Er schreibt seine Trainingspläne selbst und trainiert nur sechs Stunden pro Woche. Troztdem ist es Michael Pohl gelungen, mit 6,63 Sekunden exakt die Hallen-WM-Norm über 60 Meter zu erfüllen. In Birmingham könnte der 28-Jährige bei seinem Debüt im DLV-Dress auf den neuen Sprint-Star Christian Coleman (USA) treffen.
Er nennt sich selbst „schnellster Hobbyläufer“ Deutschlands. Dieses Hobby führt Michael Pohl (Sprintteam Wetzlar) nun zu den Hallen-Weltmeisterschaften in Birmingham (Großbritannien; 1. bis 4. März). Für den Hessen wird es im fortgeschrittenen Sprinteralter von 28 Jahren die Premiere im DLV-Dress. „Davon träumt man als Kind“, jubelte Michael Pohl nach der geglückten Birmingham-Qualifikation.
Exakt die geforderte Hallen-WM-Norm von 6,63 Sekunden hatte er bei der Hallen-DM in Dortmund auf die Bahn gebracht und nur zwei Hundertstel hinter dem Deutschen Rekordler Julian Reus (LAC Erfurt Top Team) Silber gewonnen. Schon im Vorlauf (6,68 sec) und im Halbfinale (6,66 sec) hatte Pohl seinen Haus- und Hessen-Rekord von 6,69 Sekunden verbessert. Drei starke Rennen binnen weniger Stunden.
Nur vage Erinnerungen ans Hallen-DM-Finale
An das Rennen nach Birmingham hatte Michael Pohl direkt nach dem DM-Finale nur sehr vage Erinnerungen: „Ich weiß nur noch, dass Julian vorn war, aber in greifbarer Nähe. Das hat mich stutzig gemacht. Dann habe ich mich reingeschmissen und wusste gar nicht, welchen Platz ich belegt habe.“ Es sollte Silber sein wie schon bei der DM 2017 in Erfurt über 100 Meter. Dort hatte er sich auf 10,26 Sekunden verbessert und sich vor vermeintlich stärkerer Konkurrenz durchgesetzt.
Der Sprung in die deutsche Spitze ist umso erstaunlicher, da Michael Pohl diesen mit extrem wenig Training geschafft hat. „Viermal die Woche 90 Minuten. Immer montags, dienstags, donnerstags und samstags“, sagte der angehende Hallen-WM-Starter. Zum Vergleich: Andere Top-Sprinter kommen auf die dreifache, vielleicht sogar vierfache Trainingszeit pro Woche.
Student, Angesteller, Autodidakt
Für Michael Pohl ist das nicht drin. Der 28-Jährige studiert BWL in Frankfurt und arbeitet parallel 20 Stunden pro Woche bei einer Unternehmensberatung. Seine Trainingspläne schreibt Michael Pohl übrigens selbst. „Wenn die stehen, tausche ich mich mit meinem Vater Robert und dem Landestrainer Sprint David Corell aus“, erklärt der Hesse seine Trainingsgestaltung. Der Erfolg gibt ihm recht.
Der DM-Zweite ist nicht nur eine Autodidakt, sondern auch ein Spätstarter. Seine ersten Ergebnisse tauchen in der hessischen Bestenliste 2011 auf. Damals mit 22 Jahren wurden 10,71 Sekunden für ihn über 100 Meter gestoppt. In diesem Alter ist schon manche Sprinterkarriere beendet, Michaels Pohl fing gerade erst an. Abgesehen von 2015 folgte immer eine Steigerung bis zu den 10,26 Sekunden aus dem DM-Finale 2017.
Genießen und Erfahrung sammeln
Nun steht das Debüt auf internationaler Bühne an. Der Sprinter weiß genau, dass er bei der Hallen-WM keine große Rolle spielen wird. Genießen und Erfahrung sammeln stehen für den 28-Jährigen im Vordergrund. „Ich werde in jedem Fall mein Bestes geben“, blickte Michael Pohl nach Hallen-DM-Silber auf die schwierige Aufgabe in Birmingham.
Dass er mit dem Druck bei Meisterschaften umgehen kann, hat er in Dortmund jedenfalls eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Und vielleicht kann Deutschlands „schnellster Hobbyläufer“ bei der Hallen-WM ja sogar den einen oder anderen arrivierten Sprinter ärgern?
Hallen-WM 2018 kompakt:
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