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Robert Farken – Für jeden Rennverlauf gut aufgestellt

Sein ganzes (Sportler-)Leben lang hat er davon geträumt, nun wird die Teilnahme an den Olympischen Spielen für Robert Farken Wirklichkeit. Bevor er am Samstag ins Pre-Camp nach Miyazaki zur unmittelbaren Vorbereitung und Akklimatisierung reiste, tankte er am Mittwoch noch einmal extra Motivation und setzte bei der LAZ-Jugendgala in Leipzig auf der Unterdistanz wichtige Reize.
Jane Sichting

2:15,81 Minuten über 1.000 Meter: Robert Farken (SC DHfK Leipzig) lieferte bei seinem letzten Leistungstest am Mittwoch nicht nur ein starkes Rennen ab, sondern rannte direkt auf Platz drei der ewigen deutschen Bestenliste. „Der Wettkampf hat großen Spaß gemacht, für mich war es wichtig, noch einmal zu Hause vor Freunden und Familie zu laufen. Auch trainingstechnisch hat das Rennen gut reingepasst und mich noch einmal in meiner Leistungsfähigkeit gepusht“, sagt er. Zudem habe es gezeigt, „dass ich mich in Tokio auf keinen Fall verstecken muss“, sagt der 23-Jährige selbstbewusst. Dass sein Name erst sehr weit unten in der Meldeliste zu finden ist, habe in einem Meisterschaftsrennen und dazu bei dem größten sportlichen Event der Welt nichts zu bedeuten.

Anstatt sich in Rechenspielen zu verlieren, wie wahrscheinlich es sei, dass er in Tokio (Japan) über 1.500 Meter an den deutschen Rekord (3:31,58 min) heranläuft, konzentriert sich Farken darauf, möglichst weit zu kommen und auf jeden Rennverlauf vorbereitet zu sein. Wenngleich er das Potenzial für solch eine Zeit durchaus in sich sieht: „Wer international eine Rolle spielen will, der muss sich natürlich an solchen Zeiten orientieren. Dafür muss dann vieles zusammenpassen. An einem top Tag und in einem top Rennen ist das sicherlich nicht unmöglich“, sagt der Leipziger, der in diesem Jahr erst einmal bei 3:34,64 Minuten angekommen ist.

Für jeden Rennverlauf gut aufgestellt

Auch bei seinem Selbstverständnis als Mittelstreckenläufer hat er sich international orientiert: „An der Weltspitze bieten Läufer meist ein sehr breites Portfolio an.“ Entsprechend fühlt sich der 23-Jährige sowohl auf den 800 Metern zu Hause als auch auf den 1.500 Metern. Und profitiert auf beiden Strecken von den jeweiligen Zubringern der anderen.

Und dass er sein Herz auch in die Hand nehmen kann und Chancen zu nutzen weiß, hat er unter anderem bei den Deutsche Meisterschaften in Braunschweig bewiesen. Nachdem Lukas Abele (SSC Hanau-Rodenbach) das Feld in hohem Tempo angeführt hatte, nutzte Farken die Gelegenheit und spurtete die letzten 500 Meter auf und davon. Die Belohnung: Titel, Meisterschaftsrekord und Olympia-Norm. „Ich wusste, dass ich für jeden Rennverlauf gut aufgestellt und gefährlich bin“, sagt er. Nur wenige Tage zuvor hatte er etwas überraschend bei der Team-EM in Chorzów (Polen) in einem klassischen Taktikrennen die Konkurrenz abgehängt und für den ersten Einzelsieg für die DLV-Mannschaft gesorgt.

Trotz Verletzungen cool geblieben

Doch so einen Lauf wie in dieser Saison hatte der Leipziger nicht immer. „Ich habe in den letzten Jahren so einige Hürden überwinden müssen“, sagt er. Erst im vergangenen Jahr hatte ihn ein Ermüdungsbruch im Mittelfuß – die gleiche Verletzung erlitt er bereits drei Jahre zuvor schon einmal – zu alternativem Schwimmtraining im Kulkwitzer See nahe Leipzig gezwungen. „Da es aber aufgrund der Corona-Pandemie ohnehin keine richtige Saison gab, habe ich nicht viel verpasst“, sagt er rückblickend.

