| Kelsterbach

DLV-Geher nehmen nationale Titel und internationale Startplätze ins Visier

© Hagen Pohle
Nur eine Woche nach den Team-Weltmeisterschaften in Antalya stehen die besten deutschen Geherinnen und Geher am Sonntag wieder an der Startlinie: Bei den Deutschen Meisterschaften im Straßengehen geht es in Kelsterbach bei Frankfurt um die nationalen Titel auf Strecken von 5 bis 20 Kilometer. Und um den Kampf um Normen und World-Ranking-Punkte.
Silke Bernhart

Christopher Linke (SC Potsdam) könnte sich eigentlich entspannt zurücklehnen und zuschauen. Als WM-Fünfter mit erfüllten Normen, unter anderem zuletzt mit seiner Zeit von 1:19:57 Stunden bei der Team-WM in Antalya (Türkei), ist er im 20 Kilometer Gehen bei den Europameisterschaften in Rom (Italien; 7. bis 12. Juni) gesetzt und auch für das Olympia-Ticket kaum von einem der drei deutschen Startplätze zu verdrängen. Das Zuschauen ist allerdings nicht sein Ding: Am Sonntag will er seinen deutschen Meistertitel über 20 Kilometer verteidigen und ist dabei in Kelsterbach klarer Favorit.

"Wir haben gestern noch mal zusammen trainiert und er hat sich gut von der Team-WM erholt", berichtet Bundestrainer Ronald Weigel und erklärt: "Zweimal 20 Kilometer innerhalb von einer Woche, das hat auch schon in der Vergangenheit gut funktioniert, zum Beispiel in der Kombination mit Podebrady und der DM in Naumburg. Da gab es teils bei der DM bessere Resultate als beim Wettbewerb zuvor." Die Doppelbelastung sei eine gute Möglichkeit, die Wettkampf-Härte zu testen. "Wenn man gut trainiert hat, ist das kein Problem."

Wer schlägt den Weg nach Rom ein?

Auch Karl Junghannß (LC Top Team Thüringen), der im Vorjahr auf der 35-Kilometer-Strecke den DM-Titel geholt hatte, steht wieder an der Startlinie. Bei der Team-WM war er über 20 Kilometer nach 1:22:45 Stunden im Ziel, für das Ticket nach Rom muss es allerdings noch etwas schneller werden: Die direkte EM-Norm liegt bei 1:21:30 Stunden, für eine Qualifikation über das World Ranking ist im Jahr 2024 eine Leistungsbestätigung von 1:22:40 Stunden gefordert. Diese hat neben Christopher Linke bisher nur der eigentliche Langstrecken-Spezialist Nathaniel Seiler (TV Bühlertal) erfüllt, der sich Mitte März in Dudince (Slowakei) auf 1:22:22 Stunden steigern konnte.

Gut möglich, dass am Sonntag auch Leo Köpp (LG Nord Berlin) und Nils Brembach (SC Potsdam) das Tempo hochhalten. Ebenso wie Junghannß bringen sie Bestleistungen mit, die unterhalb der EM-Norm  liegen – auch ihnen fehlen jedoch sowohl die Norm im Nominierungszeitraum als auch die Leistungsbestätigung. Gefühlt ein Sprint dürfte der Wettbewerb für Jonathan Hilbert (LG Ohra Energie) werden, der eigentlich die international in diesem Jahr nicht angebotenen Langdistanzen bevorzugt – wie sein Olympia-Silber über 50 Kilometer unterstreicht. Mit Carl Dohmann (SCL Heel Baden-Baden) versucht ein weiterer Olympia-Teilnehmer im 50 Kilometer Gehen sein Glück auf der kürzeren Strecke. Sie alle haben noch bis zum 12. Mai Zeit, sich für einen EM-Start zu empfehlen, die Olympia-Qualifikation läuft bis zum 30. Juni.

