Zahlreiche DLV-Athletinnen und -Athleten haben sich am ersten Tag der Juniorengala in Mannheim ihre Startplätze für die U20-EM in Tallinn (Estland; 15. bis 18. Juli) gesichert. Als überragender Kugelstoß-Sieger und Zweiter im Diskusring ragte Steven Richter heraus. Auch Hammerwurf-Sieger Merlin Hummel, der seinen nationalen U20-Rekord nur um wenige Zentimeter verfehlte, und Stabhochspringerin Chiara Sistermann wussten am Samstag im Michael Hoffmann-Stadion zu begeistern.
Die erste Weltjahresbestleistung ließ nicht lange auf sich warten: Im bereits am frühen Nachmittag ausgetragenen Kugelstoß-Finale bei der Juniorengala trumpfte Steven Richter (LV 90 Erzgebirge) ganz groß auf. Der Schützling von DLV-Nachwuchsbundestrainer Christian Sperling beförderte die Kugel im vierten Versuch auf starke 20,34 Meter – eine Steigerung seiner eigenen Bestmarke um 37 Zentimeter, gleichbedeutend mit dem ersten 20-Meter-Stoß, den ein U20-Athlet in diesem Jahr weltweit abgeliefert hat.
Obwohl Steven Richter mit seiner exzellenten Serie (von fünf gültigen Versuchen war nur der erste kürzer als 19 Meter) herausragte, wies das gesamte Kugelstoß-Feld eine beeindruckende Leistungsstärke auf: Acht von neun Athleten stießen weiter als 18,50 Meter, die geforderte Weite für eine Teilnahme an der U20-EM in Tallinn. Mit gleich zwei persönlichen Bestleistungen von 19,07 Metern im ersten und starken 19,89 Metern im letzten Versuch katapultierte sich Joel Akue (LG Stadtwerke München) auf Rang drei in der Welt in diesem Jahr. Das Podium komplettierte der Neubrandenburger Claudio Stoessel mit 18,89 Metern.
Nur wenige Stunden später musste Steven Richter gleich noch mal ran – und auch diesmal war das Wurftalent erfolgreich: Rang zwei im Diskuswurf mit 62,14 Metern. Den Sieg in dieser Disziplin hatte in einem hochkarätig besetzten Feld mit zehn Athleten, die allesamt die U20-EM-Norm (56,00 m) bereits überboten hatten, Magnus Zimmermann vom SV Halle gleich im ersten Versuch klargemacht: 63,29 Meter bedeuteten für ihn persönliche Bestleistung. Auf dem hart umkämpften dritten Platz landete der deutsche Jahresbeste Mika Sosna (TSG Bergedorf; 59,76 m) knapp vor dem Frankfurter Marius Karges (58,95 m).
Merlin Hummel erneut in eigener Liga
Mit breiter Brust nach Tallinn fahren darf Hammerwerfer Merlin Hummel: Der deutsche U20-Rekordler blieb mit 81,17 Metern nur vier Zentimeter hinter seiner eigenen Weltjahresbestleistung zurück und ließ alle weiteren Werfer mehr als zehn Meter hinter sich. Neben seinem Meetingrekord, den er in Runde fünf erzielte, untermauerte der beste Hammerwerfer der Welt in seiner Altersklasse seine Dominanz mit Würfen auf 78,68 und 80,99 Meter.
„Das gibt mir eine Menge Selbstvertrauen“, sagte der überlegene Sieger. „Ich weiß, was ich abrufen kann. Dieses Jahr habe ich viele Technikumstellungen hinter mir und bin jetzt auch mit dem Abitur fertig geworden. Dadurch ist ein großer Stressblock weggefallen.“ Zum ersten Mal U20-EM-Norm (70,00 m) warf der Hannoveraner Torben Schaper (71,04 m), der damit auch die geforderte Weite für die U20-WM in Nairobi (Kenia; 17. bis 22. August) um vier Zentimeter überbot. Sören Klose (VfR Evesen; 70,09 m) belegte Rang drei.
