Fünf Leichtathletik-Vorentscheidungen mit deutscher Beteiligung finden am Samstag bei den Olympischen Spielen in Paris im Stade de France statt. Wie die DLV-Athletinnen und -Athleten in den Vorrunden abgeschnitten haben, lesen Sie hier.
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Frauen
100 Meter Halbfinale
Gina Lückenkemper fehlen nur zwei Hundertstel zum Finale
Gina Lückenkemper (SCC Berlin) ist am Samstagabend ihrem Traum vom olympischen Finale ganz nahe gekommen. Die Europameisterin von 2022 zeigte eine starke zweite Rennhälfte und schob sich noch auf Platz vier nach vorn. 11,09 Sekunden leuchteten auf der Anzeigetafel auf: schnell, doch nicht schnell genug. Die drittplatzierte Twanisha Terry (USA; 11,07 sec) schaffte es noch ins Finale, Gina Lückenkemper fehlten eben jene zwei Hundertstel für die Top Acht. Hinter der Polin Ewa Swoboda (11,08 sec), die ebenfalls knapp ausschied, wurde sie Zehnte.
Eine Kampfansage an die Konkurrentinnen lieferte Julien Alfred (St. Lucia), die in 10,84 Sekunden die schnellste Halbfinal-Zeit sprintete und Weltmeisterin Sha'Carri Richardson (USA; 10,89 sec) hinter sich ließ. 10,89 Sekunden wurden auch für Tia Clayton notiert, die Jamaikanerin gewann das dritte Halbfinale, in dem auch Gina Lückenkemper im Einsatz war. Sprint-Ikone Shelly-Ann Fraser-Pryce (Jamaika) trat kurzfristig nicht an.
Stimme zum Wettbewerb
Gina Lückenkemper (SCC Berlin) | dpa:
Heute hat die Atmosphäre nicht gestört, ich war heute voll da, ich war heute voll ready. Ich habe mich gestern noch mal mit der Sportpsychologin des Deutschen Leichtathletik-Verbandes unterhalten, Tanja Damaske, und ich war heute voll da, ich war voll in der Zone. Da war ich heute ganz anders drauf vorbereitet. Heute hat es einfach nicht gereicht. Es war einfach ärgerlich, heute in einer so messbaren Sportart unterwegs zu sein. Ich habe das Rennen noch nicht gesehen, von daher ist es schwierig, das jetzt einzuschätzen von einem Lauf, den ich selbst noch nicht gesehen habe. Ich sehe nur die Zeit, die auf dem Papier steht, und sehe die Zeit, die gereicht hat – und ärgere mich einfach nur. Nicht Enttäuschung, sondern Ärger, Wut. Das kann doch jetzt nicht wirklich ernst sein, das war mein erster Gedanke.
800 Meter Repechage
Majtie Kolberg mit phänomenaler Zielgerade zum Laufsieg
Bereits im Vorlauf hatte Majtie Kolberg (LG Kreis Ahrweiler) eine überzeugende Leistung gezeigt, wenngleich es nicht zum direkten Halbfinal-Einzug gereicht hatte. Über die neu eingeführte "Repechage"-Runde, in der die Siegerinnen der vier Läufe sowie zwei Zeitschnellste ein Halbfinal-Ticket lösten, erhielten die nicht mit einem großen Q qualifizierten Athletinnen am Samstagvormittag eine zweite Chance. Und die nutzte die 24-Jährige! In ihrem Lauf hielt sie sich während der ersten Runde zunächst an Position vier auf. Erst in der letzten Kurve probierte sie, sich nach vorn zu arbeiten.
Ein erster Versuch, sich innen an den Kontrahentinnen vorbeizuschieben, scheiterte noch. Doch die EM-Fünfte konnte nach außen ausscheren und hatte sich ganz offensichtlich noch einige Körner für die Zielgerade aufgespart. Kurz vor der Ziellinie stürmte sie an der bis dahin führenden Vivian Chebet Kiprotich (Kenia) vorbei und sicherte sich den Laufsieg. In 1:59,08 Minuten lief sie die beste Zeit der "Repechage". Für Majtie Kolberg war es das zweitschnellste 800-Meter-Rennen ihrer Karriere: Einzig im EM-Halbfinale von Rom war sie mit 1:58,74 Minuten noch ein wenig flinker unterwegs.
Stimme zum Wettbewerb:
Majtie Kolberg (LG Kreis Ahrweiler) | Mixed Zone / dpa/SID
Was soll ich sagen? Es ging auf, es war schnell. Ich weiß ja, was ich draufhabe, und dieses Mal konnte ich das zeigen. Wir sind in 57 Sekunden angegangen, und dann merkt man, wie die Leute vorne ein bisschen blau werden, und dass man selbst noch kann. Zu überholen ist immer einfacher, als von vorne zu laufen. Eingangs der Zielgerade war ich ein bisschen eingekeilt und alle wurden langsamer. Da wusste ich: Okay, jetzt muss ich hier raus, sonst kommen alle von hinten. Und das hat geklappt. Ich habe auch ein bisschen Glück gehabt, aber das gehört dazu. Wir sind einfach drei, vier Sekunden schneller angegangen als im Vorlauf. Wenn wir in 60 Sekunden anlaufen, so wie gestern – das können hier bei Olympia alle, und dann können am Ende auch noch alle schnell laufen. 57 Sekunden, das können nur die Besten, und die, die schlau laufen. Und heute gehörte ich dazu (lacht). Erstmal habe ich nur bis zum Halbfinale geplant, jetzt setze ich mir ein neues Ziel.
