| Olympische Spiele

Paris Tag 7 | Die DLV-Athlet:innen in den Vorrunden

© Gladys Chai von der Laage
Sechs Leichtathletik-Vorentscheidungen mit deutscher Beteiligung finden am Mittwoch bei den Olympischen Spielen in Paris im Stade de France statt. Wie die DLV-Athletinnen und -Athleten in den Vorrunden abgeschnitten haben, lesen Sie hier.
Svenja Sapper / Silke Bernhart

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Frauen


1.500 Meter Repechage

Nele Weßel verpasst die Überraschung

Drei Läuferinnen qualifizierten sich am Mittwoch in der Repechage Round je Rennen für das Halbfinale über 1.500 Meter. Im Lauf von Nele Weßel (TV Waldstraße Wiebaden) war einer dieser Plätze quasi schon nach der ersten Runde vergeben: Birke Haylom (Äthiopien), 18 Jahre jung und mit einer Bestzeit von 3:53,22 Minuten Afrikas U20-Rekordlerin, drückte mächtig aufs Tempo und lief zwischenzeitlich einen Vorsprung von mehr als 50 Meter heraus, den sie später sicher ins Ziel brachte.

In der Gruppe der weiteren Läuferinnen schwamm bei ihrer Olympia-Premiere lange auch Nele Weßel mit. Als diese Gruppe dann auch immer schneller wurde und die Lücke zur Führenden noch fast zulief, musste sie jedoch abreißen lassen. Damit rückte auch der Einzug ins Halbfinale außer Reichweite – Platz neun. Dass sie sich stabil auf hohem Niveau etabliert hat, zeigt ihre Zeit von 4:07,22 Minuten, bereits ihre achte in dieser Saison unter der 4:10-Minuten-Marke, die sie im Jahr zuvor erst zweimal unterboten hatte. In das DLV-Team nachgerückt über das World Ranking, reicht das zwar noch nicht für den Sprung in die erweiterte Weltspitze, das Fundament für den nächsten Leistungsschritt aber ist gelegt.
 


Speerwurf Qualifikation

Christin Hussong scheidet vorzeitig aus

Im dritten Durchgang gelang Christin Hussong (LAZ Zweibrücken) noch eine Steigerung: Nach exakt 57 Metern im ersten Versuch gab es fast die zweite Punktlandung, 59,99 Meter wurden gemessen. Damit lag die Europameisterin von 2018 auf Rang sieben in ihrer Qualifikationsgruppe. Dennoch war klar: Mit dem Finaleinzug würde es eng werden. Und bereits der erste Durchgang der zweiten Qualifikationsgruppe machte das letzte Fünkchen Hoffnung auf das Finale der besten Zwölf zunichte. Denn gleich sieben Athletinnen übertrafen auf Anhieb die 60 Meter, später fiel Christin Hussong noch auf Rang 18 zurück. 

Überraschend blieb auch Europameisterin Victoria Hudson aus Österreich in der Qualifikation hängen. Für sie gingen nur 59,69 Meter in die Wertung ein. Weltmeisterin Haruka Kitaguchi aus Japan (62,58 m) und der Weltjahresbesten Flor Denis Ruiz Hurtado (Kolumbien; 64,40 m) reichte dagegen ein Wurf, um die direkte Qualifikationsmarke von 62,00 Metern zu knacken. Der weiteste Wurf des Tages ging auf das Konto der Olympia-Zweiten von 2021 Maria Andrejczik (Polen; 65,52 m). 

Männer


200 Meter Halbfinale

Joshua Hartmann bietet Noah Lyles bis zur Kurve Paroli

Auf den ersten Metern legte Joshua Hartmann (ASV Köln) furios los, lief sogar auf Weltmeister Noah Lyles (USA) auf. Doch nach der Kurve schwanden dann sichtlich die Kräfte, immerhin war das 200-Meter-Halbfinale bereits das vierte Einzelrennen bei diesen Olympischen Spielen für den Kölner. Lyles ließ dem jungen Letsile Tebogo aus Botswana den Vortritt, der den Lauf in 19,96 Sekunden gewann. Der Weltmeister sprintete in 20,08 Sekunden auf Rang zwei, Joshua Hartmann wurde letztlich Fünfter in 20,47 Sekunden. Nach dem eine Zehntel schnelleren Eseosa Desalu (Italien) war er damit zweitbester Europäer. 