Saskia Feige klar favorisiert

Eine klare Angelegenheit dürfte in Kelsterbach die 20-Kilometer-Entscheidung der Frauen werden: Saskia Feige (SC DHfK Leipzig) ist hier zurzeit national eine Klasse für sich. Gemeinsam mit Jonathan Hilbert hat sie am vergangenen Sonntag in Antalya das deutsche Olympia-Ticket in der Marathon-Mixed-Staffel klargemacht, jetzt geht es um die Einzel-Qualifikation für EM und Olympische Spiele. Die Normen (1:31:40 h // 1:29:20 h) hat sie schon im Vorjahr beim Gewinn des DM-Titels erfüllt: in 1:28:28 Stunden, einer Weltklasse-Zeit. In Kelsterbach soll nun die Leistungsbestätigung im Olympia-Jahr her: Für Paris sind 1:31:30 und für Rom 1:33:30 Stunden gefordert. Im Normalfall keine allzu hohe Hürde für die EM-Dritte von München.

Spannend wird es dann eher im Kampf um die weiteren DM-Medaillen. Und bei der Beantwortung der Frage, ob mittelfristig eine U23-Athletin die Lücke zu Saskia Feige schließen kann. Mit Lena Sonntag (SC Potsdam) und Ada Junghannß (Erfurter LAC) sind zwei Talente des Jahrgangs 2004 genannt, die sich um den U23-Titel streiten könnten und zunächst die erste Zeit unter 1:40 Stunden im Visier haben.

10 Kilometer führen nach Lima

In der U20 stehen die 10 Kilometer auf dem Programm, und die sollen im August zur U20-WM nach Lima (Peru; 26. bis 31. August) führen, wo der 10.000-Meter-Wettbewerb auf der Bahn ausgetragen wird. Jene Kandidatinnen und Kandidaten, die mit einem WM-Ticket liebäugeln, sind naturgemäß auch bei den Deutschen Meisterschaften die ersten Medaillenanwärter. In der männlichen U20 mit erfüllter Norm (43:50 min) deutlich in Front: U20-Europameister Frederick Weigel (SC Potsdam; PB 40:53 min) und der ein Jahr jüngere Nick Joel Richardt (SV Halle; PB 41:50 min), Dritter beim letztjährigen EYOF. "Das ist schon ein sehr hohes Niveau, das wir in Deutschland lange nicht hatten", ordnet Nachwuchs-Bundestrainer Olaf Möldner die Leistungen des Duos ein.

Während Frederick Weigel mit seiner Bestleistung in Antalya seine Favoritenrolle für die DM untermauert hat, ist in der weiblichen U20 alles offen – und ein Trio streitet sich um die nationale Vormachtstellung: Tabea Kiefer (Eintracht Frankfurt; PB 47:59 min), Kylie Garreis (LG Vogtland: PB 48:20 min) und Anna-Maria Gabriel (Eintracht Frankfurt; PB 48:40 min) wollen sich nach erfüllter U20-WM-Norm (49:30 min) bei der DM weiter im Kampf um nur zwei deutsche Tickets für Lima positionieren. Bilanz gezogen wird am Ende des Nominierungszeitraums am 30. Juni.

Die DM-Entscheidungen in der U18 fallen über 5 Kilometer (weiblich) und 10 Kilometer (männlich). Lara Ackermann (LG Vogtland; 26:45 min) bringt die beste Zeit mit und kam dem Richtwert für eine U18-EM-Teilnahme in Banska Bystrica (Slowakei; 25:00 min) bisher am nächsten. Dort nehmen alle U18-Talente die 5.000 Meter auf der Bahn in Angriff, auch die der männlichen U18. Mit Matti Schmidt (Erfurter LAC; 22:57 min) und Lasse Rohrssen (VfL Altenstadt; 23:21 min) konnten zwei DLV-Geher die Norm (23:30 min) dafür schon in Podebrady (Tschechien) abhaken, sie sind in Kelsterbach nun auf der doppelten Distanz diejenigen, die es im Kampf um den DM-Titel der U18 zu schlagen gilt.

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