Männer
100 Meter Vorläufe
Joshua Hartmann holt sich das große Q
Einen guten Eindruck hinterließ in seinem Vorlauf Joshua Hartmann (ASV Köln). Der Deutsche Vizemeister legte einen guten Start hin und sicherte sich mit 10,16 Sekunden souverän Rang drei in seinem Lauf, nur Mitfavorit Ferdinand Omanyala aus Kenia (10,08 sec) und der Vize-Europameister Chituru Ali (Italien; 10,12 sec) waren schneller. Der Lohn dafür: ein Direktticket ins Halbfinale!
Das hätte auch Owen Ansah (Hamburger SV) gerne gelöst. Doch der Deutsche Rekordler konnte seinem Teamkollegen nicht in die nächste Runde folgen. Er erwischte einen schwachen Start und kam auch danach nicht richtig ins Rollen. 10,22 Sekunden reichten nur zu Platz fünf und nicht zum Einzug ins Semifinale. An der Spitze bejubelte der Brite Louie Hinchcliffe in 9,98 Sekunden den Vorlauf-Sieg vor Weltmeister Noah Lyles (USA; 10,04 sec). Noch eine Hundertstel schneller war das US-Duo aus Kenneth Bednarek und dem Weltmeister von 2022 Fred Kerley unterwegs.
Stimmen zum Wettbewerb
Joshua Hartmann (ASV Köln) | Mixed Zone / dpa/sid
Es war ganz in Ordnung. Trotzdem denke ich, dass ich besonders im mittleren Bereich des Rennens technisch die eine oder andere Sache noch hätte besser machen können. Ich werde mir das mit meinem Team gleich noch mal genau anschauen und sehen, wo für das Halbfinale noch die letzten Zehntel, Hundertstel zu holen sind. Ich habe mir vorgenommen, technisch saubere Rennen zu machen, und wenn ich das schaffe und das mache, was mein Team von mir verlangt, dann ist für mich alles möglich. Mich überwältigt die Atmosphäre hier nicht, ich bin fokussiert gewesen, das hat man glaube ich auch im Rennen gesehen. Ich habe Spaß und mache das, was ich in jedem anderen Rennen versuche zu machen: So schnell zu laufen, wie es geht. Ich möchte im Halbfinale noch mal versuchen, schneller zu laufen, und danach gut in meinen Wettkampf über 200 Meter zu starten, das ist das Wichtigste und das, was zählt.
Owen Ansah (Hamburger SV) | Mixed Zone / dpa/sid
Ich bin heute nicht so gut weggekommen, wie ich es mir erwünscht habe und wie ich es die Male davor gezeigt habe. Ich werde den Lauf nachher mit meinen Coaches auswerten, und dann weiß ich mehr. Ich habe den Start nicht so gut getroffen und bin dann hinten nicht ins Fliegen gekommen. Ich denke, dass ich sehr entspannt und gelassen war, vielleicht war ich zu entspannt, das war vielleicht das Problem. Das ist eine Erfahrung, die ich mitnehme. Aber ich bin ja noch jung und ich hoffe, dass es nicht meine letzten Olympischen Spiele waren. Gegen Noah Lyles bin ich schon ein paarmal gerannt, das ist jetzt nichts Neues, da würde ich mich jetzt nicht selbst kleinreden wollen. Für Josh freue ich mich riesig, er hat keine einfache Saison, Fehlstart bei der EM in Rom, ich freue mich mega, dass er es heute geschafft hat.
1.500 Meter Repechage
Marius Probst trotz guten Spurts ausgeschieden
Wie im Vorlauf sortierte sich Marius Probst (TV Wattenscheid 01) bis zur Schlussrunde im hinteren Bereich des Feldes ein. Wie im Vorlauf konnte er auf den letzten 200 Metern noch einige Kontrahenten einsammeln. Und wie im Vorlauf waren einige Athleten an der Spitze zu stark. Zum Beispiel der Hallen-EM-Dritte Azeddine Habz, mit einer Bestzeit von unter 3:30 Minuten ausgestattet. Der Franzose ließ auf den letzten Metern dem Iren Cathal Doyle den Vortritt, holte sich aber souverän eines der drei Halbfinal-Tickets. Marius Probst wurde knapp hinter dem zweiten Iren Luke McCann Achter.
Seine Zeit: 3:36,54 Minuten, eine knappe Sekunde langsamer als im Vorlauf, der sicher Körner gekostet hatte. Hinter sich lassen konnte er unter anderem den WM-Sechsten des Vorjahres Mario Garcia (Spanien) und Australiens Stewart McSweyn, der für seine Tempoarbeit büßen musste und mit 3:37,49 Minuten noch auf Rang zwölf durchgereicht wurde.
