Führungswechsel, Spannung bis zur letzten Disziplin und eine Siegerin, die bei ihrem zwölften Ratingen-Start zum dritten Mal triumphierte. Der Siebenkampf beim Stadtwerke Ratingen Mehrkampf-Meeting hatte am Samstag und Sonntag vor insgesamt 6.800 Zuschauern jede Menge zu bieten. Am Ende machte Carolin Schäfer mit 6.369 Punkten den Sieg perfekt.
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Der Zehnkampf von Disziplin zu Disziplin
SONNTAG
WEITSPRUNG
Thiam und Weißenberg fliegen am weitesten, Schäfer büßt Punkte ein
Zum Start in den zweiten Tag beim Stadtwerke Ratingen Mehrkampf-Meeting kamen die Siebenkämpferinnen erst in den Versuchen zwei und drei so richtig in Schwung. Allen voran Olympiasiegerin Nafissatou Thiam. Die Belgierin erwischte im zweiten Durchgang das Brett optimal und flog bis auf 6,59 Meter. Damit war die zweimalige Weltmeisterin und Olympiasiegerin eine Klasse für sich und gewann in ihrer vierten Einzeldisziplin zum dritten Mal.
Auch Sophie Weißenberg bewies ihre enorme Sprungstärke. Mit 6,31 Metern war die Leverkusenerin die Beste hinter der Ausnahmeathletin Nafissatou Thiam. Gleichzeitig sprang sie damit 26 Zentimeter weiter als vor drei Wochen in Götzis, was ihr umgerechnet 81 Punkte mehr einbrachte. Ein schönes Plus auf dem Weg zu einem Siebenkampf Richtung 6.300 Punkte und mehr.
Carolin Schäfer büßte hingegen im Vergleich zu Götzis wichtige Zähler beim Weitsprung ein. Mit 5,83 Metern fehlten ihr 24 Zentimeter zur Leistung von vor drei Wochen. Dabei hatte die Frankfurterin Pech, dass der erste und wohl beste Versuch von der Videoaufzeichnung am Brett als ungültig gewertet wurde. Eine Millimeter-Entscheidung.
Noch schlimmer erwischte es Vanessa Grimm (Königsteiner LV). Nach zwei ungültigen Versuchen traf sie im dritten zwar das Brett, sprang aber nicht ab und zog nur einen langen Schritt in den Sand. Lediglich 4,14 Meter wurden gemessen. Neben Nafissatou Thiam und Sophie Weißenberg übertrafen ebenfalls Lydia Boll (Schweiz; 6,08 m), Serina Riedel (TSV Zeulenroda; 6,04 m) und Taneille Crase (Australien; 6,02 m) die Sechs-Meter-Marke.
In der Gesamtwertung gab’s erneut einen Führungswechsel. Sophie Weißenberg löste mit 4.690 Punkten Carolin Schäfer an der Spitze ab. Die Frankfurterin kommt auf 80 Zähler weniger. Rang drei belegt nach fünf Disziplinen Taneille Crase (4.455 pt).
SPEERWURF
Nafissatou Thiams vierter Streich, Carolin Schäfer wieder in Führung
Die besten Speerwerferinnen unter den Siebenkämpferinnen schickten ihr 600 Gramm schweres Arbeitsgerät gleich reihenweise über die 50-Meter-Marke. Speziell Nafissatou Thiam ist eine echte Expertin in dieser Disziplin. Bei 59,32 Metern steht die beachtliche Bestleistung der Olympiasiegerin. Ganz so weit ging es Sonntagnachmittag nicht. Doch mit 52,61 Metern war die Belgierin nicht zu schlagen und sicherte sich damit in ihrer fünften Einzeldisziplin den vierten Sieg.
Hinter Emma Oosterwegel (52,04 m) übertraf Carolin Schäfer als Dritte mit 50,23 Metern ebenfalls die 50-Meter-Marke. Damit übernahm die Frankfurterin mit 5.475 Punkten wieder die Führung und löste Sophie Weißenberg vor den abschließenden 800 Metern an der Spitze ab. Die Leverkusenerin kam auf 45,04 Meter und lag damit knapp zweieinhalb Meter unter ihrem Götzis-Ergebnis.
Die beiden deutschen Top-Mehrkämpferinnen trennen nach sechs Disziplinen lediglich 21 Punkte. Das sind auf den 800 Metern umgerechnet etwa anderthalb Sekunden. Allerdings gilt Carolin Schäfer als die bessere Läuferin. Auf Rang drei der Gesamtwertung liegt Emma Oosterwegel mit 5.282 Punkten. Die Olympia-Dritte könnte mit einem flotten 800-Meter-Lauf noch deutlich über 6.200 Punkte erreichen.