Ein kleiner Wermutstropfen: 20,31 Sekunden hätten zum Finaleinzug gereicht, diese Zeit hatte der 25-Jährige im Vorlauf um eine Hundertstel unterboten. In seinem besten Rennen in dieser Saison hatte er die halbe Stadionrunde in 20,15 Sekunden absolviert. Jedoch blieben in Paris viele Athleten ein Stück von ihren Saisonbestmarken entfernt. Am stärksten präsentierten sich neben Letsile Tebogo die US-Amerikaner, denn sowohl Kenneth Bednarek (20,00 sec) als auch Erriyon Knighton (20,09 sec), der Zweit- und Viertplatzierte von 2021, entschieden ihre Läufe für sich. 

Stimme zum Wettbewerb: 

Joshua Hartmann (ASV Köln)
Es wäre heute noch mehr drin gewesen. Dennoch bin ich nicht enttäuscht darüber, wie es gelaufen ist. Ich habe in den letzten Tagen für meine Verhältnisse ungewohnt viele Rennen bestritten, ich habe noch nie bei einer internationalen Meisterschaft beide Disziplinen bestritten. Da haben hintenraus ein paar Körner gefehlt. Ich würde es dennoch immer wieder so machen und werde nächstes Jahr auch versuchen, über 100 und 200 Meter am Start zu sein. Dann weiß ich, was ich noch besser machen kann. Ich habe jede Sekunde hier im Stadion genossen. Ich weiß nicht, ob es einen deutschen Athleten gibt, der so oft im Stadion war wie ich. Davon kann man sehr viel lernen, ich habe viele Erfahrungen gesammelt und mich hier so gut verkauft, wie ich mich noch nie bei einer internationalen Meisterschaft verkauft habe. Und ich habe gezeigt, dass ich aus meinen Fehlern gelernt habe. Über die 100 Meter wäre etwas mehr drin gewesen, über die 200 auch, aber so ist das manchmal, man kann nicht immer alles haben. Ich bereue nichts.


400 Meter Hürden Halbfinale

Showdown im Finale ohne deutsche Beteiligung

Weltrekordler Karsten Warholm (Norwegen) gegen Südamerika-Rekordler Alison dos Santos (Brasilien): Zwei der ganz großen Favoriten auf den Titel über 400 Meter Hürden trafen im ersten Halbfinale aufeinander. Und der Norweger untermauerte eindrucksvoll, dass er seinen Titel nicht abzugeben gedenkt: In 47,67 Sekunden rannte er die stärkste Zeit der Halbfinalrunde. Dos Santos wurde kurz vor dem Ziel noch vom Franzosen Clement Ducos (47,85 sec) abgefangen, doch mit 47,95 Sekunden war seine Qualifikation als einer von zwei Zeitschnellsten nur Formsache.

Der WM-Finalist des Vorjahres Joshua Abuaku (Eintracht Frankfurt), der für die Halbfinal-Qualifikation den Umweg über die "Repechage" hatte gehen müssen, fand gar nicht ins Rennen und wurde in 50,19 Sekunden nur Letzter. 

Stärker präsentierte sich sein Trainingskollege Emil Agyekum (SCC Berlin), der gutes Stehvermögen bewies und in 48,78 Sekunden Fünfter seines Laufs wurde. Insgesamt rannte er nach Platz sechs bei der EM nun auf Rang 13 und konnte unter anderem Vize-Europameister Alessandro Sibilio (Italien) hinter sich lassen. Den Laufsieg holte sich Mitfavorit Kyron McMaster (Britische Jungferninseln; 48,15 sec) knapp vor dem eine Hundertstel langsameren Esten Rasmus Mägi. 

