| Mehrkampf-DM Bernhausen

U20 Tag 2 | Anna Neubert und Roman Jocher triumphieren im Fleinsbachstadion

Die Deutsche U20-Meisterin im Siebenkampf heißt Anna Neubert! Die Rostockerin setzte sich am Wochenende im Fleinsbachstadion in Bernhausen mit deutlicher Steigerung ihrer Bestleistung durch. Bei der männlichen U20 gewann Roman Jocher aus Ulm, der sich nach verletzungs- und krankheitsbedingter Pause eindrucksvoll zurückmeldete.
Svenja Sapper

Bis nach dem Weitsprung am Sonntagvormittag war die Vergabe des Deutschen Meistertitels im Siebenkampf der U20 noch ein knapper Dreikampf gewesen. Doch mit dem Speerwurf wendete sich in Bernhausen das Blatt zugunsten der Athletin, die den ersten Tag noch als Drittplatzierte beschlossen hatte: Anna Neubert (1. LAV Rostock). Sie warf den Speer auf eine neue Bestweite von 44,21 Metern und legte mehr als zehn Meter zwischen sich und die beiden Athletinnen, die am Samstag noch vor ihr platziert waren.

Damit zog sie an Vereinskollegin Lia Flotow (32,59 m) und Lokalmatadorin Tabea Eitel (LG Filder; 31,26 m) vorbei und hatte bereits vor den 800 Metern satte 133 Punkte Vorsprung auf die zweitplatzierte Flotow. Als 2:24-Minuten-Läuferin auch die Schnellste des Trios über 800 Meter, war somit vor der letzten Disziplin klar: Der Sieg im U20-Siebenkampf geht in Bernhausen nur über Anna Neubert. In 2:26,40 Minuten lief sie den Titel sicher nach Hause und schraubte obendrein ihren Siebenkampf-Hausrekord um 213 Punkte nach oben auf 5.338 Zähler.

„Es könnte nicht besser sein“, strahlte Anna Neubert, als sie nach dem Siebenkampf zum ersten Mal schwarz auf weiß ihr Ergebnis sah. Das Mehrkampf-Wochenende sei für sie „total schön“ gewesen: „Es lief eigentlich alles gut bis sehr gut.“ An ihren Sieg geglaubt habe sie „so richtig erst nach Speer, als ich dann auch vorn war. Ich wusste, dass ich ganz gut werfen kann – aber ob man das im Siebenkampf dann auch so gut hinkriegt, ist eine andere Sache.“ Ein persönliches Highlight sei bereits der Hürdensprint am ersten Tag (14,47 sec) gewesen: „Das war die erste Bestleistung und dann kamen all die anderen.“ 

Doppelsieg für Rostock

Schon im Weitsprung, den die Siebenkämpferinnen bereits vor zehn Uhr morgens absolviert hatten, war es der Medizinstudentin mit 5,64 Metern, nur knapp unter PB (5,68 m), gelungen, an den nominell stärkeren Springerinnen Eitel und Flotow dranzubleiben. Auch weil Tabea Eitel, der U20-WM-Achten in dieser Disziplin, ein Missgeschick vom Einspringen zu schaffen machte: Sie rutschte beim Absprung auf dem Brett nach vorn. Wie ihr Trainer Florian Bauder, Landestrainer Baden-Württembergs, berichtete, war ihr das bei der U20-WM in Cali (Kolumbien) ebenfalls passiert. Danach war die Lokalmatadorin beim Absprung gehemmt und sprang nur 5,77 Meter. Damit konnte sie nur wenige Punkte auf Neubert und Flotow (5,69 m) gutmachen.

Flotow, die am Vortag noch angekündigt hatte, den 800 Metern mit wenig Vorfreude entgegenzublicken, kämpfte sich dennoch in Bestzeit von 2:30,15 Minuten ins Ziel und wurde mit ihrem ersten 5.000er belohnt: 5.157 Punkte brachten Rostock den Doppelsieg und der 18-Jährigen DM-Silber ein. Tabea Eitel musste sich nach 2:32,41 Minuten im Kampf um Bronze der mit Abstand schnellsten 800-Meter-Läuferin geschlagen geben: Dank 2:18,03 Minuten schob sich die Mainzerin Meret Joeris noch mit 5.092 Punkten vorbei an Eitel (5.061 Pkt).

