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David Storl – Nach Verletzungspause hochmotiviert Richtung Olympia

Jahrelang war David Storl im deutschen Kugelstoß das Maß der Dinge. In der vergangenen Saison bremste ihn eine hartnäckige Rückenverletzung aus. Nun ist der zweimalige Weltmeister wieder im Training und möchte in der Olympiasaison wieder an seine alte Stärke anknüpfen.
Svenja Sapper

21,10 Meter. Das ist die magische Zahl. So weit muss David Storl (SC DHfK Leipzig) stoßen, wenn er die Norm für die Olympischen Spiele in Tokio (Japan) direkt erfüllen und sich nicht über eine Weltranglistenplatzierung qualifizieren will. In früheren Jahren wäre das kein Problem gewesen: Zwischen 2011 und 2018 übertraf er diese Weite in schöner Regelmäßigkeit deutlich. Doch dann kam 2019: Nach einer starken Hallensaison plagten den Weltmeister von 2011 und 2013 Rückenprobleme, unter Schmerzen wurde er bei den Deutschen Meisterschaften nur Dritter, beendete die Saison frühzeitig.

Ein herber Rückschlag für den Sachsen. Denn die Trainingsleistungen im Frühjahr hatten dem Athleten und Trainer Wilko Schaa Hoffnung auf eine erfolgreiche Freiluftsaison gemacht. „Wir hatten uns für dieses Jahr fest vorgenommen, wieder in Bereiche um 22 Meter vorzustoßen“, erzählt der 29-Jährige. „Bis April haben wir richtig gute Grundlagen gelegt, ein gutes Niveau aufgebaut. Alles war darauf ausgelegt, im Mai mit einer Weite im Bereich von 21,80 Metern in die Wettkampfsaison einzusteigen.“

Doch die Verletzung behinderte ihn in allen Trainingseinheiten. So war die Saison für den Hallen-Vize-Europameister mit einem dritten Platz bei den Deutschen Meisterschaften, nach acht Meistertiteln in Serie, beendet. Statt WM-Start hieß es für ihn Reha und Aufbautraining.

Trotz Rückschlag optimistisch

2020 soll nun alles besser werden: Am Donnerstag hat David Storl zum ersten Mal seit August wieder im Training eine Kugel in die Hand genommen. „Auf meinen ersten Stoß im Training habe ich mich lange vorbereitet“, sagt der dreimalige Europameister. „In den letzten Wochen haben wir eine Grundlagenkraft aufgebaut. In den kommenden zwei Wochen wird das so weitergehen, dann werden die Umfänge des Krafttrainings geringer und die Intensität höher. Dann werden wir immer mehr in Richtung Kugelstoßen arbeiten.“

Schmerzen hat der Hallen-Europameister von 2015 derzeit keine. „Wenn ich Belastungen zum ersten Mal mache, kann es zu muskulären Irritationen kommen, aber das schränkt mich nicht ein,“ zeigt sich der 29-Jährige zufrieden. Nach einem Start bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in seiner Heimatstadt Leipzig will der dreimalige Hallen-Vize-Weltmeister beim Winterwurfcup in Leiria (Portugal) im März in die Freiluftsaison 2020 starten – und im Idealfall gleich die Olympianorm abhaken.

„Momentan ist es schwer, Prognosen abzugeben, weil ich noch nicht weiß, wo ich im Winter leistungsmäßig stehen werde“, bekennt der Kugelstoßer. „Ob ich im März schon wieder das Niveau haben werde, wird sich zeigen. Die Norm zu stoßen, ist aber auf jeden Fall das Ziel, das wir in Leiria angehen wollen.“

Familie als Kraftquelle

Unterstützung bekommt David Storl von seiner Familie, Ehefrau Marie, deren Tochter Nahla und dem gemeinsamen Sohn Jaro. „Ich bin entspannter geworden, seit ich Vater bin“, resümiert der Olympia-Zweite von 2012. „Durch die Vaterschaft hat sich mein ganzes Leben verändert. Da ist jetzt jemand, der immer die volle Aufmerksamkeit braucht, dem man viele Sachen unterordnet. Vater sein ist eine schöne Aufgabe, es lenkt mich ab von dem ganzen Stress und Ärger, den man manchmal im Sportlerleben hat. Ich sehe die Kombination aus Familienleben und Leistungssport nicht als Herausforderung, die mich behindert, sondern als schöne Motivation. Ich erlebe Glücksmomente.“

Eine Herausforderung ist es jedoch momentan, sich in der Weltelite des Kugelstoßens zu behaupten. 22,90 Meter waren gefordert, um bei den Weltmeisterschaften in Doha (Katar) eine Medaille zu gewinnen – eine Weite, die mehr als einen halben Meter jenseits des Meisterschaftsrekords vor der WM lag. Die Bestleistung von David Storl, aufgestellt 2015, liegt bei 22,20 Metern. Eine Weltklasse-Weite, die in den vergangenen Jahren jedoch immer mehr Athleten übertrafen.

Konkurrenz stärker denn je

„22,90 Meter sind natürlich eine Wahnsinnsleistung“, findet David Storl. „Und auch der Viert- und Fünftplatzierte waren in Doha sehr stark. Von daher muss man bei den Olympischen Spielen zu 100 Prozent fit sein und auf einem hohen Niveau Wettkampfhärte finden.“ Weiten wie die der Konkurrenz hält der einzige Kugelstoßer der Weltelite, der mit der Angleittechnik stößt, momentan noch für utopisch: „Ich will um Gottes Willen nicht sagen, dass ich mich innerhalb von einem Jahr auf 22,90 Meter entwickeln kann.“

Trotzdem glaubt der 29-Jährige, dass es auch als Angleiter möglich ist, in derartige Regionen vorzudringen: „Von der Technik her traue ich mir das zu. Ich glaube, dass wir eine gute Idee, ein gutes Trainingssystem haben. Man muss die Technik ausreizen und hohe Anforderungen an sich selbst stellen.“

Darauf arbeitet er gemeinsam mit Trainer Wilko Schaa und Trainingspartner Dennis Lewke, der mit ihm gemeinsam das „Mitteldeutsche Kugelstoßteam“ bildet, hin. Ursprünglich war auch Patrick Müller Teil des Projektes, doch mit nur 23 Jahren hat sich der Leipziger in diesem September entschlossen, dem Leistungssport den Rücken zu kehren. „Wir machen jetzt erst mal zu zweit weiter, Dennis und ich“, sagt David Storl, der das Karriereende seines jungen Teamkollegen bedauert: „Es ist schade, Patrick war unser jüngster Athlet, in fünf bis sechs Jahren wäre er von der Entwicklung her richtig spannend geworden.“

Volle Konzentration auf Olympia

Den Fokus richtet das kleine Team nun vorerst auf das kommende Jahr. „Wir versuchen, eine gute Hallen- und Freiluftsaison zu realisieren“, blickt David Storl voraus. „Nach den Olympischen Spielen werden wir dann schauen, ob wir jemanden motivieren können, den Schritt zu uns zu gehen und sich dem Mitteldeutschen Kugelstoßteam anzuschließen.“

Bis dahin jagt er zunächst einmal die Olympia-Norm. Und will dann, Anfang August in Tokio, wieder international glänzen. Welche Weite ausreicht, um sich gegen die Konkurrenz um Weltmeister Joe Kovacs, Olympiasieger Ryan Crouser (beide USA) und Diamond-League-Sieger Tomas Walsh (Neuseeland) zu behaupten, wird sich zeigen. David Storl hat die 22-Meter-Marke auf jeden Fall fest im Blick.

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