Im dritten Lauf saß mit Rai Benjamin ein weiterer großer Favorit im Startblock. Der US-Amerikaner, vor drei Jahren Zweiter, hinterließ einen enorm starken Eindruck, er konnte in 47,85 Sekunden sogar noch austrudeln lassen. 

Stimmen zum Wettbewerb: 

Joshua Abuaku (Eintracht Frankfurt)
Die erste ein, zwei Hürden waren okay, aber dann habe ich doch relativ schnell gemerkt, dass ich den Schritt nicht so gut ziehen kann. Ich bin jemand, der relativ gut vorne laufen kann, und dann ist es sehr kräftezehrend, wenn man so viel tun muss, um dranzubleiben. Schon zur Hälfte des Rennens war ich nicht mehr so richtig drin. Ein Tag länger Pause wäre ganz gut gewesen. Zwei Rennen hintereinander, das kann man machen, das ist kein Problem, drei Rennen sollte man auch können, aber ich muss ganz ehrlich sagen, die zwei Rennen waren nah an der Season’s Best dran, gestern war’s Season’s Best, und dann muss ich mir auch eingestehen, dass ich in diesem Jahr vielleicht nicht das Niveau habe, was ich letztes Jahr hatte. Das ist enttäuschend. Halbfinale war das Mindestziel, den großen Traum vom Olympia-Finale konnte ich mir nicht erfüllen, daher bin ich nicht zu 100 Prozent zufrieden. Und gerade mit dem Rennausgang ist das jetzt nicht so zufriedenstellend.

Emil Agyekum (SCC Berlin): 
Ich bin zufrieden. Es war kein perfekter Lauf, aber insgesamt bin ich zufrieden. Ich denke, im Vergleich zum ersten Lauf war es auf jeden Fall besser, gestern war der Lauf ein bisschen einfacher. Heute war es in Ordnung, ich hab den Lauf von gestern schon ein bisschen gemerkt, aber ich kann mich nicht beschweren. Zum Anfang der Saison habe ich ein bisschen geschwächelt, da bin ich nicht so gut reingekommen. Das lag auch daran, dass ich mich mehr auf die 400 Meter konzentriert habe, mit der Staffel. Die EM war dann aber top, hier war der erste Lauf eine Ausnahme, aber konstant unter 49 zu laufen, das ist ein Meilenstein, auf dem man aufbauen kann. Für die Zukunft sehe ich da noch viel Potenzial. Morgen gehe ich erstmal zur Physiotherapie, dann sehe ich meine Familie, falls ich sie heute nicht mehr treffe. Und dann halte ich mich auf jeden Fall für die Staffel bereit. Es ist noch nicht sicher, ob ich starte, die letzten Male war ich aber immer dabei, wir werden sehen – ich habe auf jeden Fall Bock!


Hochsprung Qualifikation

Der Fuß spielt nicht mit

Erst im Frühjahr hatte Hochspringer Tobias Potye (LG Stadtwerke München) einen Eingriff am Knie vornehmen lassen, sich danach wieder zurückgekämpft und zuletzt in Heilbronn wieder 2,29 Meter überquert – aber sich dort auch eine Verstauchung im Sprungfuß zugezogen. Die Hoffnung, in Paris schmerzfrei und in gewohnter Form antreten zu können, erfüllte sich nicht: Der WM-Fünfte scheiterte in der Qualifikation dreimal an der Einstiegshöhe von 2,15 Metern. Dasselbe Malheur unterlief dem früheren WM-Dritten Andriy Protsenko (Ukraine). Auch Vize-Weltmeister JuVaughn Harrison (USA) schied aus. 

Die beiden Titelverteidiger schafften es hingegen beide ins Finale. Gianmarco Tamberi (Italien), vor wenigen Tagen noch mit hohem Fieber und dem Verdacht auf einen Nierenstein im Krankenhaus, blieb bis 2,24 Meter fehlerfrei, das reichte. Mutaz Essa Barshim (Katar) war einer von fünf Athleten, die auch noch 2,27 Meter überquerten, dazu zählte auch der Hallen-WM-Dritte Sanghyeok Woo (Südkorea).  

