| Uliczka und Grau

Partner und Konkurrenten über die Hindernisse

Mit seinem sechsten DM-Titel und Rang sieben bei der EM in Zürich konnte Hindernisläufer Steffen Uliczka seine Position als nationale Nummer eins noch einmal verteidigen. Mit dem Höchstädter Martin Grau erwuchs ihm 2014 jedoch neue Konkurrenz. An dessen Erfolg ist Uliczka nicht ganz unbeteiligt.
Philip Häfner

Nüchtern betrachtet war es eine Saison wie jede andere. Steffen Uliczka wurde wieder einmal Deutscher Meister über 3.000 Meter Hindernis, zum sechsten Mal in den vergangenen neun Jahren, und er qualifizierte sich im sechsten Sommer hintereinander für den internationalen Saisonhöhepunkt, die EM in Zürich (Schweiz).

Und doch war 2014 ein besonderes Jahr für den Mann von der SG TSV Kronshagen/Kieler TB: Mit dem jungen Martin Grau (LSC Höchstadt/Aisch) erwuchs ihm nämlich auch national ein ernstzunehmender Konkurrent, sodass Uliczka erstmals wieder um seine Position als Deutschlands Nummer eins bangen musste. „Für mich war das eine ganz neue Erfahrung, nachdem ich in den vergangenen Jahren ja unangefochten vornweg gelaufen bin“, erzählt er.

Mit einem famosen Rennen beim Anhalt-Meeting in Dessau und einer Steigerung auf 8:24,29 Minuten hatte Martin Grau dem Deutschen Meister Mitte Juni das Ticket für die Team-EM weggeschnappt. „Ich hatte eigentlich fest damit gerechnet, in Braunschweig dabei zu sein“, sagt Uliczka. Der Schock saß tief. Während Martin Grau bei den Team-Europameisterschaften erneut glänzte und als Zweiter elf wertvolle Punkte für das deutsche Team einsammelte, kam der Norddeutsche auch danach nicht richtig in Tritt.

Erst krank, dann schnell

Nach indiskutablen 8:41,74 Minuten im spanischen Bilbao, rund 19 Sekunden langsamer als seine Bestzeit, dachte Steffen Uliczka sogar für einen Moment daran, die Saison abzubrechen. „Aber es gehört auch zum Sport, solche Rückschläge zu verarbeiten und zu analysieren und daraus neue Kraft zu schöpfen“, sagt er. Für die Leistung in Bilbao gab es schließlich eine Erklärung, eine Viruserkrankung hatte ihn geschwächt. Mitte Juli, zwei Tage vor seinem 30. Geburtstag, knackte der Kieler endlich die EM-Norm, als er in Luzern 8:26,79 Minuten lief.

Trotzdem reiste er nicht als Favorit zur DM nach Ulm. „Ich war so aufgeregt wie nie zuvor, weil nicht klar war, dass ich wieder Meister werden würde“, erzählt Steffen Uliczka. Doch der Altmeister konnte den acht Jahre jüngeren Konkurrenten noch einmal in die Schranken weisen: 250 Meter vor dem Ziel setzte Uliczka zur finalen Attacke an, der Martin Grau nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Trotzdem zog der Kieler voll durch, „weil ich mir einfach nicht sicher war, wie weit er weg ist.“

Seine Siegerzeit von 8:35,82 Minuten war die drittschnellste in den vergangenen zehn Jahren, trotz eines verbummelten Auftaktkilometers. „Das ist eine große Genugtuung für mich. Der Titel hat eine ganz andere Bedeutung, wenn man hart ans Limit gehen musste“, so Uliczka. Für Martin Grau blieb mit 8:42,13 Minuten die Silbermedaille.

Gemeinsam für Furore sorgen

In Zukunft wollen Steffen Uliczka und Martin Grau, der bei der EM auf Rang 13 landete, international weiter für Furore sorgen. „Es ist einfach unglaublich, wie stark er sich verbessert hat“, lobt Uliczka den Konkurrenten und Partner.  Der 30-Jährige hat selbst großen Anteil am Aufschwung des Höchstädters, den er als seinen Ziehsohn betrachtet: „Ich bin unmittelbar am Erfolg beteiligt. Wir trainieren zusammen, wir pushen uns gegenseitig. Es macht Spaß, seine Erfahrungen weiterzugeben.“

Auch Martin Grau schätzt die Zusammenarbeit: „Steffen ist ein Profi durch und durch, da kann ich noch viel lernen“, sagt er. Immer wieder fuhren die beiden 2014 zusammen ins Trainingslager – erst nach Flagstaff (USA), dann nach Südafrika und schließlich nach St. Moritz. „Man könnte sagen, ich war im vergangenen halben Jahr genauso viel mit Martin in einem Bett wie mit meiner Frau“, scherzt Uliczka. Im Herbst werden sie auch in Deutschland häufiger gemeinsam trainieren, wenn Martin Grau seinen Bundeswehr-Lehrgang in Hannover absolviert. „Von Höchstadt nach Kiel ist es doch relativ weit, aber von Hannover aus ist er am Wochenende schneller bei mir“, so Uliczka.

Der Hindernisläufer hofft, durch die Konkurrenz auch selbst noch einmal einen Leistungssprung zu machen. „Konkurrenz belebt das Geschäft“, sagt Uliczka. Er hat auch schon etwas ausgemacht, was er sich von Martin Grau noch abschauen könnte: „Ich könnte von ihm die nötige Portion Gelassenheit lernen. Die Kunst, sich auf sich zu konzentrieren und nicht so viel nach links und rechts zu blicken.“

<link>Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift

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