| Neuer Meister

Lucas Ansah-Peprah – Mittendrin im Rennen um Vormachtstellung in neuer Sprinter-Generation

Sieben DLV-Athletinnen und Athleten haben sich bei der Hallen-DM erstmals in die Siegerliste eingetragen. Unter ihnen neue Gesichter, sowie Athletinnen und Athleten, die schon mehrere Medaillen auf nationaler Ebene zu Hause haben und in Leipzig endlich ganz oben standen. Wir stellen sie vor, heute Sprinter Lucas Ansah-Peprah (Hamburger SV).
Jan-Henner Reitze

Lucas Ansah-Peprah
Hamburger SV

Bestleistungen:

60 Meter: 6,58 sec (2022)
100 Meter: 10,20 sec (2021)

Erfolge:

Vierter U20-EM 2019
Olympia-Fünfter 2021 (Staffel)
U20-Europameister 2019 (Staffel)
Bronze U20-WM 2018 (Staffel)
Deutscher Hallenmeister 2022

Bestleistung im wichtigsten Rennen der Saison. Was jeder Athlet anstrebt, ist Lucas Ansah-Peprah (Hamburger SV) in der zurückliegenden Hallensaison wie auch im vergangenen Sommer gelungen. Im 100-Meter-Finale der Freiluft-DM in Braunschweig 2021 war der 22-Jährige in 10,20 Sekunden so schnell wie nie unter regulären Windbedingungen und sicherte sich Silber. Im 60-Meter-Finale der Hallen-DM in Leipzig in diesem Winter legte er 6,58 Sekunden auf die Bahn und ließ überraschend die gesamte Konkurrenz um den Deutschen Hallenrekordler Kevin Kranz (Sprintteam Wetzlar; 6,60 sec) hinter sich.

„Das Training ist auf eine Bestzeit beim Saisonhöhepunkt ausgerichtet“, lautet die simple Erklärung des Deutschen Hallenmeisters. Dieses von jedem verfolgte Ziel haben Lucas Ansah-Peprah, sein Trainer Sebastian Bayer sowie sein Trainingspartner und 200-Meter-Sieger von Leipzig Owen Ansah (Hamburger SV) in der zurückliegenden Hallensaison so überzeugend umgesetzt, wie niemand sonst. Dieser Erfolg soll aber nur eine Zwischenstation gewesen sein. In der insgesamt stark aufgestellten neuen Generation von deutschen Sprintern wollen sich die beiden dauerhaft eine Top-Position erarbeiten und auch international die deutschen Farben so weit wie möglich nach vorne bringen.

Nach Wechsel vom Fußball stellen sich schnell Erfolge ein

Zu Beginn seiner Teenager-Zeit spielte Lucas Ansah-Peprah in Hamburg Fußball, allerdings ohne große Ambitionen oder Erfolge. „Da auch meine Noten gelitten haben, kam ich zu dem Entschluss, lieber mehr für die Schule zu tun als viel Zeit auf dem Bolzplatz zu verbringen“, erzählt der heutige Leistungssportler. Ohne Fußball fehlte ihm aber doch etwas. „Die Leichtathletik habe ich dann über Jugend trainiert für Olympia entdeckt.“ Mit der Otto-Hahn-Schule unter der Leitung von Sportlehrer Björn Wißmach stand er zweimal im Bundesfinale und lief die 100 Meter dort im Jahr 2016 ohne großes Training in 11,63 Sekunden.

„Im Vergleich zum Fußball hat mir an der Leichtathletik gefallen, dass jeder allein für seine Leistung verantwortlich ist“, so der damalige Schüler. Gleichzeitig ging der Teamgedanke nicht verloren. Der Spaß an der sportlichen Neuentdeckung war so groß, dass sich der damals 16-Jährige mit dem Athletik Team Hamburg einem Verein anschloss und begann, zu trainieren. Dort traf er auch erstmals auf seinen heutigen Trainingspartner Owen Ansah. Und auch Erfolge ließen nicht lange auf sich warten.

