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Auf „Seuchenjahr“ folgt „Bestzeitjahr“ – Corinna Schwab löst die Handbremse

Bei der Hallen-DM am vergangenen Wochenende in Leipzig hat sich Corinna Schwab in eine neue Leistungsdimension katapultiert. Mit 52,65 Sekunden war die 20-Jährige sogar deutlich schneller als bei ihrer Freiluft-Bestzeit. Die optimale Ausgangsposition möchte die 400-Meter-Läuferin nun für eine starke Sommersaison nutzen.
Martin Neumann

Vorneweg. Das Tempo bis zum Schluss bestimmend: Corinna Schwab drückte dem 400-Meter-Finale bei den Deutschen Hallenmeisterschaften am vergangenen Sonntag in der Quarterback Immobilien Arena Leipzig ihren Stempel auf. Mit 52,65 Sekunden sprintete sie nicht nur zu Gold, sondern blieb auch erstmals in ihrer Karriere unter der 53-Sekunden-Marke. Das war der 20-Jährigen von der LG Telis Finanz Regensburg bisher auch nicht im Freien geglückt. Ihre Bestzeit auf der 400-Meter-Rundbahn steht seit 2017 bei 53,09 Sekunden. In Leipzig löste Corinna Schwab auf den zwei Hallenrunden die Handbremse und stieß in eine neue Leistungsdimension vor.

Um die Zeit einzuordnen: Die letzte Deutsche Hallenmeisterin, die schneller lief, war Esther Cremer. Die Wattenscheiderin war 2014 exakt eine Hundertstel schneller. „Ich bin überglücklich über meinen ersten Titel und stolz, dass ich mich durchsetzen konnte. Auch über die Bestzeit freue ich mich riesig. Das habe ich mir hart erarbeitet“, jubelte die 20-Jährige.

Hinter sich ließ sie bis dahin Jahresschnellste Laura Müller (LC Rehlingen), der in 52,92 Sekunden die nächste Zeit unter 53 Sekunden gelang, sowie Hannah Mergenthaler (MTG Mannheim; 53,39 sec). Auf Platz vier machte mit der 18 Jahre jungen Mona Mayer (53,50 sec) eine weitere Regensburgerin auf sich aufmerksam, sie hatte im Vorlauf in 53,35 Sekunden einen bayerischen Uralt-Rekord der U20-Altersklasse unterboten.

Auf „Seuchenjahr“ folgt „Bestzeitjahr“

Nach dem – wie sie selbst sagt – „Seuchenjahr 2019“, als sie vergeblich versuchte, die 53-Sekunden-Marke zu unterbieten, war die Hallensaison ein wahrer Befreiungsschlag für Corinna Schwab. Gleich zehn Bestzeiten auf den Strecken zwischen 60 und 400 Metern stellte die 20-Jährige auf. „Ich wusste, dass ich schnell bin, und bin deshalb von vorn gelaufen“, sagte die Regensburgerin.

Wobei die beim TV Amberg ausgebildete Sprinterin seit knapp anderthalb Jahren in Chemnitz lebt. Dort hat sie sich der Trainingsgruppe von Sprint-Bundestrainer Jörg Möckel angeschlossen, zu der unter anderem auch Rebekka Haase (Sprintteam Wetzlar) zählt. „Vom Training mit ihr profitiere ich extrem. Rebekka hat viel Erfahrung und viel erlebt“, erzählte sie nach ihrem ersten deutschen Meistertitel in der Frauenklasse. Dabei waren die ersten Monate für Corinna Schwab in Chemnitz nicht einfach. Ein Ermüdungsbruch im Fuß bremste sie gleich in ihrer ersten Trainingswoche beim neuen Coach aus.

Ziel: Mit der Staffel nach Tokio

Ihre Trainingspartnerin Rebekka Haase hat schon fünf große Staffel-Finals erlebt. Corinna Schwab bisher noch keins. Das soll sich 2020 ändern. „Klar sind die Olympischen Spiele und die 4x400-Meter-Staffel im Hinterkopf“, sagte Corinna Schwab. Allerdings muss sich die deutsche Langsprint-Staffel erst im Sommer über die Weltrangliste für den Start der 16 besten Quartetts qualifizieren. Acht Staffeln davon haben ihr Olympia-Ticket bereits mit der Finalteilnahme bei der WM in Doha 2019 gebucht.

Trotzdem verfügt die 20-Jährige schon über jede Menge Staffel-Erfahrung. So zählte sie 2018 in Tampere (Finnland) zur siegreichen 4x100-Meter-Staffel bei der U20-WM, wenige Wochen später kam sie über 4x400 Meter bei der EM in Berlin im Vorlauf zum Einsatz. 2019 gewann sie in Gävle (Schweden) Bronze bei der U23-EM über 4x400 Meter. Das zeigt die Variabilität der jungen Sprinterin. Sie bringt mit einer 100-Meter-Bestzeit von 11,65 Sekunden eine gute Grundschnelligkeit mit – weitere Steigerungen nach 7,39 Sekunden über 60 Meter in diesem Winter nicht ausgeschlossen – und hat sich in der Sprintausdauer mittlerweile extrem verbessert.

Fingerzeig auf Bahn eins in Düsseldorf

Dass Corinna Schwab in Top-Form ist, konnte man schon im Laufe der Wintersaison und ganz speziell Anfang Februar beim PSD Bank-Meeting in Düsseldorf erkennen. Dort steigerte sie ihre Hallen-Bestzeit über 400 Meter auf 53,59 Sekunden. Und das von der sehr ungünstigen Innenbahn eins aus. Aufgrund des engen Kurvenradius‘ konnte sie auf der ersten Runde nur schwer ihren langen Sprintschritt ziehen.

Nach der erfolgreichen Hallensaison fiebert die Studentin schon der Sommersaison entgegen. „Der Winter gibt mir auf diesem Weg auf jeden Fall riesige Motivation“, so Corinna Schwab. Dann könnte sie die nächste Schallmauer ins Visier nehmen – die 52-Sekunden-Marke. Das Rennen in Leipzig – vorneweg, das Tempo bestimmend – hat gezeigt, dass auch im Freien der nächste Leistungsschritt für die 20-Jährige möglich ist.

Mehr:

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