| Doha 2019

Vier Asse im Ärmel: Deutsches Speer-Quartett hofft auf großen Wurf

In einem Pressegespräch blickten am Donnerstag Speerwurf-Bundestrainer Boris Obergföll, Olympiasieger Thomas Röhler und Nachrücker Julian Weber auf den Speerwurf-Wettbewerb der WM von Doha voraus. Sie alle waren optimistisch. Aber sie waren sich auch einig: Ein Selbstläufer wird die WM für das starke deutsche Quartett nicht.
dpa/sb

Bundestrainer Boris Obergföll hat im Speerwurf der Weltmeisterschaften von Doha (Katar) gleich vier Asse im Ärmel. Den Olympiasieger Thomas Röhler (LC Jena). Den Titelverteidiger Johannes Vetter (LG Offenburg) mit einer Wild Card. Den dritten 90-Meter-Werfer im Bunde, Vize-Europameister Andreas Hofmann (MTG Mannheim). Und auch der Mainzer Julian Weber ist am Start – weil ihm der bereits nominierte Kollege Bernhard Seifert sein WM-Ticket praktisch schenkte. Der Fairplay-Preis dürfte dem 26 Jahre alten Potsdamer sicher sein.

Was war da los? Nach gutem Saisonstart ging Seiferts Leistungskurve nach unten. "Ich wusste irgendwann nur sicher: So willst du nicht zur WM fahren", schrieb er in der leichtathletik.de-Reihe #TrueAthletes | #TrueStories. "Denn da war ja auch noch Julian Weber. Ich wusste, er ist in Form. Ich wusste, er hat es verdient, zur WM zu fahren. Deshalb habe ich meinen Platz frei gemacht", schilderte er. "Es war die wohl schwierigste Entscheidung in meinem bisherigen Sportlerleben."

Im Rahmen eines Pressegesprächs unterstrich Bundestrainer Boris Obergföll am Donnerstag noch einmal seine große Wertschätzung für diese Entscheidung. "Ich bin super dankbar und werde ihn so gut wie möglich vertreten", sagte Julian Weber, "ich freue mich mega, hier zu sein."

Fit und gut drauf

Mit guter Laune sind Obergföll und sein Männer-Quartett nach Doha angereist. "Die Jungs sind alle fit, gut drauf, die Stimmung ist gut. Wir freuen uns drauf, dass es jetzt endlich losgeht", sagte der ehemalige Weltklasse-Speerwerfer und Ehemann von Ex-Weltmeisterin Christina Obergföll. "Es war so eine lange Saison, die will man auch mal zum Abschluss bringen. Alles super! Wir freuen uns." Da Vetter als Weltmeister von 2017 eine Wildcard hat, dürfen sogar vier deutsche Speerwurf-Asse im Khalifa-Stadion mitmischen.

Rio-Olympiasieger Röhler findet die Vergabe der WM ins Golf-Emirat Katar alles andere als optimal für die olympische Kernsportart. "Die ersten Tage waren ernüchternd, das war schon traurig. Jetzt hat man geschafft, das alles ein bisschen lauter und bunter zu machen", sagte der 28-Jährige aus Jena am Donnerstag in Doha. Die Aussage von IAAF-Präsident Sebastian Coe, dass die Leichtathletik in alle Länder müsse, "die teile ich zwar", sagte der Europameister. "Ich wünsche mir aber eigentlich, dass wir künftig in Stadien gehen, wo das gemacht wird, wofür wir leben – die Leichtathletik."

Johannes Vetter verspürt Rückenwind

Titelverteidiger Vetter hat in einer schwierigen Saison ein starkes Comeback hingelegt. "Vor einem Jahr ist bei mir vermutlich ein Stück Knochen am Fuß abgebrochen. Ich fahre trotzdem mit gutem Rückenwind nach Katar", sagte der 26 Jahre alte Offenburger im SWR-Fernsehen. Fünf Tage nach dem WM-Finale muss Vetter unters Messer.

Die Operation wird arthroskopisch durchgeführt und dauert "vielleicht 20 Minuten", sagte der Bundestrainer. "Fünf, sechs Wochen danach kann Johannes wieder Gas geben." Ein Problem hinsichtlich der Olympia-Vorbereitung sieht er für seinen Schützling nicht – und auch nicht für die weiteren Athleten, die dieses Mal mit zwei Monaten weniger zwischen zwei Highlights auf Welt-Ebene auskommen müssen.

"Erstmal die Quali abwarten"

Den jetzt anstehenden Weltmeisterschaften blickt Boris Obergföll optimistisch entgegen: "Wir treten hier mit vier starken Athleten an, von denen ich weiß, dass sie alle die Qualifikation schaffen können." Den Taiwanesen Chao-Tsun Cheng hat er für die Spitzenplätze ebenso auf der Rechnung wie den Weltjahresbesten Magnus Kirt (Estland) oder den Finnen Oliver Helander.

Thomas Röhler rechnet wieder mit einer Überraschung. "Eine Handvoll Favoriten kriegen wir schnell zusammen. Aber die Glaskugel haben wir alle nicht zu Hause. Johannes ist stark zurückgekommen und definitiv als Mitfavorit zu sehen", sagte der 28 Jahre alte Thüringer, der sogar bis zu acht Athleten in den Kreis der Anwärter auf die Goldmedaille zählt. "Auch Julius Yego hat jetzt wieder 87 Meter geworfen", sagte Röhler mit Blick auf den Kenianer, der 2015 überraschend Gold holte. "Mein Trainer Harro Schwuchow hat allen vor der WM in Doha nur gesagt: Wartet mal ab! Das Zitat finde ich gut."

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa)

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