Zum Auftakt der Halleschen Werfertage kratzte Hammerwerfer Merlin Hummel an der Olympia-Norm, erstmals über die 20-Meter-Marke stieß Silas Ristl und die deutschen Diskuswerfer wie Henrik Janssen, Clemens Prüfer, Claudine Vita und Shanice Craft zeigten sich einmal mehr in einer glänzenden Verfassung. Die beiden Diskuswerferinnen übertrafen am Samstag dabei sogar die Olympia-Norm.
Dichtes Gedränge an den jeweiligen Anlagen, lange Schlangen nach den Siegerehrungen und Spitzenleistungen: Für die Zuschauer wurde zum Auftakt der Halleschen Werfertage am Samstag einiges geboten. Obendrein gab es auch noch reichlich Sonnenschein.
Als sichere Bank präsentierten sich einmal mehr die Diskuswerfer in Halle: Bei den Frauen dominierte die Chinesin Bin Feng die Konkurrenz mit 67,49 Metern. Dahinter platzierten sich mit Claudine Vita (SC Neubrandenburg; 64,76 m) und Shanice Craft (SV Halle; 64,75 m) bereits zwei deutsche Werferinnen, die damit erstmals in diesem Jahr die Olympia-Norm von 64,50 Metern übertrafen. Ebenso bestätigten sie die EM-Norm, gefordert sind 60,50 Meter. Fünf DLV-Werferinnen hatten diese vor den Halleschen Werfertagen bereits übertroffen. Mit Julia Harting (SC Neubrandenburg) kam mit 62,10 Metern eine sechste hinzu.
Bei den Männern zeigte sich ein besseres Niveau wie im Vorjahr: Daran hatten auch die deutschen Werfer ihren Anteil. Durchgesetzt hat sich Henrik Jansen (SC Magdeburg; 66,35 m). Sein Trainingspartner Clemens Prüfer, der am Mittwoch beim Deutschen Wurf-Cup in Neubrandenburg auf 69,09 Meter kam, zeigte nun mit 65,02 Metern ebenfalls eine starke Leistung. Diese brachte ihm den dritten Platz ein. Zwischen die beiden Deutschen hatte sich der Jamaikaner Fedrick Dacres mit 66,30 Metern gesetzt.
Yemisi Ogunleye hebt sich besten Stoß fürs Ende auf
Im Kugelstoßen fand die Aufsteigerin des Jahres, Yemisi Ogunleye (MTG Mannheim), etwas schwerer in den Wettkampf. Zumeist war es bei ihr der erste Durchgang, in dem sie mit einer Topweite vorgelegt hatte. Nun lag die Zweite der Hallen-Weltmeisterschaften vor dem sechsten und letzten Versuch hinter der stark auftrumpften internationalen Konkurrenz mit 18,86 Metern. Die 25-Jährige konnte nachlegen – und wie.
„Ich habe mit meiner Trainerin gesprochen, dass es eine extreme Stärke ist, immer im ersten Versuch gut zu performen – und habe im nächsten Satz zu ihr gesagt, ich will auch lernen, im Laufe des Wettkampfes noch einen draufzusetzen. Der liebe Gott hat meine Bitte irgendwie erhört, weil die letzten Wettkämpfe waren genau das. Ich habe im ersten Stoß nicht gleich die Kugel getroffen und musste mich in den Wettkampf reinkämpfen und wie heute in Halle durch den Wettkampf durchwachsen. Das zeigt einfach auch die Nervenstärke, die man durch solche Wettkämpfe auch gewinnen kann“, sagte Yemisi Ogunleye.
Mit 19,33 Metern übernahm sie sogar die zwischenzeitliche Führung, ehe die US-Amerikanerin Chase Jackson mit 19,38 Metern noch an ihr vorbeizog. Ihr Landsfrau Maggie Ewen wurde mit 19,22 Metern Dritte. Aus deutscher Sicht die zweit- und drittbeste Weite erzielten Alina Kenzel (VfB Stuttgart 1893; 18,56 m) und Julia Ritter (TV Wattenscheid 01; 18,45 m), die nochmals die Norm für die Europameisterschaften in Rom (Italien; 7. bis 12. Juni) bestätigten.