Stimme zum Wettbewerb

Tobias Potye (LG Stadtwerke München) | dpa
Es war ein Scheiß-Tag für mich. Ich hatte ja zuletzt gesundheitliche Probleme. Dass ich mich ausgerechnet beim letzten Wettkampf vor den Spielen verletzt habe, ist natürlich super undankbar. Da hat sich dann schon angedeutet, dass es sich sehr schwer gestalten wird. Aber drei Wochen vor Paris will man sich nicht den Stecker ziehen lassen, deshalb haben wir alles probiert. Aber manche Sachen kann man nicht übergehen, egal, wie sehr man es will. Das muss man akzeptieren, manchmal ist das einfach so. Das war heute der erste Wettkampf in meiner Karriere ohne gültigen Versuch. Am Anfang dachte ich: Ich will hier ganz schnell weg. Dann habe ich noch mit Andriy Protsenko geredet, der meinte: "Komm, lass uns hier sitzen bleiben." Wir haben dann noch die Chance genutzt, die Atmosphäre zu genießen, und versucht, die anderen zu unterstützen. Kein Grund, ein langes Gesicht zu ziehen. Ich habe mir Ziele gesetzt für die nächsten Jahre.
 


Dreisprung Qualifikation

Max Heß zieht ins olympische Finale ein

Der erste Versuch von Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz) war noch ungültig. Doch davon ließ sich der EM-Fünfte nicht aus der Ruhe bringen. Im zweiten Durchgang setzte er solide 16,98 Meter in den Sand. Damit erreichte er zwar nicht die direkte Qualifikationsmarke von 17,10 Metern, aber brachte sich in eine aussichtsreiche Position für die Top-Zwölf-Platzierung, die er letztlich souverän klarmachte: Seine Weite erwies sich als die siebtbeste der Qualifikation. 

Und so durfte Max Heß im dritten Anlauf über den Finaleinzug bei Olympischen Spielen jubeln, den er 2016 und 2021 noch verpasst hatte. Der 28-Jährige ist damit der erste DLV-Dreispringer seit 24 Jahren, der in einem olympischen Finale steht. Der letzte war 2000 in Sydney (Australien) der heutige Bundestrainer Charles Friedek gewesen. 

Das Feld der Qualifikanten führte Titelverteidiger Pedro Pichardo (Portugal) mit 17,44 Metern an. Europameister Jordan Alejandro Diaz Fortun (Spanien; 17,24 m), Hallen-Weltrekordler Hugues Fabrice Zango (Burkina Faso; 17,16 m) und der US-Amerikaner Salif Mane (17,16 m) komplettierten das Quartett derer, welche die geforderten 17,10 Meter übertrafen. 

Stimme zum Wettbewerb

Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz):
Ich bin überglücklich, dass es jetzt endlich mal gepasst hat. Das ist der Lohn für eine konstante Saison, dass man auch mit schlechten Sprüngen die Quali schafft – der zweite war definitiv nicht so weit wie der erste, trotzdem schön, dass es an die 17 Meter ranging. Nach dem Versuch war ich auf Platz sieben, bis zum Ende ist es auch so geblieben. Uwe [Florczak; Leitender Bundestrainer Sprung] hat mir immer durchgesagt, wo ich stehe, da war es dann nicht so schlimm, dass der letzte nicht mehr ganz so gut war. Der erste Sprung hat angedeutet, wo es im Finale hingehen kann, der war vielleicht einen halben Zentimeter übergetreten und Richtung 17,20 Meter, Bestleistung. Das wäre ein schöner Moment, im olympischen Finale nach acht Jahren mal wieder Bestleistung zu springen. Das ist ein bisschen mein geheimes Ziel – jetzt nicht mehr so geheim (lacht). Es ist schön, vor so einem vollen Stadion zu springen, daher genieße ich das in vollen Zügen und hoffe, da das Publikum auch ein bisschen auf meine Seite zu ziehen. Die Anlage ist schnell, das kommt mir zugute, da ich viel mit Geschwindigkeit springe.

 

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