KUGELSTOSSEN MÄNNER | Internationale Spitze nur im Nachwuchs

Es war ein intensives Jahr für die Leichtathletik. Weltmeisterschaften in den USA. Europameisterschaften im eigenen Land. Und auch der Nachwuchs war international gefordert. Was bleibt in Erinnerung? Wir werfen einen Blick zurück auf dieses besondere Jahr 2022. Heute: Kugelstoß der Männer.

Alexandra Dersch

Das ist passiert in 2022

Es war ein Jahr, in dem Simon Bayer viel Selbstvertrauen sammeln konnte. Sein erster Start bei einer WM. Sein erster Start bei einer EM. Und während er bei den Weltmeisterschaften nicht überraschend nach der Qualifikation zusehen musste, wuchs er bei der Heim-EM in München über die Erwartungen hinaus. Als 25. war der Sindelfinger angereist, sodass bereits der Einzug ins Finale ein Erfolg war. Mit 19,83 Metern belegte der 27-Jährige den elften Platz. "Für mich war es der Einstieg in die europäische Spitze und ich komme stärker zurück", sagte er im Anschluss.

Kein einfaches Jahr war es abermals für den ehemaligen Weltmeister David Storl. Der Leipziger, der in den letzten Jahren verletzungsbedingt eingeschränkt war, konnte auch in diesem Jahr erst im April aufgrund von gesundheitlichen Problemen und einer Corona-Infektion so richtig ins Training einsteigen. "Da fehlen einfach viele Stöße", sagte der 32-Jährige. "Das holt man so einfach nicht auf." Umso größer war die Freude über seinen zehnten deutschen Meistertitel, den er in Berlin vor dem Brandenburger Tor holten konnte. Es sollte jedoch sein letzter Wettkampf in diesem Jahr bleiben.

Bronze gewonnen, nicht Gold verloren: So lautete das Fazit von Nachwuchs-Hoffnung Tizian Lauria nach seinem ersten internationalen Einsatz im DLV-Trikot. Bei der U20-WM in Cali (Kolumbien) war der Sindelfinger zwar als Weltjahresbester an den Start gegangen, aber internationale Wettkämpfe haben ihre eigenen Gesetze. Und um diese zu lernen, um zu lernen, diese besondere Anspannung auszuhalten – auch dazu sind U20-Weltmeisterschaften da. Mit starken 20,55 Metern holte der 19-Jährige die Bronzemedaille und damit die erste deutsche Medaille für das DLV-Team bei dieser Meisterschaft. Auf Platz vier glänzte Lukas Schober (SG Weißig 1861) mit 19,43 Metern.

Sogar noch weiter als der Vierte der U20-WM stießen in diesem Jahr die weiteren U20-Talente Steven Richter (LV 90 Erzgebirge) und Philipp Thomas (SV Halle), die mit ihren Bestmarken von 2030 und 20,25 Metern die Plätze fünf und sechs der Weltjahresbestenliste einnehmen. Es spricht für die Stärke der DLV-Nachwuchskugelstoßer, dass es für sie dennoch nicht für einen der zwei deutschen Startplätze bei der U20-WM reichte.

Richtig stark präsentierte sich auch der Münchener Georg Harpf bei seinem ersten internationalen Einsatz. In Jerusalem (Israel) bei der U18-EM wuchtete der damals noch 16-Jährige die Kugel auf 20,16 Meter und wurde dafür mit Silber belohnt. Kurze Zeit später war er national bei der U18-DM nicht zu schlagen.

Internationale Erfolge

	Medaille	Finalplatzierung
Hallen-WM	–	–
WM	–	–
EM	–	11. Simon Bayer
U20-WM	Bronze Tizian Lauria	4. Platz Lukas Schober
U18-EM	Silber Georg Harpf	–
EYOF	–	–

Unser "Ass des Jahres"

Simon Bayer (VfL Sindelfingen)

EM-Elfter
WM-Teilnehmer

Unser "Talent des Jahres"

Tizian Lauria (VfL Sindelfingen)

Bronze U20-WM

Die deutschen Top Ten 2022

Weite	Name	Jahrgang	Verein
20,41 m	Simon Bayer	1995	VfL Sindelfingen
20,32 m	David Storl	1990	SC DHfK Leipzig e.V.
20,07 m	Christian Zimmermann	1994	Kirchheimer SC
20,06 m	Dennis Lukas	1994	LG Idar-Oberstein
19,83 m	Silas Ristl	1995	LAC Essingen
19,16 m	Leon Schwöbel	1997	LG Rhein-Wied
18,91 m	Cedric Trinemeier	1997	MTG Mannheim
18,86 m	Eric Maihöfer	2001	VfL Sindelfingen
18,76 m	Valentin Moll	1999	LC Rehlingen
18,54 m	Tizian Lauria	2003	VfL Sindelfingen

Statistik – Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau: Kugelstoßen Männer