2017 startete Lucas Ansah-Peprah sofort in die nationale Spitze seiner Altersklasse durch und bewies schon damals, dass er seine schnellsten Zeiten in den wichtigsten Rennen abliefern kann. Mit einer Bestzeit von 10,76 Sekunden belegte er im Finale der Jugend-DM in Ulm über 100 Meter der Altersklasse U18 den vierten Platz. „Als ich dann auch noch in den Bundeskader berufen wurde, ist mir erstmals klar geworden, dass der Sport mehr für mich sein könnte als ein Hobby.“ Im Hinterkopf war der Gedanke, einmal Profisportler werden zu wollen aber schon vorher.

Die Entwicklung ging Schlag auf Schlag weiter. 2018 folgten der Wechsel zum Hamburger SV, zuerst in die Trainingsgruppe von Timo Knoth, die Steigerung auf 10,50 Sekunden, die Staffel-Nominierung für die U20-WM in Tampere (Finnland) und dort der Gewinn der Bronze-Medaille (39,22 sec). 2019 war sogar noch erfolgreicher: Staffel-Gold bei der U20-EM in Boras (Schweden; 39,79 sec), Rang vier im Einzel über 100 Meter (10,55 sec), die Steigerung der Bestzeit auf 10,42 Sekunden und der 100-Meter-Titel bei der Jugend-DM in Ulm.

Sebastian Bayer lässt Bestzeiten weiter purzeln

Gemeinsam mit Owen Ansah, der bis dahin nicht so erfolgreich war, aber 2019 den Anschluss an die nationale U20-Spitze über 200 Meter schaffte, wechselte Lucas Ansah-Peprah im Herbst 2019 zu Trainer Sebastian Bayer. Auch Corona konnte weitere Fortschritte nicht aufhalten. Gleich bei seiner ersten DM-Teilnahme in der Männerklasse sprintete Lucas Ansah-Peprah 2020 in Braunschweig auf Platz fünf über 200 Meter (21,08 sec), seine 100-Meter-Bestzeit drückte er auf 10,31 Sekunden.

Das überraschende Gold bei der Staffel-WM 2021 über 4x200 Meter (1:22,43 min) war der Start in den nächsten Sommer auf der Überholspur, der neben DM-Silber über 100 Meter (10,20 sec) auch mit windunterstützten (+ 2,5 m/sec) 9,98 Sekunden in La Chaux-de-Fonds (Schweiz) die bisher schnellste Zeit eines deutschen Sprinters überhaupt brachte. Gekrönt wurde das Jahr mit Staffel-Platz fünf bei Olympia (38,12 sec) in Tokio (Japan).

Seinem Trainer spricht der Durchstarter großen Anteil an seinen Leistungen zu, das Vertrauen wuchs immer weiter. Auch die einerseits freundschaftliche Verbindung zu Owen Ansah ist ein wichtiger Bestandteil des Erfolgs. Anderseits ist der Trainingspartner mit seinen Stärken eher auf den etwas längeren Strecken auch der perfekte Herausforderer bei Tempoläufen. Mehr zur Dynamik des Trios lesen Sie hier.

Umzug nach Mannheim

Reibungslos verlief auch der gemeinsame Umzug nach Mannheim im vergangenen Herbst, wo Sebastian Bayer die Stelle des in den Ruhestand verabschiedeten Rüdiger Harksen übernahm. „Wir sind sehr gut aufgenommen worden.“

Dafür, dass auch ihr familiäres Umfeld voll mitzieht, steht, dass Lucas Ansah-Peprah und Owen Ansah jeweils von ihren Freundinnen nach Mannheim begleitet wurden. Die Heimat Hamburg bleibt nicht nur bei regelmäßigen Besuchen präsent, sondern auch auf dem Vereinstrikot. Die beiden Hoffnungsträger sprinten weiter für den HSV. Mit der Aufnahme in die Sportfördergruppe der Bundeswehr ist eine weitere Grundlage für die kommenden Jahre geschaffen.

