| US-Meeting im Fokus

Stanford versammelt die Weltelite

Es gibt nicht viele Meetings, die so begehrt sind, dass selbst Profi-Athleten ohne Widerwillen Startgeld für eine Teilnahme bezahlen. Das Payton Jordan Cardinal Meeting in Stanford bei San Francisco ist so eines. Der deutsche Langstreckler Arne Gabius nutzte die idealen Bedingungen zuletzt zu einer Bestzeit über 10.000 Meter.
Gustav Schwenk

Es ist paradox, was Anfang Mai auf dem Cobb Track und Angel Field der Stanford Universität in Kalifornien geschah: Beim Payton Jordan Cardinal Meeting, das an den US-Meister über 100 Meter des Jahres 1941 und späteren Erfolgstrainer dieser weltberühmten Hochschule erinnert, gaben gerade einmal drei 100-Meter-Läufer ihre Meldung ab. Und nur zwei traten an. Bei 2,0 Meter/Sekunden Rückenwind siegte der Mexikaner Juan Carlos Alania in 10,84 Sekunden vor dem Stanford-Studenten Miguel Shaw in 11,53 Sekunden.

Auf den Strecken ab 800 Meter, vor allem aber auf den Langstrecken gab es dagegen einen riesigen Andrang von Läufern aus mehr als 30 Nationen und allen Erdteilen. Darunter auch der siebenmalige deutsche 5.000-Meter-Meister Arne Gabius (LAV Stadtwerke Tübingen), der wie alle anderen Läufer und Läuferinnen mit der 10.000-Meter-Olympiazweiten Sally Jepkemoi Kipyego (Kenia) an der Spitze 25 US-Dollar Startgeld zahlte. Immerhin: 218 Athleten stellten bei diesem beeindruckenden Fest der Läufer Bestmarken auf.

Payton Jordan (10. März 1917 bis 5. Februar 2009), der vor fünf Jahren nach einem Krebsleiden in Kalifornien starb, hätte sicherlich seine Freude daran gehabt. Im Dress der University von Südkalifornien hatte er einst im Sprint und Football gleichermaßen geglänzt.

Olympia-Teilnahme verhindert


Der Zweite Weltkrieg brachte ihn um die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1940 und 1944. Von 1957 bis 1979 war er 23 Jahre lang erfolgreicher Cheftrainer der Stanford Leichtathleten. An seiner Universität glänzte er auch als Organisator der Olympia-Trials 1960 und auf dem Höhepukt des „Kalten Krieges“ 1962 des großen Länderkampfes USA gegen Sowjetunion, der 135.000 Zuschauer in seinen Bann zog. 1968 war Payton Chefcoach des mit zwölf Goldmedaillen und insgesamt 24 Medaillen überragenden US-Männer-Teams bei den Olympischen Spielen in Mexiko City. So viel Gold gewannen die US-Boys seitdem nie mehr!

Der Mann, der persönlicher Coach von sechs Weltrekordlern war, blieb fit bis ins hohe Alter. Das beweisen auch seine Masters-Weltrekorde, wie man in den USA die Senioren-Bestleistungen nennt. Ein paar Beispiele: 100 Meter in 12,91 (M70), 13,72 (M75) und 14,63 Sekunden (M80) sowie 200 Meter in 26,8 (M70), 28,14 (M75) und 30,89 Sekunden (M80). Seit 1996 ehrt die Stanford Universität, deren Weltruf auf anderen Gebieten vor allem in der sehr hohen Zahl von 30 Nobelpreisträgern begründet ist, diese Persönlichkeit der Leichtathletik mit dem nach ihm benannten Meeting.

Einen seiner größten Tage erlebte das Sportfest 15 Monate nach dem Tod seines Namensgebers am 1. Mai 2010, als Chris Solinsky mit dem damaligen US-Rekord (26:59,60 Minuten) als erster nicht aus Afrika stammender Langstreckler 10.000 Meter unter 27 Minuten lief.

Starke Zeiten für DLV-Athleten

Auch deutsche Läufer nutzten in den vergangenen Jahren die meist guten Bedingungen auf einem idyllischen Leichtathletik-Platz etwa 60 Kilometer südöstlich von San Francisco in der Nähe von Palo Alto. Zwei gute Beispiele bot das Jahr 2008. Damals belegte Sabrina Mockenhaupt auf dem Weg zu ihrer bei den Olympischen Spielen in Peking gelaufenen 10.000-Meter-Bestzeit (31:14,21 Minuten) in 31:27,05 Minuten den vierten Platz.