Auch als er im Januar an Corona erkrankte, das geplante Trainingslager in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) verpasste und schließlich die Hallensaison abbrach, brachte ihn das nicht von seinem Weg ab. Mit großem Vertrauen in die Trainingsplanung seines Coaches Thomas Dreißigacker bewahrte Robert Farken einen kühlen Kopf und legte in einem dreiwöchigen Trainingslager in Südafrika die Grundlagen für die Freiluftsaison.

Stabiles Umfeld in Leipzig gibt Ruhe und Kraft

Begleitet wurde der Mittelstreckler dabei von seinem Vater. Denn Familie und ein harmonisches Umfeld sind dem Sportmanagement-Studenten genauso wichtig, wie die für ihn perfekten sportlichen Rahmenbedingungen, die er am Olympiastützpunkt in Leipzig findet. „Für gute Ergebnisse ist es wichtig, dass ich kontinuierlich und in Ruhe arbeiten kann. In Leipzig habe ich ein sehr stabiles Umfeld – sowohl mit meinen Eltern, die mich seit Anfang an unterstützen und mir Rückhalt geben, als auch mit meiner Freundin, Freunden und dem gesamten Trainingsteam“, sagt er.

Besonders das gute Verhältnis zu seinem langjährigen Trainer Dreßigacker weiß Robert Farken sehr zu schätzen: „Thomas hat mich damals als Heranwachsender übernommen, da war er selbst noch neu im Trainergeschäft. Über die lange gemeinsame Zeit sind wir miteinander gewachsen – auch als Menschen.“ Dass der gebürtige Hildesheimer nur zehn Jahre älter ist, sieht Farken ebenfalls als Vorteil: „Wir können uns auch abseits des Sports sehr gut unterhalten. Für mich ist es wichtig, dass der Trainer auch den Menschen hinter dem Athleten versteht.“

Zu kleinen Reibereien könne es nur kommen, wenn es um das Thema Fußball geht. Denn das ist nach wie vor eine große Leidenschaft von Farken. „Ich liebe Fußball, spiele gern und gucke es mir auch gern an“, verrät er. Dass er sich mit etwa 13 Jahren ausschließlich auf die Leichtathletik konzentriert hat, lag an den Aussichten auf Erfolg: „Für die Leichtathletik hatte ich mehr Talent, besonders für das Laufen.“ Schwer zu begreifen sei für den Fußball-Fan allerdings, wieso die Fußball-EM vor vollen Rängen stattfinden durfte, bei den Olympischen Spiele jedoch Zuschauer gänzlich verboten sind.

Traum vom olympischen Finale

Beeinflussen lässt sich Robert Farken davon aber nicht: „Ich versuche, das nicht an mich heranzulassen. Zum Nachteil wird es eher für diejenigen, die es von den Spielen zuvor anders gewohnt sind. Wenn all die olympischen Nebenschauplätze und Besonderheiten wegfallen, bietet das zugleich die Chance, sich rein auf die sportliche Leistung zu fokussieren“, versucht er den Einschränkungen in Tokio positiv entgegenzublicken.

Was für Farken zählt, ist seine Rennstärke auf die Bahn zu bringen. „Mein Ziel ist das Erreichen des Halbfinales. Sollte ich das nicht schaffen, wäre ich sehr enttäuscht“, sagt er bestimmt. Und schiebt etwas verhaltener und lächelnd hinterher: „Mein Traum ist das Finale, denn träumen darf ja erlaubt sein. Und wer weiß, bei einer Meisterschaft ist alles möglich. Ich werde auf jeden Fall mutig auftreten, denn ich bin in guter Form.“ Der Startschuss für seinen Vorlauf im Olympiastadion von Tokio fällt am 3. August (2.05 Uhr MESZ).

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