Jahr	> 20,50*	Schnitt Top 3	Schnitt Top 5	Schnitt Top 10
2005	2	20,82	20,35	19,67
2006	3	20,84	20,43	19,48
2007	2	20,42	19,88	19,19
2008	2	20,47	20,11	19,55
2009	1	20,75	20,47	19,58
2010	2	20,64	20,26	19,60
2011	3	20,96	20,47	19,73
2012	1	20,80	20,35	19,70
2013	1	20,61	20,17	19,59
2014	1	20,56	20,00	19,30
2015	2	21,22	20,58	19,81
2016	1	20,43	19,93	19,35
2017	1	20,53	20,08	19,51
2018	1	20,42	19,89	19,39
2019	–	20,08	19,97	19,65
2020	1	20,43	20,10	19,38
2021	–	20,32	20,10	19,73
2022	–	20,27	20,14	19,49

Entwicklung der internationalen Jahresbestleistungen

Jahr	Deutschland	Europa	Diff.	Welt	Diff.
2005	21,36 (R. Bartels)	21,41 (Smith/NED)	0,05	22,20 (Godina/USA)	0,84
2006	21,13 (R. Bartels)	21,62 (Smith/NED)	0,49	22,45 (Cantwell/USA)	1,32
2007	21,00 (P. Sack)	21,61 (Olsen/DEN)	0,61	22,43 (Hoffa/USA)	1,43
2008	21,19 (P. Sack)	22,00 (Mikhnevich/BLR)	0,81	22,12 (Nelson/USA)	0,93
2009	21,37 (R. Bartels)	21,95 (Majewski/POL)	0,58	22,16 (Cantwell/USA)	0,79
2010	21,14 (R. Bartels)	22,09 (Mikhnevich/BLR)	0,95	22,41 (Cantwell/USA)	1,27
2011	21,78 (D. Storl)	22,10 (Mikhnevich/BLR)	0,32	22,21 (Armstrong/CAN)	0,43
2012	21,86 (D. Storl)	21,89 (Majewski/POL)	0,03	22,31 (Cantwell/USA)	0,45
2013	21,73 (D. Storl)	21,73 (D. Storl)	0,0	22,28 (Whiting/USA)	0,55
2014	21,97 (D. Storl)	21,97 (D. Storl)	0,0	22,03 (Kovacs/USA)	0,06
2015	22,20 (D. Storl)	22,20 (D. Storl)	0,0	22,56 (Kovacs/USA)	0,36
2016	21,39 (D. Storl)	21,39 (D. Storl)	0,0	22,52 (Crouser/USA)	1,13
2017	21,87 (D. Storl)	22,01 (Stanek/CZE)	0,14	22,65 (Crouser/USA)	0,78
2018	21,62 (D. Storl)	22,08 (Haratyk/POL)	0,46	22,67 (Walsh/NZL)	1,05
2019	20,26 (S. Bayer)	22,32 (Haratyk/POL)	2,06	22,91 (Kovacs/USA)	2,65
2020	21,20 (D. Storl)	21,99 (Fabbri/ITA)	0,79	22,91 (Crouser/USA)	1,71
2021	20,45 (C. Zimmermann)	22,17 (Haratyk/POL)	1,72	23,37 (Crouser/USA)	2,92
2022	20,41 (S. Bayer)	21,99 (Weir/ITA)	1,58	23,23 (Kovacs/USA)	2,82

Das fällt auf

Für Simon Bayer war es ein Jahr, in dem er viel internationale Erfahrung sammeln durfte. Der EM-Finalist steigerte in diesem Sommer gleich zweimal seine Bestleistung, zuletzt auf 20,41 Meter. Eine Weite, die es nun gilt zu stabilisieren.
Einen David Storl in Höchstform kann derzeit kein anderer deutscher Kugelstoßer ersetzen. Der ehemalige Weltmeister holte im Sommer nach langer Verletzungs- und Krankheitsphase am Brandenburger Tor in Berlin seinen zehnten deutschen Meistertitel, konnte dann aber nicht mehr im Wettkampf in Aktion treten.
Im Nachwuchsbereich gab es mit Tizian Lauria und Georg Harpf gleich zwei internationale Medaillen zu feiern. Auch Lukas Schober ist mittendrin in der internationalen Spitze seiner Altersklasse – und einer von insgesamt fünf deutschen U20-Athleten, die 2022 die 20-Meter-Marke überbieten konnten. Eine Entwicklung, die Vorfreude weckt auf die kommenden Jahre, findet sich Tizian Lauria doch auch bereits mit der Männerkugel in den Top Ten der Aktiven wieder.
Die Weltspitze ist knapp drei Meter vom aktuell besten Deutschen entfernt. Mit Joe Kovacs und Weltrekordler Ryan Crouser stießen in diesem Jahr gleich zwei US-Amerikaner mit Weiten über 23 Meter in ihrer eigenen Welt.
Eindrucksvoll ist aber auch diese Zahl: 29! 29 Athleten weltweit konnten im Jahr 2022 Weiten jenseits der 21 Meter zeigen. Der letzte deutsche Athlet, der diese Marke übertreffen konnte, war David Storl im Jahr 2020.