In acht Leichtathletik-Wettbewerben finden am Dienstag bei den Olympischen Spielen Vorrunden mit deutscher Beteiligung statt. Hier lesen Sie von Disziplin zu Disziplin, wie sich die DLV-Athletinnen und -Athleten im Olympiastadion von Tokio präsentiert haben.
Olympische Spiele 2021 kompakt
FRAUEN
400 Meter | Vorläufe |
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Corinna Schwab verpasst knapp das Halbfinale
Dritter Auftritt innerhalb von fünf Tagen, drittes gutes Rennen – auch wenn sie selbst am besten weiß, dass mit frischen Beinen noch mehr in ihr steckt: Corinna Schwab (LAC Erdgas Chemnitz) ist in ihrem 400 Meter-Vorlauf in 52,29 Sekunden als Vierte ins Ziel gekommen und hat damit um eine Zehntel das große Q für die Top Drei verpasst. Schon zu diesem Zeitpunkt hatte sie es geahnt, nachdem alle sechs Vorläufe beendet waren stand fest: Die Zeit reichte nicht für das Weiterkommen über die sechs Zeitschnellsten. Die Favoritinnen wie Shaunae Miller-Uibo (Bahamas; 50,50 sec), Allyson Felix (USA; 50,84 sec) oder Marileidy Paulino (Dominikansche Republik; 50,06 sec) gingen mit Vorlauf-Siegen auf Nummer sicher.
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Corinna Schwab (LAC Erdgas Chemnitz):
Die letzten Tage waren schon sehr nervenaufreibend, haben auch viel mentale Kraft gekostet. Bei mir ist mit dem Sturz dann auch noch alles an einem Tag zusammengekommen. Trotzdem habe ich versucht das abzuhaken, es bringt nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Ich habe mich heute eigentlich richtig gut gefühlt und hatte Lust anzugreifen. Die vor mir hatte ich direkt eingeholt, daher fand ich das Rennen schwierig, weil man nicht so wusste, wie man steht. Dann habe ich mich vielleicht einen Moment zu sehr auf die vor mir konzentriert. Aber trotzdem meine Chance gewittert, denn ich wusste, ich bin dabei. Dass es dann am Ende so knapp ist, passt irgendwie zu der ganzen Woche. Ich weiß, was ich draufhabe, ich kenne meine Trainingszeiten, ich weiß auch, was heute drin gewesen wäre, und das wäre auf jeden Fall deutlich schneller gewesen als die 52,29 Sekunden, daher bin ich schon ein bisschen enttäuscht, hier nicht abrufen zu können.
Speerwurf | Qualifikation |
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Christin Hussong macht es spannend
Wackeln in der Qualifikation. Explodieren im Finale. Nicht selten ist das die Reihenfolge, in der Champions gemacht werden. Denn wie heißt es so schön: Qualifikationen haben ihre eigenen Gesetze. Das galt am Dienstag auch für 69-Meter-Werferin Christin Hussong (LAZ Zweibrücken), die in ihren drei gültigen Versuchen nicht über 61,68 Meter hinauskam. Das Gute daran: Aus der Lauerposition heraus kann sie es noch einmal besser machen, denn als Elfte beider Qualifikationsgruppen steht sie dennoch im Finale. Auch die weiteren Speerwerferinnen taten sich schwer, die direkte Qualifikationsweite von 63,00 Metern überboten nur die jüngst in den Kreis der 70-Meter-Werferinnen aufgestiegene Polin Maria Andrejczyk (65,24 m) und Maggie Malone (USA; 63,07m).
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Christin Hussong (LAZ Zweibrücken)
Draußen habe ich mich super eingeworfen. Ich dachte echt, heute geht es weit. Drinnen hat es technisch dann ein bisschen gehapert. Es war auch sehr, sehr schwül, vielleicht hat mich das ein bisschen müde gemacht. Aber das ist egal, Quali ist Quali. Ich bin jetzt durch und es ist egal, was ich geworfen habe. Es sind auch schon Weltmeister als Zwölfte weitergekommen. Ich weiß, was die Fehler waren, und die kann ich normalerweise abstellen. Ich bin vorne weggetaucht, da komme ich nicht unter den Speer und dann fliegt er nicht weit. In der Quali haben sich schon viele große Namen schwergetan. Was in der Quali passiert, interessiert am Freitag keinen mehr.
