Malaika Mihambo hat am Dienstag für die erste Goldmedaille der deutschen Leichtathleten bei den Olympischen Spielen in 2021 gesorgt. Karsten Warholm sprintete zu einem Fabelweltrekord und Armand Duplantis war im Stabhochsprung nicht zu schlagen.
Sie sorgte aus deutscher Sicht für das Highlight des fünften Tages der Olympischen Spiele: Weltmeisterin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) hat am Dienstag nach einem Weitsprung-Krimi Olympia-Gold gewonnen. „Das war mein härtester Wettkampf und die wichtigsten sieben Meter, die ich je gesprungen bin“, sagte die 27-Jährige anschließend. „An Spannung war das wohl nicht zu übertreffen.“
Erst mit ihrem Sieben-Meter-Satz im letzten Versuch hatte die Topfavoritin die Führung übernommen, musste aber noch die Sprünge von Brittney Reese (USA; Silber) und Ese Brume (Nigeria; Bronze) abwarten, die zuvor nur drei Zentimeter weiter gekommen waren. „Es ist die Position, die ich am wenigsten mag, weil man nichts machen kann“, sagte die Athletin der LG Kurpfalz. „Ich habe einfach die Augen zugemacht, weil ich nicht zusehen konnte, wie es ausgeht. Das war ein schlimmer Moment.“ Deshalb sei es für sie „eines der spannendsten Finals ever“ gewesen.
Für die deutsche Welt- und Europameisterin hatte es mit 6,83 Metern gut angefangen und sich mit 6,95 Metern gut fortgesetzt. Dass sie bei diesem Satz fast 13 Zentimeter vom optimalen Absprungpunkt entfernt war, machte zusätzlich Mut. Beim dritten Versuch (6,78 m) traf sie den Balken schlechter und die Sprünge vier und fünf waren ungültig. «Ich habe einen inneren Glauben gespürt, der ungebrochen war. Ich war ruhig und gelassen“, schilderte Mihambo ihre Gefühlslage vor dem entscheidenden Flug zu Gold, der ihr den bisherigen Karrierehöhepunkt bescherte.
Karsten Warholm stößt in neue Dimension vor
Karsten Warholm (Norwegen) ist in Tokio dagegen in eine neue Leichtathletik-Dimension vorgestoßen und hat Erinnerungen an Usain Bolts Wundertaten geweckt. Der zweifache Weltmeister stürmte in einer Fabelweltrekordzeit zum Olympiasieg über die 400 Meter Hürden.
Er blieb als erster Athlet in 45,94 Sekunden unter der 46er-Marke und verbesserte seinen eigenen Weltrekord deutlich. 2009 war Jamaikas Sprint-Legende Bolt bei der WM in Berlin über die 100 Meter in irren 9,58 Sekunden in die Sport-Geschichtsbücher gerast.
„Ich habe keine einzige Hürde berührt. Auf den letzten Metern konnte ich sogar noch einen Gang zulegen, also wow!“, meinte Karsten Warholm, der an der letzten Hürde Rai Benjamin (46,17 sec) abhängte, der sich Silber holte. „Ich habe davon wie ein Irrer geträumt“, sagte der Weltrekordhalter.
Armand Duplantis mit Flugshow
Der Schwede Armand Duplantis ist derweil in den Olymp geflogen. Der Weltrekordler krönte sich im Stabhochsprung zum König von Tokio. Der 21-Jährige, der nur „Mondo“ gerufen wird, flog ohne Fehlversuch über 6,02 Meter und holte sich seine erste Goldmedaille. Er scheiterte erst knapp, als er versuchte seine eigene Bestmarke von 6,18 Metern um einen Zentimeter zu verbessern. Silber sicherte sich der US-Amerikaner Christopher Nilsen (5,97 m) vor Rio-Olympiasieger Thiago Braz aus Brasilien (5,87 m).