Silas Ristl knackt die 20-Meter-Marke und EM-Bestätigungsnorm
In der Männerkonkurrenz wuchs Silas Ristl (LAC Essingen) über sich hinaus: Ihm gelang sein erster Stoß überhaupt über die 20-Meter-Marke. Den Versuch auf 20,25 Meter packte der Drehstoßer in der dritten Runde raus und den passenden Jubelschrei noch dazu. „Die Erleichterung ist riesig. Daran habe ich jahrelang gearbeitet. Dass es jetzt geklappt hat, darüber freue ich mich riesig.“ Dazu beigetragen haben einige Komponenten: „Die Stimmung war einfach top. Ich war gut vorbereitet und bin gut durch den Winter gekommen.“
Schon bei den vorherigen Wettkämpfe hatte er an dieser Marke gekratzt – jetzt fiel sie endlich. Als Ausrutscher möchte er die 20 Meter aber nicht ansehen. Vielmehr als Leistung, an der er sich bei den kommenden Wettkämpfen orientieren will. Womöglich war sie sogar die Fahrkarte für die EM, denn mit 20,25 Metern übertraf Silas Ristl die DLV-Leistungsbestätigungsnorm. Die Weite sollte zu Platz vier reichen. Es siegte der US-Amerikaner Jordan Geist, er kam auf 21,72 Meter. Zweiter wurde der Brite Scott Lincoln (21,28 m), Rang drei belegte Mostafa Hassan aus Ägypten (20,86 m).
Merlin Hummel wirft Bestleistung nach Rückenproblemen
Bei den Hammerwerfern waren alle Blick auf den Weltmeister Ethan Katzberg (Kanada) gerichtet, der nach dem Wettkampf für Fotos und Autogramme sehr gefragt war. Der Weltmeister lieferte: Der 22-Jährige schleuderte seinen Hammer als Einziger über die Marke von 80 Meter. Im fünften Durchgang gingen sensationelle 80,10 Meter in das Protokoll ein. Da staunte selbst Merlin Hummel (UAC Kulmbach) nicht schlecht. „Für mich war es einer der geilsten Wettkämpfe, weil ich kenne Ethan und habe mit ihm anderthalb Wochen im Trainingslager verbracht. Er ist schon eine andere Liga, aber eine coole Inspiration.“
Solch einen Weltmeister im Feld zu haben, das pusht und beflügelt gleichermaßen. Merlin Hummel lieferte ebenfalls mit einem neuen Hausrekord von 78,11 Metern eine Topweite als Zweiter ab. Damit verpasste er den Richtwert für die Olympischen Spiele in Paris (Frankreich; 1. bis 11. August) nur um neun Zentimeter. Dabei standen die Vorzeichen für ihn vor dem Wettkampf alles andere als gut.
„Ich dachte heute Morgen, ich packe gar nichts. Ich bin aufgewacht, habe mit meiner Freundin noch telefoniert und danach hat es im Rücken richtig gezogen. Das hatte ich in den vergangenen Monaten ein paar Mal. Ich habe es dann vor Ort wegbekommen. Die Physiotherapeutin hat mich gut durchmassiert, danach habe ich mich wieder gut gefühlt. Nach den Einwürfen habe ich gesagt, mach einen gültig und dann geht hier richtig was. Mit den 78 Metern habe ich nicht gerechnet“, berichtete Merlin Hummel, der diesen Wurf auch nicht richtig traf. Dritter wurde der Brite Jake Norris (77,20 m).
Samantha Borutta nicht ganz zufrieden
Was für ein verrückter Wettkampf bei den Hammerwerferinnen: Dafür verantwortlich zwei Schwedinnen, die den Landesrekord abwechselnd steigerten. Am weitesten flog der Hammer bei Thea Löfmann in der sechsten und letzten Runde auf 73,31 Meter, dich gefolgt vor Rebecka Hallerth, die auf 72,62 Meter kam. Die Weltrekordlerin Anita Wlodarczyk aus Polen meldete sich als Dritte mit 72,09 Metern in den Halleschen Brandbergen zurück.