Im zweiten Lauf, der noch deutlich schneller ausfiel – der Italiener Federico Riva siegte in 3:32,84 Minuten –, blieben mit dem Ozeanien-Rekordler Oliver Hoare (Australien) und dem einstigen Hallen-Europameister und amtierenden Olympia-Fünften Adel Mechaal aus Spanien einige große Namen auf der Strecke.
Stabhochsprung Qualifikation
Zernikel und Lita Baehre ziehen in zweites Olympia-Finale ein
Bereits 2021 in Tokio (Japan) hatten Oleg Zernikel (ASV Landau) und Bo Kanda Lita Baehre (ART Düsseldorf) im olympischen Finale gestanden. Drei Jahre später gelang ihnen das in Paris zum zweiten Mal. Besonders stark präsentierte sich Oleg Zernikel: Der EM-Dritte meisterte jede Höhe bis einschließlich 5,75 Meter im ersten Anlauf. Seine Saison-Bestmarke, erzielt bei der EM in Rom, liegt bei 5,82 Metern. Er war damit einer von fünf Springern, die mit weißer Weste ins Finale einzogen. Dazu zählte auch Weltrekordler Armand Duplantis (Schweden), der nur zweimal zum Stab griff.
Spannender machte es Bo Kanda Lita Baehre: Der Düsseldorfer leistete sich schon bei der Einstiegshöhe von 5,40 Metern einen Fehler, anschließend musste er erst bei 5,70 und dann bei 5,75 Metern in den dritten Versuch. Doch der Vize-Europameister von 2022 bewies Nervenstärke und meisterte ebenfalls die 5,75 Meter, die ihm den Finaleinzug bescherten. Nicht mehr im Wettkampf war zu diesem Zeitpunkt Torben Blech (TSV Bayer 04 Leverkusen). Für ihn war nach übersprungenen 5,40 Metern schon bei 5,60 Metern Endstation, an denen er ganz knapp scheiterte.
Dieses Schicksal teilte er mit dem Olympia-Zweiten von 2021 Chris Nilsen (USA), der ebenfalls mit überquerten 5,40 Metern ausschied. Auch das polnische Duo aus dem dreimaligen WM-Medaillengewinner Piotr Lisek und dem Europameister von 2016 Robert Sobera verpasste den Sprung ins Finale. Nervenstärke bewies dagegen der WM-Zweite Ernest John Obiena (Philippinen), der nach zwei Fehlversuchen bei seiner Einstiegshöhe von 5,60 Metern erfolgreich pokerte und 5,70 sowie 5,75 Meter auf Anhieb schaffte.
Stimmen zum Wettbewerb
Torben Blech (TSV Bayer 04 Leverkusen) | ZDF
Der Kopf war voll da! Man hat gesehen, dass die Höhe drin war. Ich habe nicht umsonst letzte Woche noch gesagt, dass ich mich gut fühle. Ich habe einen großen physischen Schritt gemacht im Vergleich zu Rom. Ich bin einfach mit dem Einstichkasten nicht klargekommen. Ich habe super weiche Stäbe gehabt und keine Tiefe bekommen. Normalerweise kann ich mit den Stäben keine Höhe springen, so weich sind die. Sehr viele von den anderen Jungs auf meiner Anlage hatten das gleiche Problem. Ich bin super frustriert. Auf gut Deutsch: Drei Jahre reißt man sich den Arsch auf, um hier zu stehen, und dann sowas.
Oleg Zernikel (ASV Landau) | Mixed Zone / dpa/sid
Das war einer der besseren Wettkämpfe in dieser Saison, alles im ersten Versuch, auch 5,75 Meter, da kann man nur glücklich sein. Mit so einer Atmosphäre habe ich schon in Rom Erfahrungen gemacht, da war es ähnlich laut. Es stört nicht, aber die Emotionen sammeln sich in den Moment an. Dann konnte ich mir fünf Sekunden Zeit nehmen, um mich zu sammeln und dann abzuspringen. Diese Erfahrung habe ich heute angewandt. Im Finale – da werden wir sehen! Da kann alles passieren. Ich möchte auf jeden Fall hoch springen, 5,80 ist nicht das Ziel, eher 5,90 Meter, alles darüber wäre ganz gut, am besten im Ersten. Ich habe genug Stäbe da, um die Höhen zu springen, ich muss sie dann nur springen.
Bo Kanda Lita Baehre (ART Düsseldorf) | ZDF
Das Finale ist ein neuer Wettkampf. Ich versuche, fit an den Start zu gehen. Heute habe ich es auf jeden Fall spannend gemacht, nicht nur für euch, sondern auch für mich selber. Es ist schwer zu sagen, was das Problem war. Ich denke mal, ein paar kleine technische Feinheiten haben nicht gestimmt. Auf dem hohen Niveau kann es ganz schnell aus sein, wenn kleine Sachen nicht stimmen.