800 METER
Emma Oosterwegel vorn, Carolin Schäfer holt Gesamtsieg
Carolin Schäfer machte der Bezeichnung Siebenkampf in Ratingen alle Ehre. Die Frankfurterin mobilisierte auf der zweiten Runde der finalen 800 Meter alle Kräfte und lief als Dritte in 2:14,94 Minuten bis auf eine Sekunde an ihre Bestzeit heran. Damit kam die 31-Jährige in der Endabrechnung auf 6.369 Punkte und machte ihren dritten Gesamtsieg in Ratingen nach 2017 und 2018 perfekt.
An der Spitze kämpften Emma Oosterwegel und die Österreicherin Verena Mayr bis zum Zielstrich um den Sieg über 800 Meter. Das bessere Ende hatte die Olympia-Dritte aus den Niederlanden für sic, sie setzte sich mit 2:12,60 Minuten und neun Hundertstelsekunden Vorsprung auf Verena Mayr durch. In der Gesamtwertung sammelte Emma Oosterwegel damit noch 6.209 Punkte.
Sophie Weißenberg verließen auf der zweiten Runde der 800 Meter etwas die Kräfte. Mit 2:22,24 Minuten sicherte die Leverkusenerin aber noch Platz zwei in der Gesamtwertung ab. Insgesamt kam sie auf 6.247 Punkte. Hinter Emma Oosterwegel gingen die Plätze vier und fünf im Gesamtklassement an Kate O’Connor (Irland; 6.125 pt.) und Verena Mayr (6.023 pt.). Als Zehnte stellte Mareike Rösing (USC Mainz) mit 5.831 Punkten eine neue Bestleistung auf.
Stimmen zum Wettbewerb:
Carolin Schäfer (Eintracht Frankfurt):
Ich wollte auf den 800 Meter noch einmal richtig marschieren und zeigen, was noch in mir steckt. Zumal der Weitsprung nach den guten Trainingsleistungen leider nicht gepasst hat. Dafür der Speerwurf mit mehr als 50 Metern. Ich habe mich nach Götzis sehr gut erholt und konnte drei Wochen lang qualitativ hochwertig trainieren. In der Trainingsgruppe werde ich auch der „Traktor“ genannt, weil ich gutes und hartes Training brauche. Die zwei Tage hier in Ratingen waren mega-schön und dass Nafissatou Thiam in Einzeldisziplinen dabei war, hat den Wettkampf bereichert. Dass ich nun schon zum zwölften Mal in Ratingen dabei war, habe ich besonders meinen ehemaligen Trainern Jörg Graf und Jürgen Sammert zu verdanken. Sie haben über viele Jahre tolle Grundlagen gelegt. Bei der WM in Budapest möchte ich die Olympia-Norm für Paris abhaken.
Sophie Weißenberg (TSV Bayer 04 Leverkusen):
Ich gönne Carolin den Sieg von Herzen. Sie hatte einfach einen besseren zweiten Tag als ich. Über 800 Meter wollte ich natürlich unbedingt ins Ziel kommen und so lange wie möglich an Carolin dranbleiben. Am Ende war es wirklich hart, aber die Stimmung war genial. Durch solche Wettkämpfe gewinnt man Routine. Leider hatte ich ein paar Probleme mit der Knochenhaut am rechten Fuß. Darum habe ich auch den dritten Versuch im Weitsprung ausgelassen. Im Speerwurf konnte ich dann ebenfalls nicht richtig mit dem Fuß arbeiten. Jetzt haben wir vor der WM noch acht Wochen Zeit, um dem Fuß Ruhe zu geben und noch einmal die Form aufzubauen. Mit der WM habe ich noch eine Rechnung offen. Mein Ziel sind 6.500 Punkte und eine Platzierung unter den Top Acht.
SAMSTAG
100 METER HÜRDEN
Nafissatou Thiam siegt, Carolin Schäfer knapp dahinter
Im dritten und schnellsten Zeitlauf über100 Meter Hürden war der Top-Star des internationalen Siebenkampfes am Start: die zweimalige Olympiasiegerin Nafissatou Thiam. Die Belgierin testet in Ratingen in fünf Disziplinen ihre Form. Dass diese schon ziemlich gut ist, zeigte sie auf Bahn acht beim Stadtwerke Ratingen Mehrkampf-Meeting, sie setzte sich mit 13,38 Sekunden bei Gegenwind (-0,8 m/sec) durch.