Den zweiten Meisterschaftsrekord des Tages erzielte, ebenfalls im Hammerwurf, eine Französin: Rose Loga war mit 69,26 Metern eine Klasse für sich. Hinter ihr übertrafen die drei deutschen Starterinnen Esther Imariagbee (Berliner TSC; 61,56 m), Aileen Kuhn (LAZ Ludwigsburg), die mit 61,17 Metern Rang vier belegte, und Jada Julien (LAC Erdgas Chemnitz) allesamt bereits zum wiederholten Mal die U20-EM-Norm (58,50 m). Im Speerwurf setzte sich Lilly Urban (Eintracht Frankfurt) durch. Mit ihrer neuen persönlichen Bestleistung von 53,26 Metern kann sie ebenso wie die Zweitplatzierte Josefa Schepp (TSV Bayer 04 Leverkusen; 50,24 m) für Tallinn planen. Im Kugelstoßen hatten die Normerfüllerinnen Jacqueline Gippner (SC Potsdam; 15,47 m) und Nina Ndubuisi (SG Schorndorf 1846), die mit 15,17 Metern eine neue Bestweite erreichte, die Nase vorn.
Chiara Sistermann springt in Europas Spitze
Eine tolle Flugshow zeigten die Stabhochspringerinnen! Laura Giese (TSV Bayer 04 Leverkusen) und Chiara Sistermann (TSV Gräfelfing) setzten sich dabei deutlich von der Konkurrenz ab, das bessere Ende hatte am Ende Chiara Sistermann für sich. Sie überquerte gleich im ersten Versuch 4,25 Meter, reihte sich auf dem zweiten Platz in der europäischen Jahresbestenliste ein und zeigte auch über 4,33 Meter – eine Höhe, die in diesem Jahr europaweit noch keine U20-Athletin gemeistert hat – vielversprechende Sprünge. Auch für Laura Giese gab es eine persönliche Bestleistung (4,20 m).
„Ich weiß es selber nicht, wo ich die 4,25 Meter hergeholt habe“, zeigte sich die Siegerin überrascht. „Es hat sich ein bisschen angedeutet und natürlich habe ich gehofft, dass ich gewinne. War mir aber nicht ganz sicher, weil ich auch die ganze letzte Woche angeschlagen war.“ In Tallinn möchte sie auf jeden Fall ins Finale und vielleicht auch in Richtung der Medaillen schielen.
Jubeln durfte auch Sarah Franziska Vogel (LG Seligenstadt): Deutschlands Jugend-Leichtathletin des Jahres 2019 hakte mit 4,05 Metern die U20-EM-Norm exakt ab. Die Potsdamerin Moana-Lou Kleiner, ebenfalls bereits mit der für Tallinn geforderten Höhe ausgestattet, verabschiedete sich nach drei ungültigen Versuchen über ihre Einstiegshöhe (3,90 m) vorzeitig aus dem Wettkampf.
Anna Gräfin Keyserlingk schafft auch die U20-WM-Norm
Eine Punktlandung auf die Richtweite für Tallinn (13,10 m) hatte Dreispringerin Anna Gräfin Keyserlingk (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen) Mitte Juni in Essen hingelegt. Auf dieser Leistung konnte die 18-Jährige in Mannheim weiter aufbauen. Gleich viermal bestätigte sie die Norm: 13,11 Meter im zweiten, 13,10 Meter im dritten Versuch – bevor im vierten Versuch mit 13,18 Meter auch die Norm für die U20-WM in Nairobi fiel. Dafür waren 13,15 Meter gefordert.
Den besten Sprung hob sich Anna Gräfin Keyserlingk bis zum fünften Durchgang auf und steigerte ihre Bestleistung mit 13,20 Metern ein weiteres Mal. Diese Weite brachte ihr Rang zwei hinter der Norwegerin Hedda Kronstrand Kvalvåg (13,33 m) ein. „Ich bin echt froh, dass ich auch die U20-WM-Norm abgehakt habe. Ich wusste, dass es momentan bei mir gut läuft“, resümierte sie. Bei den Männern war der letzte Sprung des Wettkampfes der mit Abstand beste: Pascal Boden (Dresdner SC) flog auf 15,25 Meter.
