22,91 Meter. 22,90 Meter. 22,90 Meter. Das sind die Weiten der Kugelstoß-Medaillengewinner. Einen solch hochklassigen und engen Wettkampf wie bei der WM in Doha gab es noch nie. Aus deutscher Sicht krönte Konstanze Klosterhalfen mit Bronze über 5.000 Meter den neunten und damit vorletzten WM-Tag.
Am neunten Tag der Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Doha haben die „schweren Jungs“ es richtig krachen lassen. Denn die Kugelstoßer lieferten am Samstagabend im Khalifa-Stadion nicht weniger als den hochklassigsten Wettkampf aller Zeiten ab. Gleich vier (!) Kugelstoßer übertrafen den 32 Jahre alten Meisterschaftsrekord des Schweizers Werner Günthör (22,23 m) deutlich.
Und damit nicht genug: Denn das Finale wurde zu einem echten Zentimeterkrimi. Am Ende setzte sich der US-Amerikaner Joe Kovacs mit 22,91 Metern mit einem Zentimeter Vorsprung auf seinen weitengleichen Landsmann Ryan Crouser und Titelverteidiger Tom Walsh (Neuseeland) durch. Dabei hatte Weltmeister Joe Kovacs lediglich als Zwölfter der Qualifikation das Finale erreicht. Dem Spitzentrio fehlten lediglich 21 bzw. 22 Zentimeter zum Uralt-Weltrekord von Randy Barnes. In der ewigen Bestenliste sortierten sich die Drehstoßer auf den Plätzen drei und fünf ein. Dem Brasilianer Darlan Romani blieb mit 22,53 Metern – die Weite hätte bei allen 16 Weltmeisterschaften zuvor für Gold gereicht – nur die „Holzmedaille“.
Sifan Hassan mit Europarekord zum zweiten Gold
Über 1.500 Meter war Sifan Hassan auf ihrem Weg zum zweiten WM-Titel nach den 10.000 Metern vor einer Woche nicht zu stoppen. In 3:51,95 Minuten wurde die Niederländerin zur sechstschnellsten Läuferin aller Zeiten und steigerte den fast 40 Jahre alten Europarekord der Russin Tatyana Kazankina um eine knappe halbe Sekunde. Damit hält die 26-Jährige nun die Europarekorde über 1.500, 3.000 und 5.000 Meter sowie im Halbmarathon. „Ich war sehr wütend und wollte zeigen, dass ich sauber bin“, sagte Sifan Hassan. Ihr Trainer Alberto Salazar wurde während der WM wegen Doping-Verstößen für vier Jahre gesperrt.
Wie Sifan Hassan zählt auch Konstanze Klosterhalfen zum Nike Oregon Project. Über 5.000 Meter gewann die Leverkusenerin in 14:28,43 Minuten die erste WM-Medaille überhaupt für eine deutsche Läuferin über diese Strecke. „Ich bin mehr stolz darauf, wie ich das Rennen gelaufen bin, als auf das Ergebnis. Das Schwierigste war, ruhig zu bleiben“, sagte die 22-Jährige selbstkritisch, aber vor Freude strahlend. Im Schlussspurt liefen ihr nur die Kenianerinnen Hellen Obiri (14:26,72 min) und Margaret Chelimo Kipkemboi (14:27,49 min) noch davon. Auf und davon flog im Dreisprung Yulimar Rojas (Venezuela) den Konkurrentinnen. Mit 15,37 Metern verpasste die nun zweimalige Weltmeisterin den Weltrekord nur um 13 Zentimeter.
Deutsche Sprinterinnen überzeugen als Fünfte
Über 4x100 Meter liefen die deutschen Sprinterinnen in der Besetzung Lisa-Marie Kwayie, Yasmin Kwadwo, Jessica-Bianca Wessolly und Gina Lückenkemper auf Platz fünf. WM-Gold gewann die Staffel Jamaikas in der Jahresweltbestzeit von 41,44 Sekunden vor Großbritannien (41,85 sec) und Titelverteidiger USA (42,10 sec). „Dafür, dass wir in letzter Minute umdisponieren mussten, ist ein fünfter Platz echt in Ordnung. Schade, aber es hat heute echt nicht sollen sein. Aber es war immer noch eine gute Teamleistung“, sagte Top-Sprinterin Gina Lückenkemper
Zur Goldmedaille in der Männerstaffel stürmte wenig später das amerikanische Quartett mit 100-Meter-Champion Christian Coleman und 200-Meeter-Weltmeister Noah Lyles in der US-Rekordzeit von 37,10 Sekunden. Titelverteidiger Großbritannien holte Silber und verbesserte den eigenen Europarekord auf 37,36 Sekunden. Die japanische Staffel wurde mit dem Asienrekord von 37,43 Sekunden Dritte.
Im Marathon der Männer fiel die Entscheidung erst auf dem letzten Kilometer. Am Sonntagmorgen Ortszeit spurteten Amos Kipruto (Kenia) und die beiden Äthiopier Lelisa Desisa und Mosinet Geremew um den Sieg. Am Ende hatte das äthiopische Duo mehr zuzusetzen. 200 Meter vor dem Ziel konnte sich Lelisa Desisa von seinem Landsmann absetzen und lief in 2:10:40 Stunden mit vier Sekunden Vorsprung zum Sieg. Dahinter folgte als Dritter Amos Kipruto (2:10:51 h). Undankbarer Vierter wurde wie 2017 in London nach einem starken Rennen der Brite Callum Hawkins (2:10:57 h). Zweitbester Europäer wurde als Neunter in 2:11:58 Minuten der Schweizer Rekordler Tadesse Abraham.
Zwei Goldchancen am Schlusstag
Die Hoffnung, dass die deutschen Speerwurf-Asse alle drei Medaillen abräumen, hat sich nach dem Aus in der Qualifikation für Olympiasieger Thomas Röhler und dem EM-Zweiten Andreas Hofmann zerschlagen. Dafür weckte Titelverteidiger Johannes Vetter mit der besten Qualifikationsweite aller Starter von 89,35 Metern die Aussicht auf einen weiteren goldenen Wurf. Ebenfalls im Finale am Sonntag steht der Olympia-Neunte Julian Weber.
Die größte Chance auf den zweiten Gold-Coup nach dem Triumph von Zehnkämpfer Niklas Kaul, der bereits abgereist ist und in der Heimat gefeiert wird, hat Sieben-Meter-Serienspringerin Malaika Mihambo. Die Europameisterin flog mit einem Satz auf 6,98 Meter förmlich ins Finale. Dabei war sie deutlich vor dem Balken abgesprungen. „Es war optimal. Der Anlauf war so ausgelegt, mit ein bisschen Puffer“, sagte die Europameisterin. Durch das Aus der vierfachen Weltmeisterin Brittney Reese (USA) sind ihre Siegchancen zusätzlich gestiegen.
Mit Material der Deutschen Presse-Agentur dpa