Bei spätsommerlichen Temperaturen teilten sich Katrin Ochs und Max Kirschbaum am Samstag die Kräfte am besten ein: Beide feierten bei den Deutschen Meisterschaften im Ultramarathon über 100 Kilometer in Kandel ihre ersten deutschen Meistertitel.
Max Kirschbaum (LG Ohmbachsee) ist am Samstag im pfälzischen Kandel in einer Zeit von 6:55:09 Stunden als neuer Deutscher Meister im 100-Kilometer-Straßenlauf ins Ziel gelaufen. Nach seinem Ausstieg im Vorjahr und seinem dritten Platz 2022 konnte er sich damit nun endlich den ersehnten Titel erlaufen. Auch Katrin Ochs (LG Filder) errang nach ihrem Vizemeistertitel vom Vorjahr in 8:13:55 Stunden ihren ersten Meistertitel über 100 Kilometer.
Sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen war das Rennen sehr spannend und geprägt durch Führungswechsel, plötzliche Schwierigkeiten und Ausstiege. Nach recht angenehmen Temperaturen beim Start stieg die Temperatur rasch und die Sonne brachte spätestens nach der Halbzeit bei dem Einen oder der Anderen stärkere Probleme mit dem Wärme- oder dem Wasserhaushalt.
Hohes Anfangstempo wird bestraft
Vom Start weg setzte sich der Schweizer Pascal Rüeger mit einem Tempo auf eine Endzeit von 6:10 Stunden mit Abstand an die Spitze. Es folgte, etwas überraschend, ein Neuling auf dieser Strecke, Martin Müller (Hamburg Running), bevor 500 Meter dahinter Johannes Arens (TV Kitzingen) und Max Kirschbaum hintereinander laufend folgten. Diese Drei wirkten sehr entspannt, obwohl auch ihr Anfangstempo noch für eine Endzeit von 6:40 Stunden gereicht hätte. Dahinter folgten schon mit Abstand Timo Striegel (LAV Ludwigsburg) und Marco Fuchs (Milers Colonia), die ein Tempo auf 7:10 Stunden gewählt hatten. Noch langsamer begannen Christoph Lux (LG Viktoria Augsburg), Christian Jacob (1. FC Lokomotive Leipzig) und Moritz Ehm (TV Referath).
Was am Laufstil schon bald zu erkennen war, trat ein: Pascal Rüeger bekam mit seinem Tempo zunehmend muskuläre Probleme und brach bei Kilometer 50 ab. Damit lag die Führung plötzlich bei Martin Müller, der unbeirrt sein Tempo beibehielt. Dahinter musste Max Kirschbaum langsam von Johannes Arens abreißen lassen. Dieser wirkte locker und hatte einige schnellere Runden, so dass er bei der ersten Schwäche von Martin Müller zur Stelle gewesen wäre, um die Spitze zu übernehmen. Doch traf diese Schwäche plötzlich und unerwartet Johannes Arens selbst: Er musste Max Kirschbaum wieder passieren lassen.
Max Kirschbaum läuft Bestzeit
Bekanntlich dauert ein Lauf aber, bis das Ziel erreicht ist. Und dass die letzten 15 Kilometer lang sein können, musste auch Martin Müller in Führung liegend erkennen, als er bei Kilometer 86 plötzlich innerhalb weniger Meter seine drei Führung von drei Minuten verlor und den immer noch flüssig laufenden Max Kirschbaum gehend passieren lassen musste. Max Kirschbaum bemerkte den Führungswechsel selbst nicht einmal und erfuhr von seiner neuen Platzierung erst kurz vor Kilometer 90.
Inzwischen hatte Johannes Arens sich wieder aus dem Energieloch herausgelaufen und startete wiederum selbst den Versuch, seinen Rückstand von acht min auf Platz zwei aufzuholen. Auf der letzten 5-Kilometer-Runde kämpfte jeder der drei Führenden. Max Kirschbaum wollte unter der A-Norm bleiben, Martin Müller das Ziel erreichen und Johannes Arens noch Platz zwei. Am Ende fehlten Kirschbaum winzige neun Sekunden zur A-Norm, doch verbesserte er seine Bestzeit um 40 Sekunden. Arens erlief sich in 7:05:25 Stunden den Vizemeistertitel, und Müller holte als Newcomer in 7:09:23 Stunden die für viele unerwartete Bronzemedaille.
