Kraft, Durchhaltevermögen und Zuversicht sind in Zeiten wie diesen gefragt. Vor einem Jahr verzeichnete auch Deutschland seinen ersten Corona-Fall. Aus einem Krankheitsbild erwuchs eine Pandemie. Auch in der Leichtathletik war die Absage zahlreicher Wettkämpfe und Meisterschaften alternativlos, der Sicherheit wegen. Und doch lassen Top-Leistungen und neue Weltrekorde aufhorchen. Wie passt das zusammen? leichtathletik.de fragt nach den Erfahrungen, Umständen und Hoffnungen der Betroffenen. Heute bei den fünf Senioren, die im vergangenen Jahr mit „Wertvollen Leistungen“ für Aufsehen sorgten.
Ob ich in diesen herausfordernden Zeiten motiviert bin?
Hermann Albrecht (80, SPVGG Satteldorf/LV Württemberg)
„Mir geht es gut, ich bin gesund und nicht verletzt. Aber die Wettkämpfe fehlen und die Motivation ist im Keller.“
Wolfgang Ritte (67 Jahre, LAV Bayer Uerdingen/Dormagen/LV Nordrhein)
„Durch unsere Kinder – Leitender Oberarzt und Schulrektorin – haben wir sehr detailliert mitbekommen, wie gravierend die Auswirkungen einer Covid-19-Erkrankung sein können. Deshalb haben wir die einschränkenden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie begrüßt, die natürlich auch unser Leben und unseren Sport stark beeinträchtigt haben. Gemeinsam mit meiner Frau, meinen Kindern und Enkelkindern, die ja mit dem Stabhochsprung alle die gleiche Leidenschaft haben, war es allerdings nicht ganz so schwierig, uns auch in diesen herausfordernden Zeiten zu motivieren. Darüber hinaus haben wir uns mit anderen Sportlern telefonisch und über die neuen Medien ausgetauscht, wobei wir z. B. auch Trainingsvideos aufgenommen und gegenseitig versandt haben. Mit meinem 2020er Saisonergebnis von 3,81 Meter war ich sehr zufrieden, konnte ich doch die Bestleistung des Jahres 2019 sogar übertreffen und überlegen die Weltjahresbestleistung meiner Altersklasse anführen.“
Lothar Huchthausen (85, LG Altmark/LV Sachsen-Anhalt)
„Gesund zu sein und sich bewegen zu können – schon das motiviert.“
Basilius Balschalarski (75, TuSpo Borken, LV Hessen)
„Normalerweise mache ich ja bei zahlreichen Veranstaltungen mit – sei es in der Leichtathletik, im Turnverband oder beim Rasenkraftsport. Die konnten leider nicht stattfinden. Da fehlte mir was. Von daher war das für mich ein eher entspanntes Jahr.“
Siegbert Gnoth (80, TuS Gildehaus/LV Niedersachsen)
„Rumjammern hilft ja nicht. Stattdessen gilt es, das Beste daraus zu machen. Dieser Virus hat mich sogar dazu getrieben, noch mehr zu machen. Meiner Tochter zuliebe und für den Osnabrücker Turnerbund erstellten meine Frau, die filmte, und ich als "Frontmann“ auf YouTube insgesamt 50 Kurzvideos. In dieser Corona-Anfangsphase war ich fit wie nie.“
Was die zahlreichen Wettkampf- und Meisterschaftsabsagen für mich bedeuteten?
Siegbert Gnoth
„Für meinen Übergang in die nächsthöhere Altersklasse mit „dieser üblen Zahl 80“ hatte ich mir viel vorgenommen. Die Europa- und Weltmeisterschaften? Gestrichen. Ich habe das Gefühl, dass mir zwei Jahre genommen worden. Beim ersten Lockdown durfte man bei uns ja nicht einmal ins Stadion.
„Komm‘, wir machen was, dann laden wir eben mal wieder zwölf Leute ein“, haben wir uns, Heinz Keck und ich, zueinander gesagt. Gemeinsam haben wir dann in Osnabrück einen Wettkampf auf die Beine gestellt und die, die man kannte, zusammengeholt. Am Ende konnten wir gar nicht alle Nachfragen berücksichtigen, dabei hatten wir Anrufe aus ganz Deutschland.“
Hermann Albrecht
„Schade, dass im Sommer in Tampere weder eine Europa- noch eine Weltmeisterschaft stattfinden kann. Auch der Pokal für den Sieg bei den „Virtuellen Weltmeisterschaften“ kann so ein tatsächliches Wettkampfhighlight nicht wirklich ersetzen.“
Lothar Huchthausen
„Wie schön es dann doch ist, seine Konkurrenten wiederzusehen, sich füreinander zu interessieren und sich miteinander auf Fehlersuche technischer Art zu begeben. Wettkämpfe an sich sind nicht das alles Entscheidende, sie setzen aber neue Impulse und bestätigen meinen Fleiß.“
Wolfgang Ritte
„Das Angebot für spezielle Seniorenveranstaltungen hält sich ja auch in Nicht-Corona-Zeiten schon in Grenzen. Deshalb nehmen wir häufig auch an Wettkämpfen teil, bei denen keine Seniorenwertung erfolgt. Die zahlreichen Wettkampf- und Meisterschaftsabsagen in unserem Landesverband führten dazu, dass wir im vergangenen Jahr für eine Wettkampfteilnahme auch weitere Anreisen in Kauf nehmen mussten. So konnten wir – besonders in der zweiten Jahreshälfte – auch in Corona-Zeiten an mehreren zum Teil ausgezeichnet organisierten Veranstaltungen teilnehmen.
Sehr bedauert habe ich die Absage der Deutschen Seniorenmeisterschaften. Seit 1971, als ich bei den damaligen Deutschen Jugendmeisterschaften zum ersten Mal Deutscher Meister wurde, konnte ich bisher insgesamt 98 deutsche Meistertitel erringen. Gern hätte ich in 2020 meine Sammlung auf 100 nationale Titel erweitert. Das war durch die Absage der nationalen Meisterschaften leider nicht möglich. Nun hoffe ich, dass vielleicht in diesem Jahr zum Ende des Sommers doch noch Deutsche Seniorenmeisterschaften stattfinden und ich 50 Jahre nach meinem ersten Titelgewinn meine Sammlung auf 100 „komplettieren“ kann.“
Wie Leichtathletik-Senioren Corona begegne(te)n – Teil 2
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