MÄNNER
200 Meter | Vorläufe |
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Steven Müller muss sich nach dem Vorlauf verabschieden
Als 72. im World Ranking hatte sich Steven Müller (LG OVAG Friedberg-Fauerbach) recht überraschend den Traum von den Olympischen Spielen erfüllt. Dementsprechend schwierig war jedoch für den Hessen die Ausgangslage vor dem Vorlauf, zumal seine bisherige Saison nicht optimal gelaufen war. Leider platzte auch im Olympia-Vorlauf der Knoten nicht: Nach 21,08 Sekunden und Platz sechs seines Rennens war sein Auftritt in Tokio beendet, für das Weiterkommen ins Halbfinale reichte das nicht. Vorneweg stürmte in diesem Rennen der neue U20-Weltrekordler Erriyon Knighton (USA; 20,55 sec), dessen Landsmann Kenneth Bednarek (20,01 sec) verbuchte die schnellste Zeit der Vorläufe.
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Steven Müller (LG OVAG Friedberg-Fauerbach):
Fakt ist erstmal: Ich habe mir meinen Traum erfüllt, ich bin hier bei den Olympischen Spielen. Ich durfte den Lauf laufen. Klar, wenn man ankommt im Olympischen Dorf oder im Pre-Camp, dann will man sich noch mal das Selbstvertrauen holen, besonders weil meine Saison bisher nicht die schönste war, ich habe es nicht ganz auf die Bahn bekommen. Also habe ich mich in den letzten Tagen nur noch fokussiert, versucht abzuschotten, meine Leistung zu bringen. Das hat nicht funktioniert. Aber ich weiß, dass ich in diesem Lauf an nichts anderes gedacht habe, als: Komm, jetzt so schnell wie möglich hier runter. Ich wollte nicht denken: Oh, vor mir ist Erriyon Knighton, der zieht mich ab. Es war das erste Mal, dass ich mir gesagt habe: Du gehörst hierhin und du machst deinen Lauf. Ich war bei mir. Und das war die größte Erfahrung, die ich bisher gemacht habe. Ich gehe mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Ich habe nicht das abrufen können, was ich eigentlich draufhabe. Aber ich bin ein Olympionike. Geil!
1.500 Meter | Vorläufe |
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Robert Farken mit großem Q eindrucksvoll
Es läuft für Robert Farken. Und das nicht nur in der bisherigen Saison, sondern auch bei den Olympischen Spielen: In einem schnellen dritten Vorlauf stets auf Tuchfühlung zur Spitze konnte der Leipziger auch beim letzten schnellen Antritt mithalten und in 3:36,61 Minuten Seite an Seite mit Mitfavorit Jakob Ingebrigtsen (Norwegen; 3:36,49 min) in 3:36,61 Minuten als Fünfter direkt das Ticket ins Halbfinale buchen. Im ersten Vorlauf gelang dies Amos Bartelsmeyer (Eintracht Frankfurt) nicht, er hatte früh im Rennen zu kämpfen und wurde in 3:38,36 Minuten Elfter.
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Robert Farken (SC DHfK Leipzig)
Ich war darauf eingestellt, nicht zu weit nach hinten zu gehen und das Rennen aktiv zu gestalten. Das war dann gar nicht nötig, weil der Australier wirklich gepusht hat. Das kam mir natürlich entgegen. Ich musste nur einmal auf der Gegengeraden die Position bis auf das Messer verteidigen, gegen den Spanier, das habe ich auch hingekriegt. Damit bin ich mit dem nötigen Boost auf die Zielgerade und habe das durchgebracht. Ich habe vorher noch mal kurz rübergeguckt, durchgezählt, das sollte ich eigentlich nicht machen, sondern bis zur Ziellinie kämpfen. Aber es war heute hart. Es war nicht einfach, hier 3:36 zu laufen. Das war zum Beispiel in Luzern viel, viel leichter. Jetzt ist man darauf eingestellt, dass das Halbfinale noch mal todeshart wird. Ich werde noch mal alles versuchen, vielleicht reicht es noch mal, vielleicht auch nicht. Ich bin Halbfinalist bei den Olympischen Spielen, das ist nach den letzten Jahren eine große Leistung für mich. In dieser Saison läuft endlich mal alles nach Plan, da kann ich mal das abrufen, was ich immer angedeutet, aber nie auf die Bahn gebracht habe. Das macht uns alle, auch meinen Trainer und alle, die dahinter stehen, sehr stolz, dass wir so lange durchgehalten haben und dass sich das endlich auszahlt.
