| WM Senioren

Lyon ist für die Senioren-WM gerüstet

Einen bedeutsamen Erfolg hat der Ausrichter der vom 4. bis 16. August 2015 in Lyon (Frankreich) stattfindenden 21. Senioren-Weltmeisterschaften schon zu verzeichnen, noch ehe der erste Startschuss gefallen ist: die Teilnehmer-Felder sind rekordverdächtig.
Karl-Heinz Flucke/Jörg Reckemeier

Mit 8.042 Athletinnen und Athleten aus 98 Nationen hat sich die optimistische Prognose der Franzosen nicht nur erfüllt, sondern Lyon nimmt jetzt hinsichtlich der Gesamtmeldezahlen Platz drei in einer Rangliste aller bisher ausgetragenen Weltmeisterschaften ein. Nur Miyazaki (Japan), 1993 mit 11.475 und Riccione (Italien) 2007 mit 8.946 Teilnehmerinnen und Teilnehmern stießen auf noch größeres Interesse.

Mit 716 Athletinnen und Athleten aus Deutschland hat es schließlich auch das erwartet hohe MeldeErgebnis des DLV gegeben. Eine beachtlich große Zahl an „Neulingen“ wird bei den Titelkämpfen zum ersten Mal internationale Wettkampfluft schnuppern, daneben finden sich aber auch viele regelmäßige Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie die große Gruppe derer, die nur gelegentlich an Europa- oder Weltmeisterschaften teilnehmen.

Erstaunlich groß ist bei den Titelkämpfen in Lyon die Anzahl deutscher Athletinnen und Athleten, die in „jüngeren“ Jahren nationale Spitze darstellten oder sogar an Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften teilgenommen haben. Mancher ist der Leichtathletik über Jahrzehnte treu geblieben, aber mancher hat erst nach langer Pause wieder in den Wettkampfsport zurückgefunden.

Olympiasieger wieder dabei

Wie zum Beispiel Christoph Höhne (TV Fürstenwalde 1990): Der Olympiasieger von 1968 in Mexico City im 50 Kilometer Gehen tauchte erst vor einigen Jahren wieder auf den Gehstrecken auf, ist mittlerweile auch mehrfach im Seniorenbereich international gestartet und wird in Lyon in der Klasse M70 über 10 Kilometer und über 20 Kilometer am Start stehen.

Sein Geherkollege Alfons Schwarz (TV Bühlertal), Mitglied der fiktiven Olympiamannschaft von 1980 in Moskau (Russland), hat nie eine längere Pause eingelegt, ist „Stammgast“ bei internationalen Seniorenwettkämpfen und wird in Lyon neben beiden Straßenwettbewerben der Klasse M60 auch das Bahngehen über 5.000 Meter bestreiten.

Lutz Caspers ohne Hammer am Start

Nicht in seiner Spezialdisziplin, dem Hammerwurf, wird Lutz Caspers (TV Alzey), Olympiateilnehmer von 1968 in Mexico City, in Lyon am Start sein. Er hat in der Klasse M70 lediglich für den Kugelstoß, den Diskuswurf und den Gewichtwurf seine Meldung abgegeben.

Ebenfalls  bei den Olympischen Spielen 1968 am Start war Thomas Zacharias (USC Mainz). Der Straddle-Springer hält seit 1997 mit 1,98 Meternimmer noch den Senioren-Weltrekord im Hochsprung der Klasse M50 und wird in Lyon in der Klasse M65 starten.

Sogar fünf Senioren-Weltrekorde im Dreisprung, zweimal Halle und dreimal Freiluft, und das Ganze  in drei verschiedenen Altersklassen, sind im Besitz von Wolfgang Knabe (OSC Damme). Der WM-Teilnehmer von 1983 in Helsinki (PB 17,12 Meter aus 1988) konzentriert sich in Frankreich ganz auf seinen Spezialwettbewerb in der Klasse M55.

Nächster internationaler Start von Kirsten Münchow

Auch bei den Frauen ist mit Kirsten Münchow (VfR Evesen) die Gewinnerin einer Olympiamedaille am Start. Die Dritte der Olympischen Spiele von 2000 in Sydney (Australien) im Hammerwurf übertraf noch vor zwei Jahren die 60-m-Marke und hat in diesem Jahr als Angehörige der Klasse W35 bisher eine Bestleistung von 56,32 Metern.