Als beste DLV-Starterin belegte Samantha Borutta (Eintracht Frankfurt) mit 69,11 Metern den sechsten Rang. „Mit dem Einstieg vom Wettkampf bin ich nicht zufrieden, einfach weil ich weiß, was ich zuletzt im Training geworfen habe. Das sind die 70 Meter eigentlich locker drin im Wettkampf. Darum ärgert es mich, dass ich diese Leistung bisher nicht abrufen konnte. Umso mehr sehe ich die Steigerung vom Vorjahr, wo ich in Halle keine 69 Meter geworfen habe, und damit bin ich eigentlich relativ zufrieden“, resümierte die 23-Jährige, die die internationale Konkurrenz wie Anita Wlodarczyk gehörig pushte, um dann im letzten Versuch noch die Tagesbestweite zu erzielen.
Max Dehning muss sich geschlagen geben
Im Speerwerfen gingen die Siege an internationale Starter: Bei den Männern setzte sich der Pole Marcin Krukowski mit 82,69 Metern durch. Dahinter platzierte sich Max Dehning (TSV Bayer 04 Leverkusen; 81,18 m), der erst vor drei Monaten an selber Stelle seine Weltjahresbestleistung von 90,20 Meter aufgestellt hatte. Dritter wurde der Inder Vikrant Malik (79,99 m). Bei den Frauen siegte die Südafrikanerin Jo-Ane Van Dyk (60,82m). Beste deutsche Starterin wurde Alyssa John (SC Magdeburg), die mit 57,54 Metern den vierten Rang belegte.
Traditionell wurden die Halleschen Werfertage mit den Nachwuchswettbewerben eröffnet. Der Fokus lag dabei auf den U20-Talenten, denen mit den U20-Weltmeisterschaften in Lima (Peru; 26. bis 31. August) ein absolutes Highlight in diesem Sommer bevorsteht. Einige der Nachwuchstalente konnten schon die entsprechende Norm abhaken, andere sind noch auf der Jagd. Im Kugelstoßen setzten sich zwei WM-Kandidaten mit Georg Harpf (LG Stadtwerke München; 19,67 m) und Chantal Rimke (LC Jena; 15,35 m) durch.
U20-Speerwerfer auf dem Weg nach Lima
Trotz Sturz im fünften Versuch ließ Oskar Jänicke (SC Magdeburg) mit dem Speer seinen weitesten Versuch im sechsten und letzten Durchgang folgen. Er gewann mit 69,40 Metern und bestätigte nochmals den geforderten WM-Richtwert von 69,00 Metern. Die deutschen Speerwerferinnen Mirja Lukas (TSV Bayer 04 Leverkusen; 53,43 m), Lorena Frühn (LG Offenburg; 53,01 m) und Ronja Melzner (LG Stadtwerke München; 50,69 m) feierten mit erfüllter WM-Norm einen Dreifacherfolg.
Einen packenden Zweikampf sahen die Zuschauer in der Diskus-Konkurrenz der weiblichen Jugend U20, in der sich die Chinesin Zhichao Jiang in der vierten Runde auf 61,61 Metern steigern konnte. Erneut die WM-Norm übertraf Curly Brown (Eintracht Frankfurt), die mit 56,23 Metern den zweiten Rang belegte. Auf Rang drei kam Ole Mehlberg (SC Neubrandenburg), er kam mit seinem Diskus auf 56,19 Meter.
Drei gültige Versuche brachte Johanna Marrwitz (LG Stadtwerke München) in die Ergebnisliste ein. Ihre Tagesbestweite erzielte die junge Hammerwerferin bereits im ersten Durchgang, in dem sie ihr Arbeitsgerät auf 61,16 Meter schleuderte. Beim Sieg des Briten Kai William Barham, er setzte sich mit 67,22 Metern durch, kam Timo Port (SV GO! Saar 05) mit 66,25 Metern auf den zweiten Platz.
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