Ebenfalls am 4. Mai 2008 lief Jan Fitschen, der 2006 in Göteborg in 28:10,94 Minuten überraschend 10.000-Meter-Europameister geworden war, in seiner Bestzeit (28:02,55 Minuten) in einem Feld von Klasseläufern auf den zehnten Platz.

Duplizität der Leistungen deutscher Langstreckler: Auch in diesem Jahr kam Arne Gabius als Zehnter aber mit schnellerer Bestleistung (27:55,21 Minuten) ins Ziel. Schneller war zuletzt Dieter Baumann, der 5.000-Meter-Olympiasieger von Barcelona 1992, als er am 7. August 2002 bei der EM in München in 27:47,87 Minuten nur dem Spanier José Manuel Martinez um 0,22 Sekunden unterlag.

Optimale Bedingungen


In dem Rennen vor zehn Tagen herrschten im A-Lauf fast ideale Bedingungen. Bei 15 Grad und Windstille wurde der Lauf um 22 Uhr gestartet. Schnellster der 26 Finisher war der Mexikaner Juan Luis Barrios, Olympia-Siebter 2008 und Olympia-Achter 2012 über 5.000 Meter. Nach schwächerer erster Hälfte (nur 13:59 Minuten) siegte er in 27:34,40 Minuten im Spurt einer fünfköpfigen Spitzengruppe. Mit Bashir Abdi (27:36,40 Minuten) auf Platz drei, einem Belgier mit afrikanischen Wurzeln, und dem Italiener Daniele Meucci (27:36,53) auf Platz vier kamen wesentlich erfahrenere 10.000-Meter-Läufer vor dem Wahl-Tübinger Gabius ins Ziel. Möglich ist auch, dass der seit Jahren für RFC Lüttich startende Dama Tasama (Neunter in 27:55,21) bald nicht mehr für Äthiopien, sondern nach mehreren Siegen bei belgischen Langstrecken-Titelkämpfen, für Belgien antreten wird.

Auch der B-Lauf war noch stark besetzt, davon profitierte der USA-erfahrene Simon Stützel. In dem vom Belgier Koen Naert in 28:34,49 Minuten gewonnenen Lauf mit 22 Finishern lief der Wahl-Düsseldorfer bei seinem Debüt als Sechster immerhin 28:56,24 Minuten.

Angesichts der vielen schnellen 10.000-Meter-Zeiten und in Anbetracht von wenigen vergleichbar starken Rennen über diese Distanz in Europa, sollte der DLV überlegen, ob er ausgerechnet am gleichen Mai-Wochenende – wie 2014 geschehen – die deutsche Meisterschaft austrägt. Nicht zuletzt die in Aichach als Meister ermittelten Richard Ringer (28:28,96 min) und Corinna Harrer (32:27,25 min), deren Zeiten in Stanford zu den Rängen 18 und 15 gereicht hätten, wären mit starken Gegnern in Feldern von zwei Dutzend Teilnehmern wahrscheinlich flotter unterwegs gewesen. Und mehr internationale Erfahrungen hätten sie dazu sammeln können. Arne Gabius jedenfalls tat gut daran, mit Erfolg „aus der Reihe zu tanzen“.

Großer Andrang


Schon die Zahl der gemeldeten Teilnehmer lassen erahnen, welche Anziehungskraft dieses weltweit so gut wie einmalige kalifornische Frühlingsfest auf den Strecken von 1.500 bis 10.000 Meter hat: 1.500 Meter (86 Männer/93 Frauen), 5.000 Meter (87/86), 10.000 Meter (67/93) und 3.000 Meter Hindernis (47/67).

In den Ergebnislisten entdeckt man unter anderen die 10.000-Meter-Olympiazweite Sally Kipyego (Kenia) als 10.000 Meter-Siegerin nach langem Sololauf in 30:42,25 Minuten, die junge Neu-Niederländerin Hassan Sifan als 5.000 Meter-Siegerin in 14:59,23 Minuten vor der ebenfalls aus Ostafrika stammenden Neu-Schwedin Meraf Bahta (14:59,49 Minuten – Landesrekord). Aber auch einen so populären Läufer wie Lopez Lomong (Fahnenträger des US-Teams in Peking 2008), der Dritter über 5.000 Meter (13:07,95 Minuten) wurde. Der 1500-Meter-WM-Zweite Matt Centrowitz kam gerade mal als Neunter (13:20,06 Minuten) ins Ziel.

Sie alle wussten, warum das Startgeld für diesen Saisonauftakt in Stanford gut angelegt war. Sprint-Altmeister Payton Jordan sei Dank.

<link service publikationen leichtathletik-ihre-fachzeitschrift>Quelle: leichtathletik - Ihr Fachmagazin

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