Die deutschen Stabhochspringer Oleg Zernikel (ASV Landau) und Bo Kanda Lita Baehre (TSV Bayer 04 Leverkusen) meisterten nur die 5,70 Meter und hatten mit der Medaillenentscheidung nichts zu tun. Oleg Zernikel wurde Neunter, der Weltmeisterschafts-Vierte Bo Kanda Lita Baehre aus Leverkusen landete auf einem geteilten elften Platz.
Die erst 19 Jahre alte US-Amerikanerin Athing Mu gewann über 800 Meter Gold. In 1:55,21 Minuten verbesserte sie im Finale zudem den amerikanischen Rekord über die zwei Stadionrunden. Silber holte sich die Britin Keely Hodgkinson in 1:55,88 Minuten vor Raevyn Rogers (USA), die in 1:56,81 ins Ziel kam.
Elaine Thompson-Herah Sprintkönigin
Elaine Thompson-Herah gewann drei Tage nach ihrem Triumph über 100 Meter auch die 200 Meter. Die 29 Jahre alte Jamaikanerin rannte nach 21,53 Sekunden ins Ziel. Sie stellte damit einen Landesrekord für den Karibik-Staat auf, blieb aber über dem Uralt-Weltrekord von Florence Griffith-Joyner (21,34 sec).
Thompson-Herahs Teamrivalin Shelly-Ann Fraser-Pryce verpasste in 21,94 Sekunden als Vierte überraschend eine Medaille. Silber ging an Christine Mboma aus Namibia in 21,81 Sekunden – so schnell war noch nie eine 18-Jährige auf dieser Distanz. Bronze holte die Amerikanerin Gabrielle Thomas (21,87 sec).
Die Polin Anita Wlodarczyk ist zum dritten Mal nach 2012 und 2016 Hammerwurf-Olympiasiegerin. Die 35-Jährige siegte mit 78,48 Metern vor der Chinesin Wang Zheng (77,03 m) und der ebenfalls aus Polen stammenden Malwina Kopron (75,49 m). Weltrekordlerin Anita Wlodarczyk gewann damit die Hälfte der sechs möglichen Goldmedaillen im Hammerwurf, der im Jahr 2000 ins olympische Programm aufgenommen wurde.
Christin Hussong und Robert Farken ziehen in nächste Runde ein
Neben Malaika Mihambo könnte mit Christin Hussong (LAZ Zweibrücken) eine weitere Deutsche nach einer Medaille greifen. Sie machte es in der Speerwurf-Qualifikation allerdings spannend und zog mit 61,68 Meter ins Finale ein. Im Kampf um die Medaillen muss sie sich dort nun deutlich steigern. Auch Robert Farken durfte sich über den Einzug in die nächste Runde freuen: Der Leipziger konnte sich in 3:36,61 Minuten Seite an Seite mit Mitfavorit Jakob Ingebrigtsen (Norwegen) als Fünfter direkt das Ticket ins 1.500-Meter-Halbfinale buchen.
Der EM-Vierte Gregor Traber (LAV Stadtwerke Tübingen) schied über 110 Meter Hürden dagegen vorzeitig aus. Er blieb an der siebten Hürde hängen und verpasste in 13,65 Sekunden die Qualifikation für die nächste Runde. Endstation war auch für Steven Müller (LG OVAG Friedberg-Fauerbach) und Corinna Schwab (LAC Erdgas Chemnitz). Steven Müller benötigte im 200 Meter-Vorlauf 21,08 Sekunden und belegte Platz sechs. Corinna Schwab absolvierte innerhalb von fünf Tagen ihren dritten Auftritt – und zeigte erneut eine gute Leistung. Doch in 52,29 Sekunden verpasste sie als Vierte knapp das 400-Meter-Halbfinale.
Auch für Mohamed Mohumed (LG Olympia Dortmund) und Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz) sind die Spiele beendet. Der Deutsche Meister über 5.000 Meter zeigte einen beherzten Auftritt, lag zwischenzeitlich sogar in Führung, schied jedoch letztlich als 16. in 13:50,46 Minuten aus. Dreispringer Max Heß landete mit seinem besten Versuch hinter der 17-Meter-Marke – doch dieser war ungültig. 16,69 Metern reichten nicht für das Finale.