Die 28-Jährige gewann damit knapp vor der Französin Esther Turpin (13,40 sec) und Carolin Schäfer (13,43 sec). Die Frankfurterin startet bereits zum zwölften Mal in Ratingen. Die 31-Jährige war damit nur vier Hundertstel langsamer als vor drei Wochen in Götzis, aber fünf Hundertstel schneller als die Olympia-Dritte Emma Oosterwegel (Niederlande).
Titelverteidigerin Sophie Weißenberg erwischte mit 13,67 Sekunden einen soliden Start in die beiden Ratingen-Tage. Zu ihrer in Götzis erzielten Bestzeit fehlten der Leverkusenerin 21 Hundertstelsekunden. Trotzdem war die Zeit die fünfbeste Leistung in der Karriere der 25-Jährigen. Vanessa Grimm (Königsteiner LV) kam nach 14,32 Sekunden als Achte des schnellsten Rennens ins Ziel.
In den beiden anderen Läufen überzeugten aus deutscher Sicht besonders Hilke Thamke (SC Neubrandenburg) und Mareike Rösing (USC Mainz) mit neuen Bestzeiten von 14,13 bzw. 14,16 Sekunden. Die erst 17 Jahre Neubrandenburgerin steigerte sich als Siegerin des ersten Rennens gleich um 33 Hundertstel. Die insgesamt fünftschnellste Zeit der drei Rennen legte Taneille Crase (Australien; 13,52 sec) als Siegerin des zweiten Laufs hin.
HOCHSPRUNG
Weißenberg und Burns fliegen am höchsten, Schäfer im Soll
Nach dem zweiten Versuch bei 1,81 Metern reckte Sophie Weißenberg die Arme in den blauen Himmel über Ratingen. Denn die Leverkusenerin hatte die Top-Höhe kurz zuvor mit einem blitzsauberen Versuch souverän gemeistert. Auch bei 1,84 Metern war die Vorjahressiegerin nicht chancenlos. Doch am Samstagmittag wollte die Latte bei dieser Höhe nicht liegenbleiben. Somit blieb Sophie Weißenberg nur zwei Zentimeter hinter der Leistung von Götzis zurück. Dort hatte sie vor drei Wochen ihre Siebenkampf-Bestleistung deutlich auf 6.375 Punkte gesteigert.
Noch ausgelassener die Freude bei Shaina Burns: Die US-Amerikanerin meisterte die 1,81 Meter wie zwei Höhen zuvor im dritten Versuch und sprang danach ihrem Trainer jubelnd in die Arme. Damit steigerte die 27-Jährige ihre Bestleistung um zwei Zentimeter. Erst 1,84 Meter waren für sie wie für Sophie Weißenberg auf der neuen Anlaufbahn zu hoch.
Hinter Kate O’Connor (Irland) und Taneille Crase, die beide 1,78 Meter übersprangen, kam Carolin Schäfer mit 1,75 Metern auf Rang fünf. Damit gingen vier Zentimeter mehr als in Götzis in die Gesamtwertung ein. Ebenfalls 1,75 Meter meisterte Mareike Rösing, während Vanessa Grimm (1,69 m) und die Olympia-Dritte Emma Oosterwegel (1,65 m) nicht an ihre erhofften Leistungen herankamen.
Olympiasiegerin Nafissatou Thiam verzichtete auf den Hochsprung. Die 2,02-Meter-Springerin will in Ratingen fünf Disziplinen absolvieren. Neben ihrer Spezialdisziplin verzichtet die Weltmeisterin am Sonntag auf die 800 Meter. So übernahm nach zwei Disziplinen Sophie Weißenberg mit 2.017 Punkten knapp die Führung vor Shaina Burns (2.011 pt), Taneille Crase (2.000 pt.) und Carolin Schäfer (1.976 pt).
KUGELSTOSSEN
Nafissatou Thiam mit 15-Meter-Stößen, Carolin Schäfer dicht dran am Hausrekord
Als die Weite von 14,75 Metern nach dem ersten Versuch auf der Anzeigetafel erschien, machte Carolin Schäfer einen beachtlichen Luftsprung. Schließlich kam die ehemalige Vize-Weltmeisterin bis auf neun Zentimeter an ihre Kugelstoß-Bestleistung heran. Die hatte die 31-Jährige bei ihrer WM-Silbermedaille 2017 in London erzielt. Damit kam die Frankfurterin noch einmal 31 Zentimeter weiter als bei ihrem guten Siebenkampf vor drei Wochen in Götzis.
Die drei besten Versuche der Konkurrenz gingen allerdings aufs Konto von Nafissatou Thiam. Die Olympiasiegerin hatte den Hochsprung ausgelassen und ließ mit frischen Beinen die Vier-Kilo-Kugel im besten Versuch auf 15,20 Meter segeln. Auch 15,09 und 14,91 Meter waren absolute Weltklasseweiten für Siebenkämpferinnen.