Tausendstel-Krimi im 100-Meter-Finale
Ratlosigkeit herrschte im Michael-Hoffmann-Stadion nach dem 100-Meter-Finale. Dass der Berliner James Adebola in 10,45 Sekunden als Erster über die Ziellinie gerannt war, war noch mit bloßem Auge zu erkennen. Doch dahinter kamen drei Athleten zeitgleich ins Ziel: Lokalmatador Felix Kunstein und Tobias Morawietz (VfL Wolfsburg), der erstmals die U20-EM-Norm erfüllte, teilten sich in jeweils 10,56 Sekunden Rang zwei – lediglich eine Tausendstel vor dem viertplatzierten Wattenscheider Lennart Hartenberg, den dieser hauchdünne Rückstand den Einzelstart in Tallinn gekostet haben dürfte.
Weniger knapp fiel das Finish im Finale der Frauen aus – die deutsche Jahresbeste Antonia Dellert (Sprintteam Wetzlar) musste sich in 11,65 Sekunden knapp der Schweizerin Melissa Gutschmid geschlagen geben. Auch die drittplatzierte Neubrandenburgerin Cheyenne Kuhn (11,77 sec) sicherte sich ihren Startplatz für Tallinn. Holly Okuku (GSV Eintracht Baunatal) kam in 11,84 Sekunden auf Platz vier. Im Vorlauf hatte sie mit 11,70 Sekunden die Norm deutlich unterboten.
Spannung garantiert war im Hürdensprint: Die Norwegerin Andrea Rooth zeigte mit 13,11 Sekunden eine starke Leistung, nur die Schweizerin Ditaji Kambundji war mit 12,94 Sekunden in Europa bislang schneller. Im Sog der Norwegerin sprintete auch Hawa Jalloh (Wiesbadener LV) zu einer neuen Bestleistung (13,55 sec). Zeitgleich kamen die Deutsche U23-Meisterin Franziska Schuster und ihre Leverkusener Vereinskameradin Marlene Meier (beide 13,67 sec) ins Ziel. Über 110 Meter Hürden musste sich der einzige DLV-Normerfüller Gregory Minoue (TV Angermund) in 13,68 Sekunden nur dem Niederländer Timme Koster (13,53 sec) geschlagen geben.
Mittelstreckler lösen U20-EM-Tickets
Jagd auf die Startplätze für Tallinn machten auch die Langsprinterinnen und Langsprinter: Die schnellsten 400-Meter-Sprinterinnen Lara Steinbrecher (SC Magdeburg; 53,54 sec) und Maja Schorr (SV GO! Saar 05; 53,95 sec) unterboten in Mannheim wie bereits zuvor in dieser Saison die U20-EM-Norm (54,40 sec). Anna Malia Hense (LG Olympia Dortmund; 54,56 sec) lief über die Stadionrunde zwar schneller als je zuvor – aber für die Normerfüllung reichte dies nicht.
Auch Max Tank (LC Rehlingen) hatte Pech: Nur drei Hundertstelsekunden hatten ihm im Vorfeld zur verlangten Zeit (47,30 sec) gefehlt. Als Zweitplatzierter hinter Håvard Bentdal Ingvaldsen aus Norwegen, der in 46,93 Sekunden als Einziger die 47-Sekunden-Marke knackte, kam er nach 47,58 Sekunden ins Ziel und konnte somit die geforderte Zeit nicht unterbieten.
Auf Siegeskurs liegend, musste Favorit Christoph Schrick (ASC Darmstadt) nach einem Sturz das 1.500-Meter-Rennen vorzeitig beenden. Der zweite Normerfüller Moritz Ebbeskotte (LG Farbtex Nordschwarzwald) entschied das taktisch geprägte Rennen schließlich in 3:54,98 Minuten für sich. Da kein weiterer DLV-Athlet außer diesen beiden die 3:48,50 Minuten erreicht hat, darf neben dem Sieger auch Christoph Schrick weiter auf eine Nominierung hoffen. Vier Athletinnen mit erfüllter Norm waren im Rennen der Frauen am Start; die drei besten Deutschen waren Lisa Hausdorf (AG Hamburg West; 4:20,04 min), Fabiane Meyer (TV Westfalia Epe; 4:21,41 min) und die erst 16-jährige Jolanda Kallabis (FT 1844 Freiburg; 4:22,77 min). Es siegte die Dänin Sofia Thøgersen (4:19,55 min).