Sie holte die erste und letzte Medaille für die deutsche Para-Leichtathletik bei den Spielen in Tokio: Lindy Ave hat am Abschlussabend im Regen sensationell Gold über die 400 Meter in Weltrekordzeit gewonnen. Felix Streng sprintete zu Silber über 200 Meter, konnte sich darüber im ersten Moment aber nicht freuen.
„Wer an der Ostsee wohnt, ist Regenwetter gewohnt“, sagte Lindy Ave lachend und pitschnass, nachdem die 23-Jährige von der HSG Uni Greifswald in Weltrekordzeit von exakt 60 Sekunden überraschend Gold über 400 Meter in der Klasse T38 gewonnen hatte. Exakt vor einer Woche hatte sie schon Bronze über 100 Meter geholt – und das trotz zweijähriger Verletzungszeit und nur etwas mehr als einem halben Jahr Vorbereitung auf die Paralympics.
„Ich hätte niemals im Leben geglaubt, dass ich das schaffen kann. Jetzt bin ich überglücklich", sagte Lindy Ave: „Ich habe noch überlegt, ob ich überhaupt die Sachen für die Medaillenzeremonie mitnehme. Es war ein guter Lauf, besser hätte es nicht laufen können."
Felix Streng gewinnt Silber
Felix Streng (Sprintteam Wetzlar) wollte nach seinem famosen Vorlauf und dem 100-Meter-Gold im Rücken unbedingt einen zweiten Paralympics-Sieg und sich zum Sprintkönig von Tokio (Japan) küren. Im Vorlauf hatte er schon nach 150 Metern das Tempo rausgenommen und war dennoch in starken 21,98 Sekunden ins Ziel gekommen. Doch im Finale am Abend machte ihm 100-Meter-Silbermedaillengewinner Sherman Guity Guity einen Strich durch die Rechnung.
Der Costa Ricaner siegte in 21,43 Sekunden, Felix Streng benötigte 35 Hundertstel länger und holte sich damit Silber. „Natürlich bin ich enttäuscht. Mir ist es schon vorher in die Adduktoren reingezogen. Beim Start habe ich es gleich wieder gespürt", sagte er: „Es war komisch. Aber ich will ein guter Verlierer sein. Es waren unglaubliche Spiele für mich. Das hat heute echt wehgetan, aber das soll keine Entschuldigung sein."
Auch Daniel Scheil nicht zufrieden
Rio-Paralympicssieger Daniel Scheil (HSC Erfurt) war wie Felix Streng enttäuscht nach seinem Wettkampf. Noch bei seinem Einstoßen sah alles gut aus, doch bei Wettkampfbeginn brach seine Verletzung, die ihn auch schon im Trainingslager in Shimabara (Japan) behinderte, wieder aus. Nur 9,86 Meter waren mehr als eineinhalb Meter weniger, als der Athlet vom HSC Erfurt normalerweise stoßen kann. „Jetzt soll er sich auskurieren, dann greifen wir wieder an“, sagte Trainer Christian Balke.
Das deutsche Para-Leichtathletik-Team hat damit bei den Paralympics in Tokio insgesamt vier Gold-, fünf Silber- und sechs Bronzemedaillen gewonnen. Am Sonntag (13 Uhr MESZ) findet die Abschlussfeier statt.