Amos Bartelsmeyer (Eintracht Frankfurt):
Nach meinem Lauf wusste ich schon, dass die Chancen sehr gering sind, nur noch einer durfte über die Zeit schneller sein. Ich bin sehr enttäuscht, ich wollte mehr. Ich weiß nicht genau warum, ich habe mich einfach ganz, ganz schlapp gefühlt. Ich weiß nicht, ob es die Hitze oder die Luftfeuchtigkeit war, aber das war für alle Leute gleich. Ich bin einfach nie in das Rennen reingekommen. Ich habe schon ziemlich früh Druck in den Beinen gefühlt, nicht so frisch, wie ich mich im Vorlauf fühlen wollte. Ich bin aus Hawaii angereist, die Bedingungen dort sind ähnlich, nicht so krass wie hier, aber auch heiß, warm und feucht. Letztes Jahr im Herbst habe ich meinen Trainer und meine Trainingsgruppe gewechselt, ich bin auch umgezogen, von Seattle nach Portland. Das war schon ein ziemlich großer Unterschied zu dem was ich vorher gemacht habe, das Training ist mehr auf Ausdauer konzentriert. Bis jetzt ist es ziemlich gut gelaufen, ich hatte eine kleine Verletzung im Frühjahr, aber dann ging es wieder ziemlich gut. Ich bin in meinem ersten Rennen PB gelaufen. In den Jahren davor war ich an eine Uni gebunden, ich war auch Assistenztrainer, freiwilliger, jetzt ist es ein Schritt gewesen, noch professioneller zu werden. In diesem Jahr habe ich auch zum ersten Mal Höhentrainingslager gemacht, im Januar und Anfang Sommer. Das ist anders, anstrengender, die Einheiten sind schwieriger. Viele haben gesagt, dass es ein Jahr dauert, bis man sich da gut fühlt und an das Training angepasst hat. Nächstes Jahr habe ich mit München [EM] und Oregon [WM] ein Doppel-Heimspiel, da will ich was Gutes abliefern.
5.000 Meter | Vorläufe |
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Mohamed Mohumed mit beherztem Auftritt – letztlich doch ausgeschieden
Mit dem Selbstvertrauen seines U23-EM-Titels ging Mohamed Mohumed (LG Olympia Dortmund) in Tokio an den Start. Bei seinen ersten Olympischen Spielen zeigte der 22-Jährige dabei einen zunächst beherzten Auftritt, doch letztlich war das Tempo der Konkurrenz für ihn zu hoch. Anfangs sortierte sich der Deutsche Meister ganz hinten im Feld ein und lauerte auf seine Chance. Etwa fünf Runden vor Schluss wagte er sich aus der Deckung heraus und zog nach und nach an seinen Konkurrenten vorbei. Hinter dem US-Amerikaner Paul Chelimo führte er das Feld an, ging zwischenzeitlich sogar ganz nach vorne. Doch als dann das Tempo zunahm, musste der Dortmunder schließlich abreißen lassen. In 13:50,46 Minuten erreichte er als 16. das Ziel und verpasste den Einzug in die nächste Runde deutlich. Überraschungen an der Spitze gab es nicht. Die Favoriten um Paul Chelimo, Jacob Kiplimo und Joshua Cheptegei (beide Uganda) lösten das Ticket für das Finale.
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Mohamed Mohumed (LG Olympia Dortmund):
Das war jetzt meine olympische Premiere. Ich bin mega stolz drauf. Und ich habe mega viel gelernt. Ich weiß jetzt einfach, dass ich noch viel mehr an mir arbeiten muss, professioneller werden muss, mehr trainieren muss. Das hat mir extrem viel Motivation gegeben für die nächsten Jahre. Die Rennen, die ich kenne, die sind nicht so. Es war ein echt gutes Erlebnis. In drei Jahren ist wieder Olympia, und da will ich auf jeden Fall besser performen. Heute dachte ich erstmal: Es ist verdammt warm! Normalerweise laufe ich meine Rennen so [erstmal hinter dem Feld hinterher rollen], aber ich glaube, ich muss noch ein bisschen schneller werden. Dann funktioniert die Taktik bestimmt auch hier (lacht). Es war der Plan, mich bei 3.000 Metern vorne einzureihen. Aber für das, was ich sonst mache, muss ich einfach noch wesentlich stärker werden. Ich bin jetzt mit so Leuten gelaufen wie dem Weltmeister, dem Olympia-Zweiten, Weltrekordhalter. Ich hatte die volle Palette! Das Ziel ist auf jeden Fall, in den nächsten Jahren vorne mitzulaufen und step-by-step dorthin zu kommen.
