Nach dem coronabedingten Ausfall im Vorjahr steigen ab Donnerstag wieder die Finals. Sie werden gleich ein vierfacher Testlauf: Sportlich, für die Organisation von Großereignissen, für das TV und für die Rückkehr von Zuschauern.
Für manche sind die Finals schon ein „Mini-Olympia“, in jedem Fall werden sie für fast alle Beteiligten zum Testlauf für die Olympischen Spiele: Für die Athleten sind die Deutschen Meisterschaften in 18 Sportarten an diesem Wochenende nicht nur eine Standortbestimmung vor den in sieben Wochen beginnenden Spielen in Tokio, sondern in vielen Fällen auch eine Möglichkeit für Qualifikationen und Normerfüllungen. Derweil will sich Nordrhein-Westfalen als Kernzelle des Multisport-Events weiter als Ausrichter von Großveranstaltungen profilieren, auch wenn die Spiele 2032 wohl illusorisch sind.
Ein Testlauf sind die Finals schließlich auch für das Fernsehen und vereinzelt auch für die Umsetzung von Zuschauerkonzepten. ARD und ZDF setzen für die 25 Stunden Live-Übertragung und zusätzlichen Streams 700 Mitarbeiter ein. Das sei mehr Personalaufwand als bei Olympia oder der Fußball-EM, sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky: „Weil wir selber die Signale produzieren.“
In Berlin, wo sieben Sportarten ihre Meister ermitteln, und in Braunschweig als Standort für die Leichtathletik werden sogar Zuschauer erlaubt sein. Der Berliner Senat erlaubt für Samstag und Sonntag jeweils 340 Zuschauer, aufgeteilt in zwei Sessions. Die niedersächsische Landesregierung gab grünes Licht für jeweils 2.000 Zuschauer an zwei von drei Tagen. Man sehe das Ganze als „Modellprojekt, um Sportveranstaltungen vor Publikum mit einem guten, umfassenden und strengen Hygienekonzept perspektivisch wieder zu ermöglichen“, sagte Innenminister Boris Pistorius (SPD).
Stellenwert von Standort unberührt
In Nordrhein-Westfalen werden nur beim Kanu jeweils 500 Zuschauer dabei sein. Dies sei ein „kleiner, aber guter Anfang“, sagte Thomas Konietzko, Präsident des Deutschen Kanu-Verbandes. „Auch wenn die Fans nicht wie gewohnt live im Stadion dabei sein können, die besondere Spannung und die Begeisterung wird digital und vor dem Fernseher spürbar sein“, versprach derweil NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU).
Auch Michael Mronz, Chef der Olympia-Bewerbung der Rhein-Ruhr-Region, sieht in Events wie diesen ein wichtiges Zeichen. „Die Durchführung der Finals oder der Universiade 2025 in NRW zeigen, welche Kraft in der Infrastruktur und Organisationsfähigkeit, und welche Begeisterung für den Sport in Deutschlands Sportland Nummer 1 besteht“, sagte er. Obwohl das Internationale Olympische Komitee Brisbane zum bevorzugten Kandidaten für die Sommerspiele 2032 ausgewählt hat, will Rhein-Ruhr grundsätzlich an einer Kandidatur festhalten.
Ungewöhnlich ist, dass die Titelkämpfe der Leichtathleten, bei der Premiere 2019 noch das Herz der Spiele, diesmal abseits ausgetragen werden. „In Corona-Zeiten kann man damit leben, die Außenstelle der Finals zu sein“, sagte Cheftrainerin Annett Stein. Der Stellenwert als wichtigste Olympia-Qualifikation ist davon unberührt. Mit Christoph Harting (SCC Berlin) im Diskuswurf und Thomas Röhler (LC Jena) im Speerwurf geht es unter anderem für zwei Rio-Olympiasieger noch um die Tickets für Tokio.