Als Dritte kam Emma Oosterwegel mit 14,34 Metern bis auf elf Zentimeter an ihre Bestleistung heran. Die viertplatzierte Vanessa Grimm verpasste ihre Saisonbestleistung mit 14,12 Metern nur knapp. Anders bei Sophie Weißenberg: Die Leverkusenerin kam im dritten Versuch auf 13,33 Meter, acht Zentimeter weiter als vor drei Wochen bei ihrer Siebenkampf-Bestleistung in Götzis.
Nach der dritten Disziplin gab’s im Siebenkampf erneut einen Führungswechsel in der Gesamtwertung. Dank ihrer starken Leistung führt Carolin Schäfer mit 2.820 Punkten das Ranking an. Dahinter folgen Shaina Burns (2.776 pt) und Sophie Weißenberg mit 2.766 Zählern.
200 METER
Carolin Schäfer baut mit Sieg ihren Vorsprung aus
Nach einem langen Tag bei sommerlichen Temperaturen mobilisierten die Siebenkämpferinnen in Ratingen über 200 Meter noch einmal die letzten Reserven. Und mal wieder bewies Carolin Schäfer auf der halben Stadionrunde ihrer Kämpferqualitäten. Die Frankfurterin biss im schnellsten der fünf Rennen auf die Zähne und schnappte sich mit 23,88 Sekunden den Sieg. 15 Hundertstel dahinter folgte Sophie Weißenberg auf Platz zwei vor Emma Oosterwegel (24,40 sec).
Im zweitschnellsten Rennen setzte sich Nafissatou Thiam durch. Die Olympiasiegerin aus Belgien lief für sie gute 24,45 Sekunden und war damit eine halbe Sekunde schneller als Vanessa Grimm auf Rang zwei.
In der Gesamtwertung geht damit Carolin Schäfer mit 3.812 Punkten als Führende in den zweiten Tag. Die Frankfurterin hat 68 Zähler mehr gesammelt als vor drei Wochen in Götzis nach vier Disziplinen. 68 Punkte dahinter rangiert Sophie Weißenberg auf Platz zwei vor Shaina Burns (USA; 3.744 pt. Rang zehn im Zwischenklassement hat Vanessa Grimm (3.469 pt) inne, zwei Plätze dahinter folgt Mareike Rösing (3.384 pt).
Für Carolin Schäfer ist bei ähnlichen Leistungen wie in Götzis am Sonntag die 6.400-Punkte-Marke in Reichweite. Sophie Weißenberg könnte zum zweiten Mal in ihrer Karriere mehr als 6.300 Punkte erreichen. Für die anderen deutschen Siebenkämpferinnen dürfte es hingegen nicht für 6.000 Punkte reichen. Olympiasiegerin Nafissatou Thiam ist am Sonntag im Weitsprung und im Speerwurf mit dabei.
Stimmen zum Wettbewerb:
Carolin Schäfer (Eintracht Frankfurt):
Wenn man nach dem ersten Tag die „Leader-Startnummer“ trägt, will man natürlich auch gewinnen. Insgesamt war es ein guter erster Tag mit dem Kugelstoßen als Highlight. 14,75 Meter, so weit habe ich seit 2017 nicht mehr gestoßen. Die Impulse im Training haben Früchte getragen, speziell auch bei der Schnelligkeit. Es geht insgesamt in die richtige Richtung. Jetzt freue ich mich auf den zweiten Tag, speziell auf den Weitsprung. Dafür haben wir im Training sehr viel investiert. Vielleicht kann ich in Ratingen schon die Olympianorm abhaken. Wenn nicht morgen, dann auf jeden Fall bei der WM in Budapest.
Sophie Weißenberg (TSV Bayer 04 Leverkusen):
Ich war nicht so frisch wie in Götzis und war nicht bei 100 Prozent, vielleicht bei 95. Aber ich kann den zweiten Tag entspannt angehen. Nach meinen Vorleistungen ist die WM ja so gut wie sicher. Obwohl nicht alles nach Wunsch lief, hatte ich viel Spaß. Das Publikum in Ratingen hat ungemein gepusht. Nach dem ersten Tag bin ich in einer guten Ausgangslage. Man muss dann sehen, für was es morgen reicht. Bei der WM will ich unbedingt eine neue Bestleistung aufstellen. Richtung 6.500 Punkte ist dort mein Ziel. Damit hätte ich auch dann schon die Olympia-Norm für Paris geschafft.
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