110 Meter Hürden | Vorläufe |
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Siebte Hürde wird Greogor Traber zum Verhängnis
Nach dem Vorlauf hieß es für Gregor Traber (LAV Stadtwerke Tübingen) zittern. In 13,65 Sekunden verpasste der 28-Jährige als Fünftplatzierter um vier Hundertstel die direkte Qualifikation für das Halbfinale. Dabei ging es gut los für den Deutschen Meister aus dem Jahr 2019: Aus dem Block kam er gut heraus und lag nach den ersten Hürden als Dritter aussichtsreich in Position. Auch nach dem Überqueren der sechsten Hürde konnte er die Platzierung für das große Q halten, doch an der siebten Hürde blieb er schließlich entscheidend hängen. Der Australier Nicholas Hough und der Pole Damian Czykier konnten diesen Fehler nutzen, um sich auf den letzten Metern die wichtigen Zentimeter gegenüber dem Deutschen zu erarbeiten. Nach Abschluss der Vorläufe dann die bittere Erkenntnis: Für den Halbfinal-Einzug sollte es nicht reichen. Keine Blöße gab sich der große Olympia-Favorit: Grant Holloway (USA) zog im Vorlauf von Gregor Traber auf der Außenbahn früh davon und machte in 13,02 Sekunden ohne Probleme das Halbfinale klar.
STIMME ZUM WETTBEWERB:
Gregor Traber (LAV Stadtwerke Tübingen):
Es ist schwierig, da was zu sagen. Ich hatte einen klaren Plan. Ich wollte bei mir bleiben, ich wollte Vollgas geben. Weil es technisch so gut läuft, konnte ich mir sagen: Komm, lauf Vollgas. Mit 13,61 wärst du weitergekommen, in Rio musstest du 13,51 laufen, so krass war der Vorlauf doch nicht, weil Shubenkov nicht gelaufen ist. Ich war sehr selbstsicher vorher, der Tag heute lief super, gestern eine tolle Abschlusseinheit gehabt. Es kann nicht sein, dass da so eine Zeit rausgekommen ist. Da muss ich entweder komplett an meinem Empfinden arbeiten, oder ich habe wieder etwas komplett anders gemacht als auf dem Aufwärmplatz. Es ist schon ein tolles Erlebnis gewesen hier dabei zu sein, aber aktuell überwiegt die Enttäuschung, weil ich mehr drauf habe. Ich konnte mich in Ruhe vorbereiten, ich bin gut von meinem Trainer eingestellt worden, ich habe es einfach nicht auf die Bahn gebracht.
Dreisprung | Qualifikation |
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Der Beste war ungültig: Max Heß scheidet aus
Den ersten Versuch brach er ab. Der zweite war mit 16,69 Metern zum Reinkommen. Der dritte wär's gewesen! Denn der ging wohl über die 17-Meter-Marke – aber er war ungültig. Damit musste sich der einstige Europameister Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz) bei den Olympischen Spielen von Tokio schon in der Qualifikation verabschieden, ebenso wie fünf Jahre zuvor in Rio. Für das Finale hätten 16,69 Meter hergermusst – die Weite, mit der sich Hallen-Weltrekordler und Mitfavorit Hugues Fabrice Zango (Burkina Faso) gerade noch in die Runde der besten Zwölf zitterte. Überragend dagegen: Pedro Pichardo (Portugal) mit 17,71 Meter.
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Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz):
Eigentlich habe ich mich sehr, sehr gut gefühlt. Wenn ich mit dem zweiten Versuch begonnen hätte, dann wäre das ein bisschen anders ausgegangen. Der letzte Versuch war schon über 17 Meter, hätte wahrscheinlich fast für die direkte Quali gereicht. Was umso ärgerlicher ist. Die Form ist da, die Weite stimmt, es war ein bisschen ungültig im Brett. Aber das ist der Weitsprung. Oder generell der Sprung vom Brett. In den drei Versuchen musst du deine Weite bringen, und das konnte ich heute nicht so umsetzen, dass etwas Zählbares dabei herauskam. Ich habe immer gesagt, ich will es besser machen als in Rio. Ich bin zwar weiter gesprungen, aber letztendlich ist der Wettkampf-Verlauf ähnlich gewesen. Ich weiß nicht, ob man daran speziell arbeiten kann, aber das werde ich alles mit meinem Heim-Coach noch mal erörtern, ob man das im Training simulieren kann, damit das in Zukunft nicht passiert. Das Niveau ist auf jeden Fall da, daher bin ich eigentlich ganz zufrieden. Aber dann irgendwie doch nicht.
Olympische Spiele 2021 kompakt