matsch da hinten ziemlich herausfordernd, da habe ich ein bisschen kämpfen müssen. Ich habe mir das Rennen aber gut eingeteilt. In der letzten Runde dachte ich: Wenn ich es schaffe, hintenraus alles zu mobilisieren, kann das reichen. Den Ansporn zu gewinnen habe ich während des Rennens entwickelt.

Hatten Sie sich eine bestimmte Taktik zurechtgelegt?

Hanna Klein:
Ich hatte mir eigentlich nur vorgenommen, an den anderen Läuferinnen dranzubleiben, und gehofft, dass ich am Ende meine Kräfte mobilisieren kann.

Zu den Hauptkonkurrentinnen zählte während des Rennens eine Läuferin, die Sie sehr gut kennen und deren Form Sie sicher gut einschätzen konnten – Ihre Tübinger Trainingspartnerin Eva Dieterich …

Hanna Klein:
Ja, schon. Ich wusste, dass Eva ultragut drauf ist. Sie hat einen sehr guten Halbmarathon hingelegt und auch ihre 10-Kilometer-Zeit ist nicht von schlechten Eltern. Ich wusste, dass es nicht leicht wird, sie zu schlagen. Ich finde, wir haben ein sehr schönes Rennen gemacht, Meni [Domenika Mayer; Anm. d. Red.] hat es von vorne probiert, Eva und ich hatten dann die Aufgabe, die Lücke ein bisschen zu schließen. Ich sehe es als Teamarbeit, dass wir das zusammen geschafft haben. Wir konnten uns gegenseitig sehr gut pushen. Ich glaube, das war auch zum Anschauen ganz spannend – ich bin happy und stolz. Das ist mein erster Cross-Titel, ich freue mich, dass ich den jetzt auch habe.

Mit dem Sieg haben Sie sich zudem für die Cross-EM in Antalya [Türkei, 8. Dezember; Anm. d. Red.] empfohlen. An Cross-Europameisterschaften dürften Sie gute Erinnerungen haben, vor zwei Jahren haben Sie mit der Mannschaft den Titel geholt. Was trauen Sie sich diesmal zu?

Hanna Klein:
Ich freue mich einfach auf die Cross-EM. Mal schauen, was für eine Strecke dort auf uns wartet. Davon hängt immer ab, wie es dann ausgehen wird. Ich denke aber, dass wir grundsätzlich stark aufgestellt sind.

Das Jahr ist noch nicht ganz zu Ende, aber Ende November kann man schon mal ein Zwischenfazit ziehen: Wie würden Sie Ihr sportliches Jahr bewerten?

Hanna Klein:
Für mich war es ein Jahr mit gesundheitlichen „Ups and Downs“. Ich hoffe, dass ich jetzt langsam meine Balance wiedergefunden habe. Es waren viele Herausforderungen, mit denen ich konfrontiert war – und trotzdem habe ich es zu Olympia geschafft. Ich bin dankbar für diese Erfahrung. Paris war für mich unheimlich toll, weil es – im Gegensatz zu Tokio – Olympische Spiele mit Besuchern waren. Das ganze Erlebnis drumherum war für mich superschön. Ich glaube, ich bin dieses Jahr zumindest im Kopf stärker geworden, weil ich so viele Höhen und Tiefen durchgemacht habe.

Zu den Höhen zählten neben dem Olympia-Start sicher auch Platz sechs bei der EM in Rom und der DM-Titel über 5.000 Meter – was waren denn die Tiefen?

Hanna Klein:
Meine Verletzung, die ich mir letztes Jahr bei den Deutschen Meisterschaften zugezogen habe, hat mich doch länger beschäftigt, als ich wollte. Ich wollte zum Beispiel eine Hallensaison machen, das hat nicht geklappt. Ich bin erst spät in die Sommersaison gestartet und konnte auch nicht so viele Geschwindigkeiten absolvieren, wie ich wollte. Ich hatte immer wieder kleinere Rückschläge. Kurz vor dem Saisonhöhepunkt hatte ich noch mal gesundheitliche, krankheitsbedingte Probleme, die ich im Herbst erst mal ausmerzen musste.

Konnten Sie in den letzten Wochen vor der Cross-DM dann problemlos durchtrainieren?

Hanna Klein:
Die letzten Wochen waren einigermaßen stabil. Seit Mitte Oktober bin ich jetzt gut durchgekommen.

Wie wichtig war für Sie bei all den Rückschlägen Ihre Tübinger Trainingsgruppe mit Isabelle Baumann an der Spitze?

Hanna Klein:
Super wichtig. Ich habe mit Eva ganz viel Spaß im Training, auch wenn wir nicht häufig Tempoläufe zusammen gemacht haben, weil sie sich auf den Halbmarathon vorbereitet hat. Aber auch mit Lisa [Merkel] und den Mädels. Wir sind eine superstarke Gruppe gerade. Mit Isabelle habe ich jemanden gefunden, mit dem ich auf Augenhöhe über das Training reden kann. Es tut gut, im ehrlichen Austausch zu sein und Schritt für Schritt zu schauen.

Was wünschen Sie sich für das kommende Jahr?

Hanna Klein:
Ich wünsche mir schnelle Rennen auf der Bahn. Vor allem möchte ich gerne wieder mehr 1.500 Meter laufen – ich merke schon, dass mein Herz wieder danach schreit. Und am allerwichtigsten ist natürlich, gesund zu bleiben.

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