„Es war gar nicht so klar, dass es hier überhaupt gut laufen würde“, sagte Anna Neubert, die derzeit Medizinstudium und Leistungssport unter einen Hut bringt und studienbedingt in den vergangenen Wochen Trainingsausfall hinnehmen musste. „Dieses Jahr hat die Doppelbelastung echt gut funktioniert, ich hoffe, das geht auch so weiter“, blickte sie bereits in die Zukunft.

Roman Jocher mit Stoppuhr zum Sieg

Mit einer Stoppuhr in der Hand machte sich Roman Jocher (SSV Ulm 1846) auf die 1.500 Meter. Zu diesem Zeitpunkt hatte er 126 Punkte Rückstand auf Fred Isaac Fleurisson (OSC Berlin), der am Samstag bereits verraten hatte, dass er die finale Zehnkampf-Disziplin gar nicht gern mag. „Ich hoffe, in den ersten vier Disziplinen des zweiten Tages so viele Punkte zu machen, dass es am Ende reicht“, waren seine Worte nach dem ersten Tag gewesen. Doch bereits während des Rennens zeichnete sich ab, dass Roman Jocher das bessere Ende für sich haben würde: In 4:38,05 Minuten kam er als Dritter ins Ziel, während Fleurisson sich in 5:22,76 Minuten wenigstens noch über eine knappe persönliche Bestleistung freuen durfte.

„Ich habe vorher ein bisschen rumgerechnet und überlegt, was ich laufen muss. Das Ziel war eine 4:30“, berichtete Roman Jocher über seinen Rennplan. „Ich bin zu Beginn gut angelaufen und habe am Ende alles rausgeholt, was noch ging. Es war ein echt schöner Lauf!“

Die Aufholjagd des Ulmers hatte im Diskuswurf begonnen, über 110 Meter Hürden hatte anfangs noch Fleurisson in 14,16 Sekunden geglänzt, Jocher benötigte 15,04 Sekunden. Im Diskuswurf konnte dann der Ulmer wertvolle Punkte sammeln. Nach zwei Versuchen deutlich unter der 40-Meter-Marke schien er sich mit dem dritten Wurf deutlich zu verbessern, dieser wurde jedoch für ungültig erklärt. Zum Glück für Roman Jocher existierte jedoch ein Video des Wurfs, mit dem Zehnkampf-Bundestrainer Christopher Hallmann zum Kampfgericht eilte, das nach Betrachtung des Clips entschied: Jocher erhielt einen weiteren Versuch. Mit 40,04 Metern knackte er dann doch noch die 40 Meter und sackte wertvolle Punkte im direkten Vergleich mit dem Rivalen (34,98 m) ein.

Mannschaftsgold für Ausrichterverein

Im Stabhochsprung konnte er dann keine Punkte mehr gutmachen – beide Athleten überquerten 4,20 Meter. Ein gelungener Speerwurf (52,79 m) und vier Meter mehr als sein Berliner Kontrahent (48,49 m) brachten Jocher dann der Führungsposition wieder näher – die er schließlich auch erobern konnte. 7.176 Punkte waren es am Ende für den Sieger, Fred Isaac Fleurisson überbot mit 7.045 Zählern ebenfalls die 7.000 Punkte-Grenze. Nach einer Verletzungspause und einer Corona-Infektion konnte Roman Jocher, dem die gesundheitlichen Beschwerden den Start bei der U20-WM verbaut hatten, in Bernhausen wieder lächeln.

„Nach Corona war es schwierig, wieder reinzufinden, ich war auch ein bisschen verletzt“, sagte er. „Jetzt am Ende Deutscher Meister – damit bin ich voll zufrieden, obwohl nicht alle Leistungen so waren, wie ich es mir vorgestellt hatte.“ Am meisten freute er sich während der zwei Zehnkampftage über 1,98 Meter im Hochsprung.

Platz drei blieb im Fleinsbachstadion bei Lokalmatador Emanuel Molleker (6.910 Pkt), der auch die siegreiche Mannschaft der LG Filder (19.110 Pkt) anführte. Ebenfalls drei Athleten brachte der VfL Sindelfingen (17.190 Pkt) durch den Zehnkampf.

Die kompletten Resultate finden Sie in unserer Ergebnisrubrik...

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