Kaum eine internationale Meisterschaft lässt Karin Illgen (LAZ Leipzig) aus. Die Zehnte der Olympischen Spiele von 1968 in Mexico City im Diskuswurf hat in der Klasse W70 ihre Meldung für den Kugelstoß und den Diskuswurf abgegeben.

Leistungsstarke „Neulinge“

Ins Auge fallen bei der Durchsicht der Meldelisten für die Senioren-WM in Lyon eine ganze Reihe weiterer bekannter Namen, die in den vergangenen Jahrzehnten deutsche Spitzenklasse verkörperten. Aus der Vielzahl herausgegriffen sollen hier nur drei Athletinnen, die aus völlig unterschiedlichen Leichtathletik-Generationen stammen, aber doch eines gemeinsam haben: Die erstmalige Teilnahme an einer internationalen Senioren-Meisterschaft.

Maren Schott (TSV Bayer 04 Leverkusen), die 400-Meter-Hürdenläuferin (PB 55,28 Sekunden aus 2003), mittlerweile auch mit der Erfahrung diverser Ultra-Mehrkämpfe ausgestattet, wird in Lyon sowohl im Siebenkampf als auch über 100 Meter Hürden und im Dreisprung in der Klasse W35 den Wettkampf aufnehmen.

Aus dem Jahr 1986 datieren die Bestleistungen von Eva Trost (LG Festina Rupertiwinkel). Die Mittelstrecklerin lief die 800 Meter damals als 18-Jährige in 2:04,80 Minuten und 4:21,04 Minuten über 1.500 Meter und wurde im gleichen Jahr Achte der Junioren-Weltmeisterschaften über 800 Meter. Als Angehörige der Klasse W45 lief sie in diesem Jahr bereits bemerkenswerte 2:15,96 Minuten über 800 Meter und 4:46,52 Minuten über 1.500 Meter. Und genau in diesen Wettbewerben wird sie in Frankreich an der Startlinie stehen.

Bis ins Jahr 1966 muss man zurückblättern, um auf den größten Erfolg der Sprinterin Kirsten Roggenkamp (SC Siemensstadt Berlin) zu stoßen: Bei den Europameisterschaften 1966 in Budapest wurde die Berlinerin Vierte über 200 Meter. Für die Titelkämpfe in Lyon hat sie aber weder für die 100 Meter noch für die 200 Meter ihre Meldung abgegeben, sie wird hier in der Klasse W65 die Kugel stoßen und den Diskus werfen.

Die Jüngsten und die Ältesten

Jüngste Teilnehmerin des deutschen Teams in Lyon wird die W35- Stabhochspringerin Sabrina Ritte (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen) sein, die dem Jahrgang 1980 angehört. Der jüngste Athlet, ebenfalls Jahrgang 1980, ist Dominik Lewin (WSG Schwarzenberg-Wildenau), der für den Kugelstoß, den Diskuswurf und den Speerwurf in der Klasse M35 gemeldet hat.

Dauer(b)rennerin Melitta Czerwenka-Nagel (LAG Saarbrücken), mehrfache Weltrekordlerin in der Klasse W80, ist inzwischen eine Altersklasse höher gerückt und hat sich in der Klasse W85 die 400 Meter, die 800 Meter, die 1500 Meter und die 5000 Meter vorgenommen.

Der Berliner Gerhard Herbst (Weißenseer SV), Jahrgang 1924, ist der älteste Teilnehmer der deutschen Mannschaft, der sich mit der Meldung für sechs Disziplinen, u.a. 5.000 Meter Bahngehen und 10 Kilometer Straßengehen, in der Klasse M 85 wieder ein strammes Programm aufgebürdet hat.

Ausschließlich technische Wettbewerbe bestreitet der nur einen Tag jüngere Gerhard Windolf (LG HNF Hamburg), der in drei Sprungdisziplinen und dem Kugelstoß der Klasse M85 am Start sein wird.

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