Druck bisher kein Thema

Die überragende Hallen-DM in Leipzig hat gezeigt, dass die eingeleiteten Änderungen funktionieren. Lucas Ansah-Peprah fühlt sich einfach wohl. „Wenn ich zum Training gehe, ist es wie von einem zu Hause in das nächste zu gehen.“ Die 6,58 Sekunden waren vor allem wegen eines endlich besser getroffenen Starts möglich. „Daran haben wir im Training gearbeitet. Dass ich fliegend etwas drauf habe, kannte man von mir schon.

Zu seinem Konzept gehört auch, keinen großen Druck aufkommen zu lassen. „Vor dem Finale in Leipzig habe ich mir gesagt: Du hast nichts zu verlieren. Du bist hier, um Spaß zu haben. Ich war nicht der Favorit. Alles andere hat dann der Körper übernommen.“ Bei den Olympischen Spielen fiel es ihm allerdings nicht so leicht mit der aufkommenden Aufregung umzugehen. „Aber meine Staffel-Kollegen, vor allem Julian Reus, haben mir sehr geholfen“, erzählt der Athlet des Hamburger SV. „Sie haben mich beruhigt und gleichzeitig heiß auf das Rennen gemacht. Als ich schließlich auf der Bahn stand, war die Motivation größer als die Aufregung.“

Im bevorstehenden Sommer sind die Einzelnormen für die WM in Eugene (USA; 15. bis 24. Juli; 10,05 sec) und die EM in München (15. bis 21. August; 10,16 Sekunden) sowie dort jeweils Einsätze in der Staffel das erklärte Ziel. Langfristig soll es auch im Einzel zu den Olympischen Spielen 2024 in Paris (Frankreich) gehen. Die rasante Entwicklung soll genauso wie bisher weitergehen.

Video: Lucas Ansah-Peprah überrascht als 60-Meter-Sieger
Video-Interview: Lucas Ansah-Peprah: "Dass ich um Gold kämpfte, hätte ich nie gedacht"

Das sagt Bundestrainer Ronald Stein:

Lucas hat schon in seinen Jugendjahren auf sich aufmerksam gemacht, unter anderem als Schlussläufer der Goldstaffel bei der U20-EM 2019. In den letzten Jahren hat er eine gute, kontinuierliche Entwicklung genommen. Bei Olympia hat er als Schlussläufer der Staffel überzeugt und im Vorfeld gute Einzelleistungen gezeigt. Mit 9,98 Sekunden ist er schon jetzt der schnellste Deutsche aller Zeiten über 100 Meter bei zu viel Rückenwind.

Die 6,58 Sekunden von Leipzig über 60 Meter kamen überraschend, weil Lucas bis jetzt noch kein explosiver Schnellstarter war. Das war in Leipzig anders, er war dran an den besten Startern Kevin Kranz und Aleksandar Askovic. Dazu kam seine bekannte Stärke zum Tragen, die er schon in den letzten Jahren gezeigt hat: Das fliegende Laufen.

Wenn er im Sommer weitere solche Starts hinlegt, kann es schnell werden. Bei der WM liegt der Fokus auf einem Finalplatz mit der Staffel. Wenn die Qualifikation für Einzelstarts gelingt, werden wir überlegen, ob das in Sachen Anreise, Zeitverschiebung und Bedingungen sinnvoll ist. Bei der EM in München haben wir das Ziel den ein oder anderen in die Einzelfinals zu bringen und in der Staffel um eine Medaille mitzulaufen. Insgesamt haben wir eine sehr starke Sprinter-Generation. Lucas gehört mit Kevin Kranz, Marvin Schulte, Julian Wagner, Dennis Almas und Owen Ansah zu den Anwärtern, diese Generation zu prägen. Für die Hallensaison muss man ganz klar sagen, dass Lucas und Owen in Leipzig wirklich super abgeliefert haben.

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024