Beachtenswert ist auch der neue deutsche Altersklassenrekord in der M70. Hier konnte Wolfgang Braun (TV Konzen) die alte Bestmarke von Hans-Dieter Jancker aus dem Jahre 2022 um 4:34 Minuten auf 9:02:45 Stunden verbessern.
Anja Kobs muss erschöpft aufgeben
Bei den Frauen legte Anja Kobs (TSV Alling) mit einem Tempo von 4:28 Minuten pro Kilometer los. Auch wenn sie noch nie 100 Kilometer gelaufen war, lag die Favoritenrolle als aktuelle Deutsche Meisterin über 50 Kilometer mit einer Zeit von 3:27:50 bei ihr. Mit gleichmäßigem Tempo kam sie bei Kilometer 50 in 3:44 Stunden durch, was eine Endzeit von 7:30 Stunden und ein richtig starkes Debüt bedeutet hätte. Wie bei den Männern brachte die Sonne auch bei den Frauen die Entscheidung. Anja Kobs reduzierte bei der Hälfte des Rennens zwar das Tempo, musste jedoch bei Kilometer 85 letztendlich erschöpft abbrechen.
Hinter ihr passierte Katrin Ochs in einer Zeit von genau 4:00 Stunden die 50-Kilometer-Marke. Sie wollte die A-Norm von acht Stunden unterbieten. Auch für sie wurde die zweite Hälfte hart, doch ihr gelang es, durch ein dann reduziertes Tempo sicher in 8:13:55 Stunden ins Ziel zu laufen. Mit dem Titel belohnte sie sich für eine starke Saison: 2024 konnte sie auf allen Ultra-Wettbewerben von 50 Kilometer bis 24 Stunden neue Bestzeiten aufstellen und wurde darüber hinaus im März bei der 50-Kilometer-DM Vierte sowie im April Deutsche Meisterin im Sechs-Stunden-Lauf.
Konstant hinter Katrin Ochs drehte Christine Fischer-Bedtke (LG eXa Leipzig) ihre Runden unauffällig mit einem Kilometer-Schnitt zwischen 5:00 bis 5:30 Minuten. Dabei hatte die Leipzigerin keiner so auf dem Zettel. Pia Winkelblech (TSV Kandel) gelang es mit ihrer Zeit von 8:41:59 Stunden auf den Bronzerang zu laufen. Nachdem sie in den ersten Runden noch auf Platz neun lag, arbeitete sie sich durch ihr gleichmäßiges Tempo und die Ausfälle vor ihr Platz um Platz nach vorne.
Team-Titel für die LG Ultralauf und das LuT Aschaffenburg
Bei der Mannschaftswertung der Frauen war die LG Ultralauf in der Besetzung Katrin Gottschalk, Rita Nowottny-Hupka und Dagmar Deuber in 31:37:47 Stunden erfolgreich. Bei der Mannschaft der Seniorinnen 50+ war es ebenfalls die LG Ultralauf, welche in etwas veränderter Besetzung Rita Nowottny-Hupka, Dagmar Deuber und Petra Fornacon in 35:08:42 Stunden gewann.
Die Mannschaftswertung der Männer gewannen unerwartet die Läufer Andreas Imgrund, Manfred Schott und Danny Sternkopf der LuT Aschaffenburg in 27:21:38 Stunden. Zweite wurde die LG Ultralauf (Klaus Haake, Fabian Benz, Timo Witt) in 28:56:29 Stunden.
Die Organisation durch den TSV Kandel war wie bereits fünf Jahre zuvor bei der letzten DM vorbildlich. Start und Ziel im Bienwaldstadion und eine flache 5-Kilometer-Runde bestehend aus Teilen des Bienwald-Marathons boten den Läufern sehr gute Laufbedingungen. Dass es nur einen Rekord zu vermelden gibt, lag eindeutig an den nochmals spätsommerlichen Temperaturen und der Sonne, was sich vor allem in der zweiten Rennhälfte und bei den langsameren Läufer:innen auf die Zeiten auswirkte.